Digitale Autohaus-Strategie: Vertrieb nach Plan

Noch vor wenigen Jahren war Eigenwerbung für Autohäuser deutlich leichter als heute - schon alleine, weil die Möglichkeiten begrenzt waren. Print-Anzeigen in den regionalen Medien, vielleicht ein Tag der offenen Tür oder eine Postwurfsendung, dann aber musste auf den Käufer gewartet werden. Mit dem Einsetzen des Internets und dessen starker Nutzung kamen fast täglich neue Herausforderungen auf den Handel zu, die nicht nur die Werkzeuge, sondern auch die Kundenanforderungen grundlegend verändert haben. Das Autohaus ist digital geworden - leider aber zu häufig ohne Strategie. Was genau aber bedeutet Strategie? In unserem Fall bezeichnen wir damit ein über einen längeren Zeitraum ausgerichtetes, planvolles Handeln aller Akteure eines Autohauses, um unter Einsatz sämtlicher digitaler Kanäle (geschäftspolitische) Ziele zu erreichen. Die Ziele wiederum lassen sich u. a. in einer digitalen Visitenkarte für zentrale Kundeninformationen, in der Steigerung der Verkäufe sowie in der Image-Arbeit festmachen. Wer eine Strategie aufsetzen möchte, benötigt dafür Klarheit über die erwünschten Resultate, über seine Zielgruppen, über die Anpassung seiner Prozesse und Strukturen im Autohaus sowie darüber, wie Mitarbeiter auf dieses neue Vorgehen geschult werden. Nicht zuletzt liegt ein wesentlicher Erfolgsfaktor der digitalen Autohandelsstrategie im Verständnis, dass unterschiedliche Kanäle nicht gesondert voneinander betrachtet werden dürfen, sondern eine sinnvolle Verknüpfung stattfinden muss. Vitale Website als Grundstein Der Start eines Autohauses in die digitale Welt ist meist durch den Launch einer eigenen Website gekennzeichnet, ohne die heute kein Unternehmen mehr existieren kann. Der schnelle und jederzeitige Zugriff auf Informationen, die direkte Kontaktaufnahme, die Zusammenstellung des individuellen Traumfahrzeugs: All das geht ohne Rücksicht auf Öffnungszeiten oder Verfügbarkeiten problemlos online. Darüber hinaus haben Autohäuser und freie Händler die Möglichkeit, Botschaften zu transportieren, ihre Service-Angebote darzustellen und alle angebotenen Fahrzeuge inklusive Bildern und sogar Videos abzubilden. Hier entstehen jedoch bereits die ersten Missverständnisse, denn eine Website ist niemals "fertig". Trotzdem wird sie nur selten als dynamisches Projekt gesehen, das stetig gemessen und immer weiter vorangetrieben werden muss. Stoßen potenzielle Käufer aber auf veraltete Angebote, gestrige News und ein 90er-Jahre-Layout, finden keine Kontaktinformationen oder -formulare vor, können keine zusätzlichen Anfragen generiert werden. Gleiches gilt für die Suchmaschinenoptimierung, die mit der Website Hand in Hand geht. Auch, wenn meine Schlüsselbegriffe, die sogenannten Key-Words, heute besonders stark sind, können sie bereits morgen nur noch halb so häufig nachgefragt sein. Mit Hilfe von Analyse-Tools wie bspw. Google Analytics ließe sich das leicht umgehen und weitere Interessenten würden das Autohaus finden - wenn man nur die Website- und SEO-Pflege in die eigene digitale Strategie aufgenommen hätte. Auch das Search-Engine-Advertisement (SEA), wozu z. B. die Anzeigenschaltung auf Google gehört, sollte die Bewerbung der Seite im Idealfall unterstützen und somit als Bestandteil der digitalen Strategie gesehen werden. Vom Einzel- zum Sammel-Tool Eine vitale Website bietet zwar eine gute Ausgangsbasis für eine digitale Strategie, ist aber keineswegs als alleiniger Bestandteil zu verstehen. So schließt sich hier u. a. die Frage nach einer Website an, die auch auf mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablet-PCs mit allen relevanten Inhalten verfügbar ist und bestenfalls per Routenplanung direkt ins Autohaus führt. Und noch ein weiteres Thema beherrscht die Nutzergewohnheiten: Social Media. Wo Unternehmen lange Zeit am Nutzen gezweifelt haben, setzt sich nun doch die Erkenntnis durch, dass zumindest das moderne Image leidet, wenn Facebook, You-Tube oder Pinterest nicht bedient werden. Denn gerade auf Facebook, das nach wie vor stark genutzte "Social Network", werden Unternehmensseiten durch zufriedene Kunden rege "geliked", witzige oder interessante Beiträge "geshared" und damit für zusätzliche Aufmerksamkeit auch bei anderen Nutzern gesorgt. Besonders gerne gesehen sind hier Beitragsformen wie Gutscheine oder Gewinnspiele, auch wenn bei Letzteren auf strenge Regularien seitens des