Die ursprünglich bereits im März anberaumte Veranstaltung musste aufgrund des politisch auferlegten Lockdowns abgesagt werden. Im Oktober nun konnte das Expertentreffen stattfinden, bevor die Pandemie einen erneuten Höhepunkt erreichte. Die Zahl von 130 Teilnehmern zeigte, wie wichtig den Experten neueste Informationen waren.
Die beachtliche Teilnehmerzahl war indes nur möglich, weil sowohl behördliche Schutzbestimmungen berücksichtigt und ein neues Hybridkonzept umgesetzt wurden. Dabei wurden die Personen pro Tagungsraum limitiert und die gesamte Veranstaltung in einen weiteren Saal übertragen sowie weltweit auch über das Internet gestreamt. Damit konnten zusätzlich registrierte Gäste von zu Hause aus die Fachtagung live verfolgen. Über eine Chatfunktion war es zudem für die Online-Teilnehmer möglich, sich an den anschließenden Diskussionen zu beteiligen, wovon rege Gebrauch gemacht wurde.
VDI-Richtlinie 5900 weiter in Vorbereitung
Zu Beginn der Tagung begrüßte MAS-Präsident Prof. Dr.-Ing. Hans Bäumler die Gäste und informierte über die Hintergründe und Abläufe dieser besonderen Tagung. Dabei ging er explizit auf die erfolgreichen Aktivitäten des MAS in Bezug auf die Erarbeitung der VDI-Richtlinie 5900 zum Berufsbild der Kfz-Sachverständigen ein. (Detaillierte Informationen hierzu erfahren Sie jeweils zeitnah in den Print- und Onlinemedien von AUTOHAUS.)
Prof. Dr.-Ing. Clemens Rother von der Hochschule München referierte eingangs über das Thema Leichtbau und zeigte, dass Leichtbau in der Fahrzeugentwicklung nach wie vor – insbesondere auch bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen – eine wichtige Rolle spielt. Zum Thema Recht informierte Rechtsanwalt Stephan Miller vom ADAC über die Änderungen in der StVO hinsichtlich des Fahrradverkehrs. Christoph Wühr, Richter am Landgericht Nürnberg-Fürth, sprach über rechtliche Aspekte des Privatgutachtens. Professor Ulrich Podzuweit, ehemals Hochschule München, referierte über die Wirksamkeit von Ladungssicherungen bei Lkw-Unfällen und zeigte, dass die Sicherungswirkung von der Sicherungstechnik und der jeweiligen Unfallart abhängig ist, da die Ladungssicherung eigentlich nur für die Betriebsbelastungen ausgelegt ist. Dipl.-Ing. Robert Tietje von der Volkswagen AG stellte Wasserstoff-Konzepte im Automobilbau vor und zeigte die damit verbundenen Vor- und Nachteile auf. Christian Schmidt vom Softwarehaus Combi Plus berichtete über Strategien und Trends in der Softwareentwicklung für Kfz-Sachverständige unter dem Motto "Vom Großrechner zur mobilen Schadenerfassung".
Auch Schadenthemen im Programm
Kurzfristig abgesagt werden mussten die Vorträge von Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Wolf über Wasserstofftechnik in Stadtbussen und von Dipl.-Ing. (FH) Herbert Hößler über den Bosch Event Data Recorder. Es ist aber geplant, diese beiden Themen auf der 81. Fachtagung nachzuholen. Als „Ersatzreferenten“ sprangen im Oktober Dipl.-Ing. (FH) Melanie Kreutner vom Allianz Zentrum für Technik und Dr. Klaus Dieter Brösdorf vom Ingenieurbüro Brösdorf & Göritz ein. Melanie Kreutner trug über die verschiedenen in Fahrzeugen aufgezeichneten digitalen Daten vor und berichtete über deren Anwendung für die Schadenbearbeitung. Sie zeigte durch einen Crashtest validierte EDR-Daten sowie Kameradaten aus verschiedenen Assistenzsystemen. Brösdorf seinerseits informierte über Untersuchungen zur Optimierung des Mehrkörpermodells für Schwarzwild im Simulationsprogramm PC-Crash auf Basis eines Crashtests.
Dr. rer. nat. Tim Hoger vom Ingenieurbüro Schimmelpfennig + Becke stellte Untersuchungen und Auswirkungen des Software-Updates von VW im Abgaskanal vor und berichtete insbesondere über die damit verbundene starke Versottung des AGR-Ventils. Dipl.-Ing. (FH) Ralf Piller vom Büro für Unfallanalytik zeigte die Grenzen der visuellen Wahrnehmbarkeit bei Tageslicht am Beispiel eines rekonstruierten Pkw-Fußgänger-Unfalls. Piller machte insbesondere deutlich, dass für die Bewertung der Sichtbarkeit von Objekten im Rahmen von Sichtversuchen unvorbereitete Probanden erforderlich sind. Die Gefahren für Rettungsdienste und Sachverständige bei verunfallten Hochvolt-Fahrzeugen präsentierte der Brandexperte Dipl.-Ing. Joachim Gottwald; er zeigte eindrucksvoll die Gefahren, die von verunfallten Hochvoltfahrzeugen ausgehen können. Zum Abschluss der Tagung referierte Prof. Dr.-Ing. Holger Enge über die besondere Bedeutung des historischen Volkswagen "VW Käfer" in der Automobilentwicklung und erwies sich hierbei als ausgewiesener und leidenschaftlicher Experte.
Im Rahmen der 80. Fachtagung fand neben der Präsidiumssitzung, der Sitzung des wissenschaftlichen Beirats und der Mitgliederversammlung (mit Bestätigung des Präsidiums) erstmalig eine Fachsitzung zum Thema Oldtimer statt, in der über die speziellen Kompetenzen eines Oldtimer-SV beraten wurde. Geplant ist, die 81. Fachtagung vom 5. bis 7. März 2021 erneut im Eden-Hotel Wolf in München austragen zu können. Die gleichzeitige Online-Übertragung als "Hybridveranstaltung" soll dabei auch künftig als zusätzliches Angebot beibehalten werden. Eugen Frhr. v. Kuntze