Unter Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Ehlers, Präsident und Professor des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie a.D. in Hamburg sowie den Referenten
Dipl. Inf. Hubert Hoffmann, CIO, Prokurist, MSC Germany GmbH in Hamburg, Hans-Hermann Lückert, Vorsitzender der Bundeslotsenkammer in Hamburg und Hans-Werner Monsees, Leitender Polizeidirektor und Leiter des Havariekommandos, Cuxhaven, wurde folgender, grundlegender Sachverhalt diskutiert:
Die Kolosse bringen auch neue Mega-Herausforderungen mit sich
In der Seeschifffahrt kommen aufgrund des intensiven Wettbewerbs der global operierenden Schifffahrtskonzerne immer größere Containerschiffe zum Einsatz. Die ersten Schiffe mit mehr als 19.000 TEU Tragfähigkeit sind auch im Verkehr von und zu deutschen Häfen im Einsatz. (Anm. d. Red.: Die Ladungskapazität von Containerschiffen wird in "Twenty-foot Equivalent Units", kurz TEU, angegeben und entspricht der Anzahl von 20-Fuß-Containern, die geladen werden können. Die ersten Containerschiffe mit rund 19.000 TEU sind heute rund 400 m lang, fast volle 60 m breit und haben einen Tiefgang von 16 m.)
Der Betrieb dieser Kolosse stellt nicht nur Nautiker, Logistiker und Umschlagsbetriebe vor große Herausforderungen, sondern macht auch ein anspruchsvolles Verkehrsmanagement und eine den Risiken entsprechende Notfallvorsorge erforderlich.
Ladungssicherung und ordnungsgemäße Deklaration der Ladung, sicheres Navigieren im Revier bei tidebedingten Zeitvorgaben sowie Notfallvorsorge für die Eventualitäten von Grundberührungen, Brand oder Kollisionen sind drängende Themenbereiche, die zukunftsgerichtete Lösungen erforderlich machen.
Im Goslar-Arbeitskreis wurden diese hochaktuellen Fragen aus der Sicht von Reedereien, Nautikern und Unfallmanagement-Experten durch namhafte Referenten adressiert und Wege zur Lösung der vielfältigen Probleme vorgestellt. Die Entwicklung zu Mega-Containerschiffen stellt zusätzliche Anforderungen an die Sicherheit von Besatzung, Schiff und Ladung, das Verkehrsmanagement und die Notfallvorsorge.
Experten fordern per Resolution einen umfassenden Maßnahmenkatalog
1. Es ist unerlässlich, dass alle am Transportgeschehen Beteiligten einschließlich der zuständigen Behörden Zugriff auf verlässliche Informationen über Inhalt und Gewicht der Container haben. Die hierzu international beschlossenen Änderungen zum SOLAS-Übereinkommen über Ladungs-Informationen müssen bis zum 1. Juli 2016 umgesetzt werden. Das schließt die eindeutige Klärung der behördlichen Zuständigkeiten ein. Die Verfahrensregeln der IMO/ILO/UN-ECE für das Packen von Beförderungseinheiten (CTU-Code) sollte für alle Ladungsarten rechtlich verbindlich werden. Zudem sollte ein digital vernetztes Informationssystem etabliert werden.
2. Der Verkehr zu den Häfen bedarf eines effektiven Verkehrsmanagements durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung im Rahmen der maritimen Sicherheitspartnerschaft von maritimer Wirtschaft, Verwaltung und Sicherheitsdienstleistern, um die Verkehrsabläufe zu optimieren und zu koordinieren. Da die Lotsen hierbei eine wichtige Komponente darstellen, muss die hohe Qualität der Lotsdienste ungeachtet aller Nachwuchsprobleme unbedingt erhalten bleiben. Für ihre Beratungstätigkeit müssen die Lotsen umfassenden Zugang zu den aktuellen hydrographischen und meteorologischen Daten sowie einen kontinuierlichen Überblick über die Verkehrssituation haben.
3. Bei den Vorschriften für Mega-Containerschiffe müssen gestiegene Anforderungen an die Notfallvorsorge, z. B. durch Sensoren zur Branddetektion, die Weiterentwicklung von stationären und mobilen Feuerlöscheinrichtungen an und unter Deck sowie die Ausstattung mit geeigneten Schleppvorrichtungen, berücksichtigt werden. Die Aus- und Fortbildung aller Beteiligten, insbesondere der Besatzung, muss mit dem Ziel gefördert werden, potenzielle Gefahren schnell zu erkennen und durch gezieltes Handeln möglichst zu vermeiden oder zu minimieren. Insbesondere im Brandfall muss gewährleistet werden, dass Spezialkräfte zur Unterstützung der Schiffsbesatzung möglichst frühzeitig eingesetzt werden. Notliegeplätze für havarierte Schiffe und die notwendigen Einrichtungen zur Entladung und Bergung müssen verfügbar sein. Es wird angeregt, dass das BMVI das vorhandene Expertenwissen bündelt. (wkp)