HB ohne Filter vom 25. September 2009
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Heute zu den Themen: Die Bundestagswahl 2009, Audi bei FC Bayern – Joschka Fischer bei BMW und Neuwagen-Verkauf reduzieren?
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21. September - Montag
Die Bundestagswahl 2009. Vor einem Jahr brach ein Weltwirtschaftsbeben über uns herein. Es führte zur tiefsten Rezession in der Geschichte der Republik. Wir erleb(t)en ein Katastrophe, die von Menschen initiiert wurde. Jedem wurde damit deutlich vor Augen geführt, dass die Marktwirtschaft ohne Regulierungen nicht funktioniert. Unglaublich, all jene, die die massive Geldvernichtung initiiert haben, ihnen wurde und wird unter die Arme gegriffen. Den gierigen Bankern wird geholfen! Sie werden nicht einmal bestraft. Egal was sie tun, der Staat springt ein. Wo bleiben die Konsequenzen? Die Eigenkapital-Anforderungen an die Banken müssen erhöht werden, damit die Zocker im Fall der Fälle aktiv am Verlust massiv beteiligt sind. Es mag das eine und andere als Gegenmaßnahme seit September 2008 geschehen sein. Es ist aber in Wahrheit zu wenig. Es fehlt an Glaubwürdigkeit. Und so entsteht kein Vertrauen. Der Wiederholungsfall ist nicht ausgeschlossen.
Bei einem Empfang der Stadt Iphofen (Kitzingen) sprach heute Ex-Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel. Er meinte: "Die Politik hat bei der Finanzmarktkrise schnell und richtig gehandelt. Die neuerliche Zusatzverschuldung wird aber nicht ohne Folgen für die Bürger bleiben. Das kann und darf man nicht auf die nächste und übernächste Generation verlagert werden. Die Haushaltskonsolidierung wird nach der Wahl eine besondere Rolle spielen." Im Klartext bedeutet das, das Ausmaß der kommenden Einschnitte und Kürzungen liegt aktuell vor der Wahl nicht auf dem Tisch. Bescheidung ist angesagt. Das klingt anders als die angekündigte Steuersenkung des CSU-Vorsitzenden Seehofers. Theo Waigel: "Wir können dank des EURO die Herausforderungen meistern." Das war die zuversichtliche Botschaft.
Im Nachgang seiner Ausführungen, die er unter den Spannungsbogen Wiedervereinigung und Euro-Einführung spann, war die Möglichkeit zum persönlichen Gespräch mit ihm gegeben. Wer erinnert sich in der Branche nicht an das leidige Agenturgeschäft in Sachen Gebrauchtwagen, das wir von der Einführung der MwSt. 1968 bis zur Einführung der Differenzbesteuerung 1990 mit uns in der Branche schleppten? Selbst der wache Geist, Bundeswirtschaftsminister Dr. G. Stoltenberg war für eine Änderung nicht zu gewinnen. ZDK-Präsident Fritz Haberl gelang es aber über Dr. Theo Waigel, diese unhaltbare Rechtslücke endlich zu schließen. Als ich ihm sagte, er habe mir der umsatzsteuerlichen Veränderungen ein Stück automobiler Handelsgeschichte geschrieben, wofür ihm die Branche bis heute dankbar sei, meinte er in sympathischer Bescheidenheit: "Das habe ich schon vergessen!" Vermutlich konnte er damals gar nicht erahnen, was das Agenturgeschäft im Alltag an unhaltbarem Bürokratismus geschaffen hatte.
Vor zwei Wochen hatten wir an dieser Stelle die Würdigung der Abwrackprämie an die Kanzlerin präsentiert. Toyota-Verbandspräsident Burkhard Weller schickte der Kanzlerin einen Blumenstrauß. Die Kanzlerin antwortete. Hier ihre respektable Antwort. Bitte, eine Kanzlerin antwortet einem Automobil-Händler!
23. September - Mittwoch
Audi bei FC Bayern, Joschka Fischer bei BMW. Audi wird sich mit zehn Prozent an der FC Bayern AG beteiligen und dafür rund 100 Millionen Euro bezahlen. Ist das die neue Zukunftsstrategie für den Volkswagenkonzern? Oder ist u.a. diese Beteiligung der Grund, weshalb der Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piech der Auffassung ist, dass der Konzern einen neuen Namen braucht? Was im Dritten Reich mit Volkswagen vorgegeben wurde, soll nun im Namen getilgt werden. Klar, jetzt kommt Porsche als zehnte Marke zum Konzern. Nimmt man noch die weiteren Konzern-Luxusmarken von Bentley, Lamborghini, Bugatti mit ins Boot, dann sind die Verluste aus dem Luxussegment so fürchterlich, dass das wirklich keinen Volkswagencharakter mehr hat. Es geht ja anscheinend inzwischen mehr um Klasse, nicht um Masse.
