-- Anzeige --

TÜV-Report: Jeder vierte Bus mit Mängeln unterwegs

18.11.2024 19:49 Uhr | Lesezeit: 9 min
.
Aufgrund steigender Unfallzahlen mit mehr Verletzten und zu Tode gekommenen Personen plädiert der TÜV-Verband u.a. dafür, dass im Rahmen der HU künftig auch die tatsächliche Wirkung verbauter Fahrerassistenzsysteme überprüft wird.
© Foto: TÜV Nord

Die Mängelquoten bei Bussen steigen: 13,8 Prozent bestehen die Hauptuntersuchung nicht. Am häufigsten fallen dabei Ölverlust und Defekte an der Beleuchtung auf. Deutlich steigt laut TÜV-Verband allerdings auch die Zahl der Busunfälle, weshalb er relativ eindeutig die Durchsetzung der Anschnallpflicht einfordert.

-- Anzeige --

Die Zahl der Reise- und Linienbusse mit erheblichen oder gefährlichen Mängeln ist deutlich angestiegen. Laut dem TÜV-Report Omnibus 2024 haben in den vergangenen zwei Jahren 14,1 Prozent der geprüften Busse die Hauptuntersuchung (HU) nicht bestanden, was einem Anstieg von 2,4 Prozentpunkten im Vergleich zum Bericht von 2022 entspricht. Bei weiteren 10,5 Prozent haben die TÜV-Sachverständigen geringfügige Mängel festgestellt (plus 0,9 Punkte).

388.000 km durchschnittliche Fahrleistung bei der HU

"Trotz engmaschiger Kontrollen ist fast jeder vierte Bus in Deutschland mit technischen Mängeln unterwegs", konstatierte Richard Goebelt, Bereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband, bei der Vorstellung des TÜV Bus-Reports 2024. "Nach einem Rückgang während der Corona-Pandemie erreichen die Mängelquoten wieder das alte Niveau – trotz einer etwas geringeren Fahrleistung." Im Schnitt haben die für den aktuellen Report geprüften Busse 388.000 Kilometer zurückgelegt. Vor vier Jahren waren es noch 408.000 Kilometer.

10.000 Busse zurück aus dem Corona-Schlaf

Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) sind aktuell rund 85.000 Reise- und Linienbusse auf deutschen Straßen unterwegs. Das sind etwa 10.000 Busse mehr als im Corona-Jahr 2021. "Viele während der Pandemie stillgelegte Busse sind jetzt wieder im Einsatz und zeigen ihre alterstypischen Schwächen", sagte Goebelt. Zu den häufigsten Mängeln gehören Defekte an der Beleuchtung und Ölverluste an Motor und Antrieb, die mit zunehmenden Alter der Fahrzeuge verstärkt auftreten. Goebelt: "Busse sind sehr sichere Verkehrsmittel. Bei der Ursache von Busunfällen spielen in Deutschland weniger technische Defekte die entscheidende Rolle, sondern vor allem der Faktor Mensch."

Unfälle mit Verletzten und Toten steigen kontinuierlich

In der ersten Jahreshälfte war es zu zwei schweren Busunfällen mit vier Toten und mehr als 40 Verletzten auf Autobahnen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen gekommen. Im Jahr 2023 sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 6.265 Insassen von Bussen bei Unfällen verletzt worden, ein Anstieg von gut 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 16 Personen sind tödlich verunglückt (plus 100 Prozent). Während der Corona-Pandemie war die Zahl der Verunglückten bis auf rund 4.100 im Jahr 2020 zurückgegangen, steigt seitdem aber kontinuierlich an und liegt jetzt wieder auf dem alten Niveau. "Bei der Realisierung der ‚Vision Zero‘ mit möglichst null Verkehrstoten kommt Deutschland kaum voran", sagte Goebelt. "Dafür ist ein grundsätzliches Umsteuern in der Verkehrspolitik notwendig."