amerikanischen Anbieters geachtet werden muss. Auch das Anlegen eigener Veranstaltungen, das Teilen von Beiträgen von Handelspartnern und mehr bieten dem Autohaus neue Chancen, seine Kundenansprache zu verfeinern. Beiträge wiederum lassen sich hier bei relativ geringem monetären Einsatz nach Zielgruppe, Interessensgebieten, Orten bewerben und ausspielen und somit ein weiteres Mal die Reichweite erhöhen. An dieser Stelle findet übrigens die erste auch für den Nutzer sichtbare Verknüpfung statt: Link-Buttons auf der Website führen direkt in die soziale Netzwerk-Welt, von der wiederum Links zur eigenen Web-Präsenz sowie zu anderen Profilen im Netz verweisen - der erste Schritt zur digitalen Strategie ist getan. Weiter geht es dann mit Online-Börsen für Neu- und Gebrauchtwagen, die als zusätzlicher "Anfragen-Generator" nicht vernachlässigt werden dürfen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Bildern und Daten - Verlinkungen auf die eigene Internetseite sind Standard. Welten verbinden, Anfragequote steigern Damit die Strategie aufgeht, bedarf es eines konkreten Plans, was, wann, wie und wo umgesetzt, beworben, veröffentlicht werden soll. Hierin lassen sich im Neuwagen-Geschäft zum Beispiel die Pläne der Hersteller einbeziehen, die frühzeitig bekanntgeben, ab wann neue Modelle verfügbar sind. Im Optimalfall greifen dabei auch Offline- und Online-Welten ineinander, wenn z. B. Inserate innerhalb desselben Aktionszeitrahmens offline in den Print-Medien sowie online in Form von Bannern, Anzeigen in regionalen Portalen wie meinestadt.de oder eben als Bild-, Text- oder Videobeitrag in weiteren Profilen wie in Social-Media-Auftritten aufgegriffen werden. Letzten Endes zählt hierbei immer eines: Das Interesse der Nutzer muss so weit geweckt werden, dass sie den Besuch der Autohaus-Website antreten. Und es wird deutlich: Wer seine digitale Autohaus-Strategie aufsetzt, muss dabei auch Bereiche wie beispielsweise das Marketing einbeziehen. Wie sieht die digitale Zukunft aus? Das Internet und seine Möglichkeiten haben schon in den vergangenen Jahren eindrucksvoll gezeigt, dass wir uns einem stetigen Wandel unterwerfen müssen, um immer am Puls der Zeit zu sein. So zeichnet sich bereits heute ab, dass Showrooms künftig ebenso digitalisiert zur Verfügung stehen und Kunden die Gelegenheit einer Konfiguration mittels Großbildschirmen und Tablets bekommen müssen. Die Wachablöse des PCs durch Smartphones und Tablets hat darüber hinaus Apps befeuert, die dank Anbindung an Customer-Relationship-Systeme und sogenannte Push-Benachrichtigungen auch für Autohäuser neue Dimensionen der zielgerichteten Nutzung von Kundendaten sowie der individuellen Kundenansprache eröffnen. Auch werden weiterhin die Vereinbarung von Terminen, Einkäufe im Shop und sogar OBD-Stecker inklusive Fehlerdiagnosen über intelligente Systeme eine zunehmende Rolle spielen. Und nicht zuletzt ist das Heranwachsen von Finanzierungs- und Werkstattportalen zu zusätzlichen Umsatztreibern fast gewiss. Noch mangelt es in der Autohandels-Welt allerdings an der konsequenten und dauerhaften Umsetzung. Wohin das führen kann, zeigen Beispiele aus dem klassischen Handel, bei dem Online-Riesen mit breiter Angebotsfülle stationäre Händler ohne Online-Angebot zunehmend stören. Für das Autohaus selbst ist dies nicht nur mit technologischen Neuerungen verbunden, sondern auch mit personellen. Wer bei der Fülle der Angebote, die in eine vollumfängliche Strategie einfließen, "nebenher" agiert, wird den Faden verlieren. Auf lange - oder auch auf kürzere - Sicht wird es also erforderlich sein, einen "digitalen Autohaus-Manager" in den Betrieben zu beschäftigen. Seine Aufgabe lautet dann zwar auch, möglichst viele Leads zu generieren und sich an diesen messen zu lassen, seine Wege allerdings sind andere als die bisherigen - und das nach Plan, mit Budget und großer Verantwortung. Joachim Oppel Kurzfassung Das Internet hat wie eine Naturgewalt das Leben der Menschen erfasst, ihnen völlig neue Chancen eröffnet, sie aber auch vor gänzlich neue Herausforderungen gestellt. Auch das Business-Modell "Autohaus" steht in einem revolutionären Wandel, der nur mit klarer Analytik und stringenter Strategie bewältigt werden kann. Joachim Oppel ist Leiter "Business development" bei meinautohaus.de und bereits seit vielen Jahren in der Automobilwirtschaft aktiv.

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