Die Verantwortlichen im Konzern beweisen einmal mehr, dass es ihnen nicht ums Volk, sondern um Bonzen und Millionärskultur geht. Man unterstützt den reichsten deutschen Fußballverein. Einen, der wirklich nicht der Unterstützung bedarf. Was könnte man mit diesem Volumen sinnvoll im Handel investieren? Aber nicht nur neue Terminals!! Früher waren wir ein Land der Dichter und der Denker. Heute – auch dieses Beispiel belegt es - sind wir nicht mehr ganz dicht. Man staunt! Auch im VW-Aufsichtsrat? Die Volkswagenfahrer werden den Aufstand auf leisen Sohlen durchziehen.
Und den Managern bei BMW fällt nichts Besseres ein, als den früheren Steinewerfer Joschka Fischer zu verpflichten. Jenen Politiker, der einen Benzinpreis von fünf DM pro Liter eingeforderte. Einen Grünen, der bei der letzten Bundestagswahl noch als Spitzenkandidat seiner Partei auftrat und heute bei den eigenen Öko-Genossen am liebsten von hinten gesehen wird. Sie verpflichten einen Glaubwürdigkeitsapostel, der eine Beratertätigkeit beim Atomkonzern RWE wahrnimmt und jetzt unabdingbar für die Weiterentwicklung der BMW-Nachhaltigkeitsstrategie gebraucht wird. Über die Honorare des sozialistischen Grünenpredigers wird artig geschwiegen. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass der arme Joschka pro Vortrag heute 24.000 Euro abzockt. Die einzige praktische Erfahrung automobilistischer Art, die der begnadete Rhetoriker hat ist, dass der abgebrochene Student bei Opel 1971 kurze Zeit am Fließband stand. Er wollte dort eine politische Betriebsgruppe gründen und flog. Opel wollte seine Dienste für den russischen Markt als "Grünen-Außenminister" nun doch nicht mehr in Anspruch nehmen.
Dann gibt es einen weiteren Premium-Imageträger. Bei Daimler. Boris Becker. Er soll das Image von Daimler nach vorne tragen. Wie denn? Mit was denn? Er befindet sich immer noch nach Jahren – wie MB – auf Selbstfindungstrip. Das ist aber dann die einzige Gemeinsamkeit der Akteure. Auf welche Pferde setzen da heute die Premiummarken? Von einer gescheiten Araberzucht mit langjährigem Stammbaum haben die noch nie etwas gehört. Auf die Premium-Elite: Uli Bayern, Joschka, Boris! Ein Wahnsinn!
24. September - Donnerstag
Neuwagen-Verkauf reduzieren? Wäre der deutsche markengebundene Automobilhandel ausschließlich mit Vernunft beladen, würden Händler verschiedener Marken ihren Vertriebs-Vertrag aufkündigen. Dabei wären zunächst dafür die juristischen Fallstrike zu bedenken. Wer als Händler kündigt, geht bei Ausgleichszahlungen nach § 89 b HGB leer aus. Also muss er seine Menge geschickt so dezimieren, dass ihm der Hersteller kündigt. Soweit die Vorschau! Schauen wir uns die Szenerie genauer an.
Die Marktszenerie sollte von Marke von Marke getrennt analysiert werden. Und dann müssen inzwischen auch die Standorte des Geschehens analysiert werden. Grundsätzlich stellt sich die Situation für die kleineren Marken anders dar wie für die Volumen- oder gar Premiummarken. Das Phänomen liegt – je nach Marke – in den Überkapazitäten. Sie werden um jeden Preis, vorwiegend über die Europa(import)zentralen, in den Markt gedrückt. Und das zu Lasten des Handels bzw. am autorisierten Handel vorbei. Das Phänomen Grauimporte ist nach wie vor bei verschiedenen Marken Realität. Die sogenannten Premiummarken, die längst keine eigentlichen Premiummarken mehr sind, sondern vom 1-er BMW bis zum A 8 alles im Sortiment führen, müssen feststellen, dass bei den markigen Premiummodellen, die einstmals die Sahne brachten, angestammte Käufer diese Autos heute immer weniger kaufen. Neben Umweltaspekten ist vielen, auch den Gutbetuchten, die Preislandschaft zu hoch angesiedelt. Es gibt auch in der Oberklasse weit mehr Autos als nachgefragt werden. Neben den klassischen Premiumherstellern MB, Audi und BMW kommen eben Wettbewerber wie Bentley, Jaguar, Lexus u.a. hinzu. Neue Bentleys werden derzeit mit Nachlässen bedacht, die hier besser nicht genannt werden. Dudenhöffer müsste sich bestätigt fühlen. Also drücken die Hersteller über ihre Niederlassungen bzw. Retailbetriebe die Fahrzeuge mit Nachlässen ins Rennen, die bei einem BMW 7-er in einer BMW-Niederlassung bei 25 Prozent liegen. Mögliche Leasinggeschäfte sind aufgrund der Restwertproblematik inzwischen zum Verkaufsverhinderungsprogramm mutiert.
