HB ohne Filter vom 06. Februar 2009
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Datum:
06.02.2009Heute mit den Themen: Die Anzahlung vom Staat, Brutale Dominoeffekte, Ford-Toyota-Verluste.
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2. Februar - Montag
Die Anzahlung vom Staat. Jetzt sind sie da, die Anzeigenserien zur Umwelt- bzw. Verschrottungsprämien aus den Häusern VW, Opel, Ford, Mazda, Honda, Renault, Peugeot, Citroen, Fiat, Hyundai, Skoda, Dacia, Smart und Chevrolet. Da wird der Chevrolet Matiz (mit Kurzzulassung) für 4.990 Euro statt 9.484 Euro offeriert. Udo Szamatulski, Geschäftsführer von Fahrmitgas.de setzt noch einen drauf: "Wir haben auf der Basis des Chevrolet Matiz ein bivalentes Autogas-Fahrzeug entwickelt, mit dem jeder für drei Euro Treibstoffkosten 100 Kilometer weit kommt." Wenn das keine Fortschritte sind! 3 Euro gegen 100 km! Eine tolle Überschrift, die in der öffentlichen Wirkung eine ganz andere Dramaturgie verdient hätte. Headline: Wie viel kostet Mobilität pro km! Lassen sie uns diesen Weg verfolgen.
Audi, BMW, MB, Lexus, Volvo, sie suchen noch. Der Twingo wird bei 0 Euro Anzahlung inkl. Verschrottungsprämie für 39 Euro offeriert. Andere packen noch 3 Jahre Kfz-Versicherung, 6 Jahre Garantie, 3 Inspektionen und ein Service-Ersatzfahrzeug ins Boot. Opel! Der Ford KA geht für monatlich 89 Euro über den Tisch, ein Fiesta für 99 Euro. Ein pfiffiger VW-Händler im Frankenland wirbt ganzseitig in der Main-Post mit "Polo mit 2 Jokern". Spiel 1 wird mit Abwrack-Prämie, Spiel 2 für jüngere Gebrauchtwagen ausgelobt. Eingesetzt wird dabei der Restwert des Gebrauchten. Dass all diese Aktionen den Hellseher Dudenhöffer nach vorne schieben, machte der hohe Herr diese Woche an einer sogenannten selbsterstellten Studie abermals deutlich: "Auf über 20 Prozent kämen aber nur Neuwagenkäufer, die sich die Verschrottungsprämie von 2.500 Euro sichern könnten." Im Durchschnitt gingen die Ruhrpottrechner von 16,5 Prozent Nachlass aus. Wie der Mann es schafft, neben seinen Vorlesungen all diese Studien zu schreiben! Irgendwas bleibt da für einen beamteten Professor auf der Strecke.
Häufigste Frage der Woche war, wie lange wohl das Windhundrennen anhalten wird? Nachdem es - je nach Marke - bereits erhebliche Lieferzeiten gibt, fürchtet mancher Käufer ins Leere zu schauen. Das heißt, es herrscht im Verkauf Unsicherheit. Politisch sind da weitere verbindliche Aussagen gefordert. Die Zahl der abgerufenen Anträge ist wirklich nicht mit der praktischen Kaufumsetzung identisch. Die Zulassungen im Januar brachten noch nicht den großen Schrottprämiendurchbruch. Der Februar wird da besser aussehen.
3. Februar - Dienstag
Brutale Dominoeffekte. Wer kennt überregional Edscha? Cabriodachbauer! Bitte, der Autozulieferer im 7.700-Einwohner starken Hengersberg gehört zur Weltspitze. Insolvent! Mythos Märklin, abermals vor der Insolvenzschwelle. ATU baut 650 Mitarbeiter ab. Sonax geht von einem Umsatzeinbruch von 20 Prozent aus und reduziert ebenso Mitarbeiter und fährt für die gesamte Belegschaft 2009 eine Nullrunde. Das alle hat sich in dieser Woche ereignet. Erstmals wurde diese Woche auch von Enteignung gesprochen. Und das in der Marktwirtschaft! Bei der Hypo Real Estate. Die Deutsche Bank schreibt erstmals in ihrer Geschichte für 2008 einen satten Verlust. Für die Giftpapiere sollen "Bad Banks", Deponien für Finanzmüll, eingerichtet werden. Das klingt nach Generalamnestie für all jene Banker, die die Welt in den Abgrund geführt haben. Einem Abgrund der immer tiefer wird. Zurück zu den Zulieferern, mit denen wir viele Gemeinsamkeiten haben, u.a. die Abhängigkeit zu den Herstellern.
Mehr und mehr Zulieferer befinden sich im Besitz von Finanzinvestoren (Heuschrecken). Von ATU, Rosenthal bis zu Edscha. Ja, auch die ganz Großen der Branche trifft es - siehe das Zockermanöver von Schaefller und Conti. Jeder vierte gehört in die Gruppierung der Finanzinvestoren. Die "Heuschrecken" werden damit wieder mehr und mehr in den Fokus der Betrachtungen gezogen werden. Nachdem rund 60 Prozent der Wertschöpfung eines Automobils über die Zulieferer erwirtschaftet wird, steht auch die Automobilindustrie in Abhängigkeit der Hintermänner der Finanzinvestoren. Aber diese treten - noch - mit großer Zurückhaltung auf. Auch in der Krise? In der Tat haben die Hersteller die Zulieferer mit System ausgepresst, setzen Preisdrückerkolonnen ein und wälzen systematisch Risiko ab.