Dazu zähle vor allem der Ausbau einer sicheren Straßeninfrastruktur, Begrenzungen der Geschwindigkeiten und eine Stärkung des öffentlichen Verkehrs. Im Jahr 2023 lag die Zahl der im Nahverkehr beförderten Personen immer noch unter dem Vor-Corona-Jahr 2019: Im Linienverkehr mit Straßenbahnen um 10 Prozent, bei Regional-, S- und U-Bahnen um fast 7 Prozent und bei Bussen um 5 Prozent. Anders als der Reiseverkehr mit der Bahn erholt sich der Fernverkehr mit Bussen nur langsam und lag 2023 noch 50 Prozent unter dem Level von 2019. 

"Anschnallpflicht muss auch kontrolliert werden"

Beim Thema Sicherheit sind aber auch die Busunternehmen gefragt. "Im Reise- und Fernverkehr gilt eine Anschnallpflicht, die aber selten kontrolliert wird", sagte Goebelt. Nicht angeschnallte Insassen laufen Gefahr, sich bei einem Unfall schwerer zu verletzten. Um die Situation zu verbessern, empfiehlt der TÜV-Verband Kontrollgänge durch Fahrpersonal vor der Abfahrt wie im Flugverkehr. "Busbetriebe sollten das Thema Sicherheit ganzheitlich betrachten", sagte Goebelt. Neben der technischen Sicherheit mit regelmäßigen Wartungen und Prüfungen sei die Kompetenz des Fahrpersonals entscheidend. Diese reichen von der kompetenten Durchführung von Abfahrtskontrollen über die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten bis hin zu Verhaltensregeln für die sichere Evakuierung von Fahrgästen im Notfall. Goebelt: "Mit der Zertifizierung durch eine Prüforganisation können sich Busunternehmen ihre Maßnahmen für eine sichere Personenbeförderung von externer Stelle bestätigen lassen."

"Antriebswende bei Bussen weiter vorantreiben"

Die Elektrifizierung der Busflotten in Deutschland hat in den letzten Jahren weiter an Fahrt aufgenommen. Laut KBA waren Anfang des laufenden Jahres 2.640 Elektrobusse im Einsatz, was jedoch nur einen Anteil von 3,3 Prozent am Gesamtbestand der Kraftomnibusse ausmacht. Die Antriebswende wird insbesondere durch kommunale Verkehrsbetriebe vorangetrieben, die gemäß der EU-Richtlinie "Clean Vehicles Directive" verpflichtet sind, zunehmend emissionsfreie Busse anzuschaffen.

Bis zum Jahr 2030 sollen nach den aktuellen Anschaffungsplänen mehr als 8.000 Elektrobusse hinzukommen, wobei der Großteil dieser neuen Fahrzeuge batterieelektrisch betrieben wird. "Die Elektrifizierung der Busflotten ist ein unverzichtbarer Schritt in Richtung nachhaltiger Mobilität", so Goebelt. Mit der Entscheidung der Ampelkoalition, die E-Bus-Förderung des Bundes zu streichen, droht jedoch der Transformationsweg ins Stocken zu geraten. Die Herausforderungen bestehen weiterhin in der Finanzierung und der notwendigen Infrastruktur für die Ladestationen. "Reisebusse werden aufgrund der längeren Strecken erst zu einem späteren Zeitpunkt vollständig elektrifiziert, doch auch hier ist der Wandel bereits absehbar", so Goebelt. 

