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HB ohne Filter vom 19. Dezember 2014

Prof. Hannes Brachat
Prof. Hannes Brachat
© Foto: AUTOHAUS

Weihnachtliche Wohlgefühle stellen sich nicht ein. Wer an gewisse Marken denkt, verfällt in beklemmende Nachdenklichkeit. Die Rahmenbedingungen im Automobilhandel stimmen nicht.

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Datum:
19.12.2014

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Heute: Das Automobiljahr 2014.

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Das Automobiljahr 2014

Gleich Sisyphos haben wir einmal mehr unser Neuwagen-Mengengerüst von drei Millionen Einheiten nach oben geschoben. Über 110 neue Modelle haben 2014 dazu beigetragen, dass dies gelungen ist. Weihnachtliche Wohlgefühle stellen sich darüber allerdings nicht ein. Wer an gewisse Marken denkt, verfällt in beklemmende Nachdenklichkeit. Die Rahmenbedingungen im Automobilhandel stimmen nicht.

Vornean das Maß aller Dinge, die Umsatzrendite: ein Prozent! Eine deutliche Mehrheit der deutschen Markenhändler erwirtschaftet einen Jahresumsatz von fünf Millionen Euro. Wir sprechen damit von 50.000 Euro Gewinn vor Steuern! Wer die Renditen namhafter Hersteller vergleicht, stellt dort eine Bandbreite von acht bis elf Prozent fest. Es liegt am Diktat der Controller, schwäbisch genannt Erbsenzähler, die von oben angehalten sind, nur einseitig zu rechnen.

Gelegentlich gibt es im Journalistenkreis die Möglichkeit, geplante Fahrzeugmodelle zu besichtigen. Wer verhindert deren Marktglück? Die ewigen Rechner. Das Ergebnis ist ein Gegenwartsblechbrei, der wenig Originelles und Individuelles zulässt. Die Controller wollen ihre zahlreiche Rückholaktionen ja nicht wahrhaben. Von deren Wirkung auf die Kundenzufriedenheit ganz zu schweigen. Wer die Vergütungspraxis und die Rangeleien um die Abzüge im Garantiebereich vor sich sieht, spürt ebenso das Erbsenzählerdiktat. Es ist allerhöchste Zeit, dass der ZDK im Interesse des Gesamtgewerbes das Thema Garantie per Gericht auf die Schiene setzt. Wie lange dauert das noch? Wer gar Einsicht in durchgeführte Garantierevisionen hat, sieht sich nicht in einer vertragsgebundenen Geschäftsbeziehung zu Hause. Ich weiß, wovon ich rede. Viele werden das nicht glauben wollen.

Den einsamen Höhepunkt setzte 2014 Fiat. Man führte zum 1. Januar 2014 neue Händler- bzw. Serviceverträge ein. Und am 5. Februar 2014 wurden die Händler zu einer Händlerconvention nach Frankfurt eingeladen. Selbst der Händlerverband wusste nicht, dass am diesem Tag Fiat-Deutschlandchef Eric Laforge den eben eingeführten Händlervertrag kappen würde. Es hat schon seinen Grund, weshalb bei Fiat Deutschland innerhalb von zehn Jahren acht Vorstandsvorsitzende ihr Heil suchten. Sprich, die Verweildauer im automobilen Vertriebsmanagement der Hersteller und Importeure hat inzwischen überschaubare Zeitdimensionen. Wer von denen nicht gradlinig pariert, wird gnadenlos beseitigt. Oder man werfe einen Blick rüber zu Citroen. Dort wird es 2015 nicht ein einziges neues Modell geben. Einige Marken stecken wirklich tief in der Krise. Zu tief?

Es mag die Konzentration im Handel Realität sein. Man darf wie beim Mega-Deal Dello-Dürkop sehr wohl die Frage stellen, ob das, was dabei hinten herauskommt, auch tatsächlich besser ist. Es wackeln da auch einige Große, die noch künstlich beatmet werden. Man rufe sich das Beispiel Kroymans aus dem Jahre 2009 ins Gedächtnis. Ich stehe zur festen Überzeugung, dass die A-B-Händlerkonstellation nach wie vor - je nach Marke und Vertriebsgebiet - die beste Vertriebsform darstellt. Es ist so, dass der familiengeführte Mittelstandbetrieb in Wahrheit für den Kunden am meisten bewirkt. Eben auch als persönlicher Risikoträger des Ganzen. Und den will man auslöschen? Klar, mit ein Prozent Rendite schafft man das! Die stärkste Differenzierung in einem Autohaus wird über die Kundenbeziehung geschaffen. Und wo liegt das größte Potenzial, um das zu generieren? Wirklich nicht bei den Niederlassungen! MB wird sein Verkaufsgeheimnis in dieser Frage 2015 lüften.