Wenn bei einem Unternehmen wie Edscha 50 Prozent des Umsatzes wegbricht, kommt jedes Unternehmen ins Schlingern. Bei uns im Gewerbe reichen schon 15 Prozent Umsatzrückgang zuzüglich einer natürlichen Abfolge von einlaufenden Leasingrückläufern. Die Rezession schafft Extremsituationen. Ich sage es an dieser Stelle und in dieser Woche ganz deutlich an die Markenvertreter von Audi und BMW: Schicken sie jeden Außendienstvertreter sofort zum Tempel hinaus, wenn er nicht als Geldträger etwas Sichtbares in der Tasche hält.
Hier schließt sich der Kreis zwischen Zulieferer und Autohandel. Die Hersteller müssten eigentlich einen Fonds auflegen, um ihren langjährigen Partnern aus der Klemme zu helfen. Sie lehnen das ab. Ergo: Du musst für dein eigenes Überleben eintreten! Wie müsste sich ein verantwortungsvoller Eigentümer - ob Heuschrecke, Familienbetrieb oder... - verhalten? Runter mit den Schulden! Man bräuchte gar für den Abschwung einen Kapitalpuffer. Wo soll dieser aber herkommen? Als Unternehmer hat man auch mittelfristige Perspektiven vor sich. Woher sollen dafür die zusätzlichen investiven Mittel herkommen? Alles schreit nach Kapitalausstattung! Das Thema Liquidität wird zum ungerechten Aussondierprozess. Die "Heuschrecken" sitzen aber umgekehrt im Hintergrund auf 300 Mrd. Euro. Sie mögen endlich Abschied von überzogenen Renditen nehmen und ihr Geld langfristig, in gute Renditen anlegen. Das würde ihrem Image sehr gut tun. Die Zeiten des "Super Return" sind gelaufen. Verantwortung ist gefordert. Und dazu gehören Manager, die rechtzeitig sagen, was Sache ist. Dazu gehört auch der Irrglaube, dass nur solche Arbeitsplätze gut sind, die ohne CO2-Ausstoß auskommen.
5. Februar - Donnerstag
Ford-Toyota-Verluste. Ford erwirtschaftete 2008 einen Verlust in Höhe von 11,9 Mrd. Euro. Das dritte Verlustjahr in Folge, was sich zu 24 Mrd. Euro summiert. Auch in Europa ist für 2008 ein Verlust von 262 Mio. Euro auszumachen, nachdem im Vorjahr noch 177 Mio. Euro Gewinn erwirtschaftet wurden. 2008 brach der Umsatz um ein Drittel ein. Ford beschäftigt insgesamt 220.000 Mitarbeiter und wird weiter Personal abbauen. Die schwedische Tochter Volvo steht zum Verkauf. An Chinesen? Volvo arbeitete 2008 mit einem Verlust von 585 Mio. Euro. Inzwischen gewöhnt man sich an die Milliarden, nachdem mehr und mehr Billionen ins Spiel kommen. Als Schwabe, der rechentechnisch immer noch mit der DM verbunden ist, sind das alles nach wie vor unvorstellbare Dimensionen. Ein Rekordverlust bei Ford in Höhe von 11,9 Mrd. Euro entsprechen einem Tagesverlust von 32,5 Mio. Euro, pro Stunde: 1,36 Mio. Euro, pro Sekunde von 22.693 Euro. Da gerät ein sensibler Schwabe in Schockstarre.
2008 stieg angeblich Toyota als größter Automobilhersteller vor GM aufs Nr.1-Treppchen. Allerdings erstmals in der 73-jährigen Unternehmensgeschichte mit einer umgehängten Verlustbinde. Zuletzt wurde ein Drittel aller Fahrzeuge nach Amerika geliefert. Das Schuldenmachen in Amerika hat nun ein Ende und Asien wird es nicht mehr finanzieren. Die Binnenkonjunktur in Japan wird aufgrund älterer und weniger Konsumenten weiter schrumpfen. Man wird daher seine Marktkräfte stärker auf die Nachbarn China und Korea lenken. Dort sind aber erst massive politische Vorbehalte abzubauen. Toyota geht es wie Volkswagen mit dem Ein-Liter-Auto. Seit 1994 ist man mit dem Hybridauto unterwegs, hat aber unentwegt auf die Benzinschlucker gesetzt. Auch aus Japan wird man künftig mehr "grüne" Autos sehen.
Spruch der Woche:
"Wenn dein Haus etwas anderes als einen Lehmboden hat, gehörst du zur oberen Hälfte der Wetlbevölkerung.
Wenn dein Haus ein Dach, eine Tür, Fenster und mehr als ein Zimmer hat, gehörst du zu den oberen 20 Prozent.
Wenn du einen Kühlschrank hast, gehörst du zu den oberen 5 Prozent.
Wenn du ein Auto, eine Mikrowelle, einen Videorekorder und einen Computer hast und dein Toilette eine eigene Tür hat, gehörst du zu den oberen 1 Prozent."
- we are what we do
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
T.S.
Bernhard Seilz
Mike Mueller
Hinter den Kulissen
Erich Kamprad
schrottpreis
Jürgen Hofmann