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Corona-Folgen: "SVS-Anpassung unumgänglich"

31.08.2020 03:10 Uhr
Corona-Folgen: "SVS-Anpassung unumgänglich"
Die Grafiken machen das Ausmaß der Auftragsrückgänge deutlich.
© Foto: BVdP e.V.

Corona hat die Werkstattprozesse und das Kundenverhalten drastisch verändert und zu höheren betrieblichen Kosten geführt. Sinkende Reparaturmoral und Umsatzeinbußen bei gleichzeitigem Anstieg fiktiver Abrechnungen drücken auf die Liquidität der Betriebe und zwingen auch zu Entlassungen. So lauten die Kernpunkte einer aktuellen BVdP-Studie.

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Die Corona-Krise stellt die Werkstattwelt laut einer aktuellen Umfrage des Bundesverbandes der Partnerwerkstätten (BVdP e.V.) unter ihren Mitgliedsbetrieben vor beträchtliche Herausforderungen. Die Notwendigkeit der Schutzmaßnahmen dauere weiterhin an, "Vieles ist seit März nicht mehr wie vorher, denn gewohnte Vorgehensweisen und etablierte Prozesse transformieren sich". Entwicklungen wie die Digitalisierung erhielten eine neue Dynamik und bereits vorhandene Sollbruchstellen würden inzwischen "noch deutlicher zu Tage" treten.

Hohe Mehrkosten durch Schutzmaßnahmen

Was das konkret für die tägliche Arbeit in den Mitgliedsbetrieben des BVdP bedeutet, fragte der Verband Ende Juli und Anfang August bei seinen Mitgliedern ab. Oberste Priorität hat in den Werkstätten demnach der Schutz von Kunden und Mitarbeitern: "Hygienekonzepte müssen umgesetzt werden und die gewohnten Arbeitsabläufe sind starken Veränderungen ausgesetzt. Darüber hinaus wächst der Bedarf an Überzeugungsarbeit und Kommunikation in Richtung der Werkstattkunden. Dabei entsteht ein signifikanter Mehraufwand, der bislang nur unzureichend in den kalkulatorischen Kosten der Partnerbetriebe berücksichtigt ist", heißt es wörtlich.

Beispielhaft lasse sich das alles bereits am erhöhten Aufwand für den Hol- und Bringservice festmachen, denn beinahe die Hälfte der teilnehmenden Partnerbetriebe nannte diesen Punkt und wies mehrheitlich darauf hin, dass hier nicht nur die notwendigen Hygienemaßnahmen, sondern auch die deutlich gestiegene Nachfrage nach dem Service zu Buche schlügen. Erschwerend komme hinzu, dass auch Kunden ohne einen Anspruch auf den Hol/Bringdienst nur zur Reparatur bereit seien, wenn der Betrieb das Fahrzeug möglichst kontaktlos holt und zurückbringt.

Sinkende Reparaturmoral

Eine weitere Auswirkung der Krise auf das Verhalten der Werkstattkunden ist laut der aktuellen Studie die "feststellbar gesunkene Reparaturmoral". So berichteten über 70 Prozent der Partnerbetriebe, die an der Umfrage teilgenommen haben, dass Reparaturaufträge aufgeschoben werden. Auf die offene Frage nach weiteren Änderungen im Kundenverhalten führte ein Großteil der Werkstätten den "eindeutig ausmachbaren Trend zur fiktiven Abrechnung" an. Zwei Faktoren also, die sich laut BVdP-Analyse unmittelbar negativ auf die Ertragssituation der Werkstattfachbetriebe auswirken.

Teilweise dramatischer Auftragsrückgang

Ein minimaler Anteil (1,73 Prozent) der in der Umfrage berücksichtigen Unternehmen konnte das Auftragsvolumen von April bis Ende Juni sogar steigern, immerhin 6,58 Prozent verzeichneten keinen Auftragsrückgang. Über 90 Prozent der Werkstätten aber sind mit einem deutlichen Rückgang der Aufträge konfrontiert, davon über 35 Prozent in einer Range von 30-50 Prozent weniger Aufträgen. Rund 5 Prozent der Unternehmen beziffern den Rückgang in einem Bereich von 50-70 Prozent.

Richte man den Fokus nun auf die Entwicklung der gesteuerten Schäden (rückblickend auf die letzten 4 Wochen vor dem Befragungszeitraum), dann zeichnet sich laut Verband kein wesentlich besseres Bild ab. Denn trotz aller Bemühungen der FLIs, Aufträge in die Werkstätten zu vermitteln, werden von den Unternehmen noch deutliche Steuerungsrückgänge verzeichnet. Für rund 6,5 Prozent der Partnerbetriebe bleiben die Zahl der Schäden auf dem Level der Vor-Corona-Zeit, die überwältigende Mehrheit der Unternehmen aber muss – zum Teil erhebliche – Auftragsrückgänge hinnehmen.