Jetzt machen sich schon die ersten Niederlassungen das Leben zusätzlich schwer, indem sie im Gebiet der benachbarten Niederlassung mit eigener Werung tätlich werden. Da wird die A-Klasse – per Niederlassung – offen mit 20 Prozent beworben. Die Ausflucht wird bei den MB-Vertretern vielfach bei den Jungwagen gesucht. Tages- oder Kurzzulassungen! Als Tagesgeschäft mit Börsencharakter ist das noch zu machen. Muss aber ein solider Händler inzwischen dem Kunden abraten, ein Neufahrzeug zu erwerben? Das ist alles Kannibalisierung pur! Sollte das Downsizing weiter anhalten, verkaufen letztlich alle – eben auch die Premiumhersteller - nur noch "Polos". Dann sind alle pleite! Man sieht, man braucht nicht nur gutes Marketing, gutes Image, gute Finanzen, sondern primär gefällige und bezahlbare Automobile. Die Menschen lieben unabhängig davon Emotion. Gerade beim Auto!
Im Hause Volkswagen ist man dabei, die Vertriebsorganisation mit einen Niederlassungen auszustatten. Zwangsläufig? Niederlassungen oder Retailbetriebe, wie sie genannt werden, sind aber keine strategische Zukunftslösung. Wer mit erfahrenen Vertriebsmanagern spricht, erfährt, dass jeder am liebsten sich der Niederlassungen entledigen würde. Fragen Sie mal die Manager von Peugeot, Fiat, Renault? Lieber heute als morgen. Warum? Sämtliche Mitarbeiter von Niederlassungen sind quasi Werksmitarbeiter. Da ist zum einen die Macht von Betriebsräten und zum anderen der geltende Industrietarif. Davon kommt keine Niederlassung mehr frei. Und das kostet bei einer Umstrukturierung Millionen-Beträge.
Umgekehrt stellen sich auch Niederlassungszwänge ein. Wie soll ein privater Ford-Händler in München gegen die bestehenden Hersteller- und Importeursniederlassungen bestehen können? Da müsste Ford in München selber 30 Millionen Euro in die Hand nehmen. Woher denn? Sie haben doch nichts in der Büchse.
Lassen Sie uns einen weiteren Aspekt betrachten. Es trifft nicht zu, dass mit weniger Händlern höhere Ertragsperspektiven zu erwarten wären. Daimler hat 93 Vertreter und 35 Niederlassungen. Alle MB-Vertreter verdienen im Pkw-Neuwagengeschäft kein Geld, sondern fahren 2009 die größten Verluste ihrer Geschichte ein. Selbst wenn eines Tages alle Handelsbetriebe in Niederlassungen umgewandelt würden, dann fände abermals eine Preisschlacht statt. Nur auf höherem Niveau. Und wo bleibt der klassische Mittelstand?
Es ist zu einfach zu prognostizieren, es werden 2019 nur noch 4.000 bis 5.000 Unternehmen mit 15.000 bis 16.000 Betrieben sein. Wer kommt da wie und fundiert auf derartige Annahmen? Furchtbar! Die Lage stellt sich doch für jede Marke anders dar. Es wird derzeit auch seitens des ZDK über die wahre Situation von Insolvenzen systematisch geschwiegen. Welche Marke ist aus welchen Gründen besonders betroffen? Wo wird seitens der Hersteller unterstützt, wo werden Händler fallen gelassen? Geht das überhaupt? Wo bleibt die rechtliche Würdigung für die Ungleichbehandlung? Seit vier Monaten wartet die Branche auf das ZDK-Gutachten zum Thema Leasingrückläufer, obwohl Monat für Monat Betriebe daran scheitern. Der ZDK hat für den 1. Oktober zur Vorstellung seiner Empfehlung für ein zukünftiges Geschäftsmodell eingeladen. Daran werden sehr hohe Erwartungen geknüpft. Wir würden uns freuen, wenn dem ZDK Substanzielles gelänge!
Spruch der Woche:
"Wir sparen, koste es, was es wolle!"
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
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Händlertest 2009 | auto motor und sport