Starker Mängelanstieg ab 10. Jahr

Laut TÜV Bus-Report 2024 stechen Mängel an der Beleuchtung und Ölverluste besonders hervor. 5,1 Prozent der Busse wiesen Ölverluste auf, ein Anstieg um 0,8 Prozentpunkte. "Ölverluste am Motor oder Antrieb sind ein erhebliches Umwelt- und Sicherheitsrisiko, da sie bei Unfällen brandbeschleunigend wirken", sagte Goebelt. Beleuchtungsmängel, vor allem an der hinteren Fahrzeugbeleuchtung, betrafen 3,8 Prozent der Fahrzeuge. Hier war vor allem bei älteren Fahrzeugen ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen – bei Bussen ab zehn Jahren liegt die Mängelquote für die hintere Beleuchtung bei über 9 Prozent. 75,4 Prozent der Busse bestanden die HU ohne Mängel, ein Rückgang gegenüber 78,6 Prozent im Jahr 2022. Während bei den jüngeren Fahrzeugen bis zu einem Alter von drei Jahren die Mängelquoten sehr niedrig sind, zeigen Busse ab einem Alter von zehn Jahren verstärkt Defizite. Hier sind es insbesondere mechanische Bauteile wie Federung und Antrieb, die zunehmend Probleme bereiten. Goebelt: "Gerade bei älteren Bussen ist es wichtig, die Wartungs- und Prüfintervalle strikt einzuhalten." Laut KBA sind Busse in Deutschland derzeit im Schnitt 8,3 Jahre alt. 

"Prüfung der tatsächlichen Wirkung von FAS in HU aufnehmen!"

Neben der Wartung spielt auch die Schulung des Fahrpersonals eine entscheidende Rolle. Der Umgang mit modernen Assistenzsystemen wie Spurhalte- oder Notbremsassistenten sollte fester Bestandteil der Ausbildung und regelmäßiger Fortbildung sein. "Assistenzsysteme sind für die Sicherheit unerlässlich, werden aber bisher nicht ausreichend überprüft", sagte Goebelt. Der TÜV-Verband plädiert dafür, dass neben einer elektronischen Prüfung der Funktion auch die tatsächliche Wirkung der Assistenzsysteme bei der Hauptuntersuchung geprüft wird. Zudem müsse der Zugang zu den digitalen Fahrzeugdaten für unabhängige Prüforganisationen erleichtert werden, um eine umfassende Prüfung der zunehmend komplexen Systeme sicherzustellen. Auch die EU-Politik sollte hier tätig werden, um die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

Methodik-Hinweis

Für den TÜV-Report Omnibus 2024 wurden rund 58.600 Hauptuntersuchungen von Bussen für den Nah- und Fernverkehr ausgewertet, die in den Jahren 2022 und 2023 durchgeführt wurden. Grundlage ist der amtliche Prüfkatalog für die HU, in dem rund 150 einzelne Prüfpunkte gesetzlich vorgeschrieben sind. 

Fakten zum TÜV-Verband

Der Verband vertritt die politischen Interessen der TÜV-Prüforganisationen und fördert den fachlichen Austausch seiner Mitglieder. Die technische und digitale Sicherheit sowie die Nachhaltigkeit von Fahrzeugen, Produkten, Anlagen und Dienstleistungen steht im Mittelpunkt. Grundlage dafür sind allgemeingültige Standards, unabhängige Prüfungen und qualifizierte Weiterbildung. Ziel des TÜV-Verbandes e.V. ist laut eigenem Bekunden, "das hohe Niveau der technischen Sicherheit zu wahren, Vertrauen in die digitale Welt zu schaffen und die Lebensgrundlagen zu erhalten." Dafür erfolgt ein regelmäßiger Austausch mit Politik, Behörden, Medien, Unternehmen und Verbraucher:innen.

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


Servicetechniker (m/w/d)

Lehrte;Langenhagen

-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Auto News für die Automobilbranche: AUTOHAUS ist eine unabhängige Abo-Fachzeitschrift für die Automobilbranche und ein tagesaktuelles B2B-Online-Portal. AUTOHAUS bietet Auto News, Wirtschaftsnachrichten, Kommentare, Bilder und Videos zu Automodellen, Automarken und Autoherstellern, Automobilhandel und Werkstätten sowie Branchendienstleistern für die gesamte Automobilbranche. Neben den Auto News gibt es auch Interviews, Hintergrundberichte, Marktdaten und Zulassungszahlen, Analysen, Management-Informationen sowie Beiträge aus den Themenbereichen Steuern, Finanzen und Recht. AUTOHAUS bietet Auto News für die Automobilbranche.