Schwacke hatte 2014 den Mut einmal deutlich zu machen, welcher Werteverlust (Restwerte) mit 40 Prozent Tageszulassungen verbunden sind. Es ist erstaunlich, dass einige Vertriebschefs öffentlich die Auffassung vertreten, dass der private Zulassungsanteil rückläufig sei, obwohl sie mit den völlig überzogenen taktischen Zulassungen den Zahlendreher herbeiführen. Das "Meer" der taktischen Zulassungen ist inzwischen so groß, dass durch diese Übermenge auch auf dieser Vertriebsschiene viel zu wenig verdient wird. Wenn hier Deutschlands größter BMW-Händler – Rhein – inzwischen mit einer Nachlassgröße von bis zu 50 Prozent agiert, kriegt sogar Prof. Dudenhöffer weihnachtliche Rechtfertigung. Wer reduziert diesen völlig überzogenen Geldvernichtungswahnsinn?

Das Leben wird digitaler. 2014 ist eine deutliche Öffnung der Branche in Sachen digitaler Vertrieb erfolgt. Eine erfreuliche Entwicklung! Ford machte beispielsweise deutlich, wie der virtuelle Verbund zwischen Hersteller und Handel herzustellen ist. Das eine Bein im Autohaus sollte Online, das andere Offline stehen. Der Präsenzhandelsbonus steht. Internet sorgt weiter – auch im Service - für mehr Transparenz. Die Herausforderung: Den Kunden managen.

Uwe Brosette, u.a. Lehrbeauftragter an der Hochschule für Automobilwirtschaft Geislingen, brachte einen gewichtigen Stein ins Rollen. Nach seiner Auffassung sind die Neuwagen-Verkaufsplattformen nichts anderes als ständige Vermittler der Händler. Hierzu ist die Legitimation der Hersteller und Importeure erforderlich. Ansonsten werde die quantitative Selektion unterlaufen. Das ist ein Kündigungsgrund. Der Hersteller kann also derartige Vermittlungstätigkeiten unterbinden. Es geht nicht um die Verhinderung neuer Vertriebsvarianten, sondern um Spielregeln für einen fairen Wettbewerb. Hier nutzen einige wenige zu Lasten der Vertriebsgemeinschaft schamlos fragwürdige Türen und kungeln mit den Vertriebsverantwortlichen bei Herstellern und Importeuren. Skoda-Chefin Imelda Labbé meint ganz deutlich: "Ich habe kein Verständnis für Praktiken, die unsere Preise kaputtmachen und der Marke schaden." So sollte das in der Tat aussehen. Und der ZDK hat hier mit den Fabrikatsverbänden erste Schritte unternommen. Das gehört aber dringlich beschleunigt.  

2014 ist für zahlreiche Händler festzustellen, dass das Servicegeschäft, sprich die Auslastung, die tatsächlich verkauften Stunden, spürbar abwärts gerichtet ist. Die Delle ist selbst über Preiserhöhung nicht zu schließen. Im Klartext: Wenn zwei Drittel des Gewinns im Service eingefahren werden, das Servicevolumen aber in Gänze rückläufig ist, wird der Verdrängungswettbewerb auf diesem Feld noch markanter. Eben auch gegenüber freien Markenwerkstätten und freien Werkstätten. Die Servicebörsen werden kommen und für größere Transparenz sorgen. Es wird sich da mancher Markenhändler im Servicebereich über eine weitere Marke oder überfabrikatlich aufstellen müssen, u.a. in überfabrikatlichen Glasreparaturen. Wichtigster Akteur im Alltag ist dabei der Serviceberater, der künftig per "E-Check" mehr Zeit für aktive Kundenkommunikation und damit aktiven Verkauf haben wird. 

© Foto: Elsbeth Messmer

Trotz stimmiger Gesamtmenge im Neu- und Gebrauchtwagenbereich müssen wir feststellen, dass die Zahl der Krisenherde in der Branche 2014 weiter angewachsen ist.

Ich sage für die vielen persönlichen Begegnungen im Jahr ganz herzlichen Dank, Dank für das große Vertrauen, das ich erfahren durfte. Ich wünsche Ihnen nicht nur schöne, sondern frohe Weihnachten, eine innere Gestimmtheit mit viel Lebensfreude. Trotz allem! Zu gerne würde ich alles Klagen mit Schwung beiseite schieben und weihnachtlich deutlich machen, welche Energie darin stecken muss, stets das Beste zu erwarten und sich heiter des Lebens zu erfreuen, statt bei Bedenken und Befürchtungen stehen zu bleiben. Auf das Prinzip Hoffnung! Auf die Erwartung des Besten! Auf ein gutes gemeinsamen Jahr 2015!

Mit meinen besten Weihnachtsgrüßen und Wünschen – auf frohe Tage!

Ihr

Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS

www.brachat.de

Prof. Hannes Brachat geht in die verdiente Winterpause und ist am 9. Januar 2015 wieder mit dem "HB ohne Filter" am Start.

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