Es beginnt mit einer scheinbar harmlosen Kontaktaufnahme: Ein Interessent meldet sich über einen Online-Marktplatz auf eine Gebrauchtwagenanzeige und signalisiert Kaufbereitschaft – ohne Verhandlung, zum vollen Preis. Eine Bedingung stellt er allerdings: Der Verkäufer möge eine Fahrzeughistorie bereitstellen. Doch wer dem Wunsch nachkommt, wird am Ende nicht nur sein Auto nicht los, sondern auch um bis zu 60 Euro ärmer sein.
Das auf Fahrzeughistorien spezialisierte Unternehmen Carfax hat nach eigenen Angaben eine europa- und weltweit agierende Betrugsmasche aufgedeckt, die genau so funktioniert. Die Täter geben sich als Kaufinteressenten aus und fordern eine Fahrzeughistorie über einen bestimmten Link an. Wer klickt, landet auf einer täuschend echten Webseite – und zahlt für eine Historie, die entweder nie geliefert wird oder aus nichtssagenden, automatisiert zusammengestellten Daten besteht. Der vermeintliche Käufer meldet sich danach nicht mehr.
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"Mit der Gründung von Carfax in Europa habe ich das Ziel verfolgt, mittels Fahrzeughistorien für Transparenz und Fairness auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu sorgen. Leider mussten wir feststellen, dass dieses Ansinnen mithilfe des Internets missbraucht und Menschen betrogen werden", erklärte Carfax-Geschäftsführer und Gründer Frank Brüggink am Dienstag in München.
Kleine Summen, große Wirkung
Zwar liegt der finanzielle Schaden pro Fall meist unter 100 Euro. Doch gerade das macht die Masche so erfolgreich: Kaum ein Opfer erstattet Anzeige – und der Masseneffekt wirkt.
"20 bis 60 Euro bringen die wenigsten Menschen zur Anzeige, und mit Hilfe von automatisierten Tools können ohne großen Aufwand Millionen von Nutzer kontaktiert werden", betonte Johannes Loose, Head of Marketing bei Carfax. Loose war es auch, der die neue Welle von betrügerischen Aktivitäten entdeckte. "Die Betrüger erstellen vermeintlich seriös aussehende Webseiten am laufenden Band. Eine Webseite wird meist drei bis vier Wochen genutzt, abgeschaltet und dann unter neuer Domain erneut live geschaltet."
Spuren nach Osteuropa und darüber hinaus
Besonders aktiv seien die Täter derzeit in Italien, aber auch in Deutschland, Nordamerika und Australien. Die technischen Spuren führen laut Carfax vor allem nach Osteuropa – etwa nach Rumänien Bulgarien und Litauen, aber auch bis nach Pakistan. Brüggink: "Wir sind bereits im Austausch mit Strafverfolgungsbehörden und den Betreibern der Online-Marktplätze, wissen aber auch, dass der Druck auf die Betrüger aktuell noch nicht hoch genug ist."
Carfax fordert mehr Aufklärung – auf Seiten der Verkäufer, aber auch bei den Plattformen, auf denen die Täter unterwegs sind. "Menschen sollen sich sicher auf dem Gebrauchtwagenmarkt bewegen können, ohne Angst zu haben, Geld zu verlieren, unfair behandelt zu werden oder ein schlechtes Geschäft zu machen", so Brüggink weiter. Seine klare Botschaft: Transparenz darf nicht zur Falle werden. Und der digitale Gebrauchtwagenmarkt braucht stärkere Schutzmechanismen – nicht nur für Käufer, sondern auch für jene, die verkaufen wollen.