Liquidität zuweilen bedrohlich gesunken

Als Reaktion auf die beschriebenen Entwicklungen mussten laut der Umfrage viele Unternehmen zusätzliches Kapital beschaffen. Auf die Frage, ob zur Bewältigung der Krise nicht-geplante Kredite aufgenommen werden mussten, antworteten 28 Prozent der Befragten mit Ja. 10 Prozent der Unternehmen mussten über 150.000 Euro an zusätzlichen Mitteln am Kapitalmarkt beschaffen, um die Liquidität im Unternehmen sicherzustellen.

Mitarbeiter-Qualifikationsverlust

Ein großer Teil der Unternehmer nutzte oder nutzt bis heute das Instrument der Kurzarbeit, um die Arbeitszeit an das Auftragsvolumen anzupassen und personelle Einschnitte so weit als möglich zu vermeiden. Leider sei das aber nur bedingt möglich, denn rund 48 Prozent der Unternehmen, die auf die Frage nach Entlassungen antworteten, mussten sich in den letzten drei Monaten von Mitarbeitern/innen trennen. Bemerkenswert dabei: circa 54 Prozent der Entlassungen betrafen den qualifizierten, operativen Bereich. Damit haben die K&L-Fachbetriebe nicht nur mit finanziellen Einbußen, sondern auch mit einem in seinen Folgen schwer kalkulierbaren Verlust an qualifizierten Mitarbeitern/innen zu kämpfen.

Partnerbetriebe rechnen mit klaren Verlusten

Nachgefragt wurde unter den Betrieben außerdem, wie hoch sie die durch Corona bedingten, finanziellen Einbußen beziffern. Dabei gehen lediglich 6 Prozent der Fachwerkstätten davon aus, ohne finanzielle Verluste durch die Krise zu kommen. Von den verbleibenden 94 Prozent rechnen um die 60 Prozent mit Einbußen zwischen 10.000 und 50.000 Euro, weitere 34 Prozent erwarten sogar Verluste von 50.000 bis über 100.000 Euro.

Signifikante Rückgänge bei verkauften Stunden

Inzwischen zeige sich, dass "die notwendigen Corona-Schutzmaßnahmen zum Alltag, sprich zu einer neuen Normalität geworden sind. Es bleibt definitiv festzustellen, dass sich damit die Werkstattwelt nachhaltig verändert hat". Mit vielen der oben beschriebenen Effekte werden die Unternehmen laut Einschätzung des BVdP "noch lange konfrontiert" sein. Die Partnerwerkstätten befänden sich "in einer Zwickmühle, denn den zusätzlich entstandenen Prozesskosten stehen nun weniger verkaufte Stunden gegenüber". Es liege also auf der Hand, dass sich "die fatalen ökonomischen Auswirkungen dieser neuen Normalität – betriebswirtschaftlich sinnvoll – nur durch einen höheren SVS kompensieren lassen".

"SVS muss steigen"

Angesichts dieser Situation warnte der Bundesverband dringend davor, "im kooperativen Schadenmanagement Corona-Hilfen oder Zuschüsse zur Desinfektion mit einer längst fälligen Stundensatzanpassung zu verwechseln. Das ist der falsche Weg und geht zu Lasten der Unternehmen. Vielmehr brauchen wir im kooperativen Schadenmanagement ein Umdenken, damit Partner auf Augenhöhe den Kunden qualitativ hochwertige Reparatur bei einem ausgezeichneten Servicelevel bieten können".

Während Fachwerkstätten bereits vor der Corona-Krise "kaum noch von der eigenen handwerklichen Leistung leben" konnten, so müsse jetzt der Stundenverrechnungssatz, "eine der Sollbruchstellen im Schadenmanagement, unter den aktuellen Gegebenheiten neu definiert und errechnet werden". Die Zeit dafür sei "mehr als reif für eine neue konstruktive Zeitrechnung in der Schadensteuerung, denn Corona hat uns gnadenlos die Grenzen aufgezeigt, die es zu beachten gilt".

Eher als ein Hilferuf an die Auftraggeber ist denn auch der Schlussgedanke des BVdP zu werten, in dem es wörtlich heißt: "Eine faire und leistungsbezogene Anpassung des SVS ist ein Invest in die Zukunft der kooperativen Schadensteuerung, die auf fachgerechte Reparatur, auf hervorragenden Service und auf die Leistungsfähigkeit aller Partner setzt und damit die vielzitierte Win-Win-Situation in die Praxis umsetzt." (bs)

70 Prozent der BVdP-Betriebe hat Corona bis Anfang August zwischen 30.000 und mehr als 100.000 Euro gekostet.
© Foto: BVdP e.V.
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