HB ohne Filter vom 25. Januar 2008
präsentiert von

22. Januar - Dienstag
Pendlerpauschale. Der Bundesfinanzhof hat die Neuregelung Pendlerpauschale zum 1.1.2007 für verfassungswidrig erklärt. Immer wieder ist der normal denkende Bürger darüber verwundert, dass ein Heer gescheiter Parlamentarier – über 50 Prozent mit Beamtenstatus (!) – mehrheitlich eine Entscheidung trifft, die sich anschließend als nicht rechtens herausstellt. Da will offensichtlich eine politische Mehrheit etwas, das rechtsunwürdig ist. Sprich, sie denken und handeln falsch! Das muss nachdenklich stimmen. Warum?
Es steckt u.a. monetäre Gier dahinter. Die reduzierte Pendlerpauschale gehört zur Gattung der geschröpften Melkkuh namens Automobil. Meinte schon der Finanzminster von Ludwig XIV. Colbert: "Man muss die Gans rupfen, ohne dass sie schreit!" Wo bleibt unser Aufschrei?
Mehrwertsteuererhöhung, Benzinpreisentwicklung, die Rücknahme der Subvention von Biokraftstoffen, die 1-Prozent-Regelung für Dienstwagen, Fahrverbote in Innenstädten, Tempolimit-, Mautdiskussionen, Ölpreisentwicklung, CO2-Steuer, Klimadebatte und eine 70-prozentige Steuerbelastung durch Mineral-, Öko- und Mehrwertsteuer auf das Benzin. Für vier Stunden Parken in einem normalen Parkhaus in München werden neun Euro für stehendes Blech eingezogen.
Lassen Sie uns die Gesamtperversion ganz scharf formulieren: Ein Sozialstaat, der den Menschen mehr als die Hälfte des Verdienten über Steuern und Abgaben wieder entzieht, kann dauerhaft nicht erfolgreich sein. Der Normalverdiener arbeitet bis zum 30. Juni eines Jahres für den Staat. Drei Monate müssten eigentlich reichen. Bevor der Normalverdiener nicht netto mehr auf der Hand hat, wird das nichts mit dem Aufschwung.
Rolf Leuchtenberger, Ex-ZDK-Präsident, wandte sich in einem persönlichen Schreiben an unseren Bundespräsidenten, Prof. Dr. Horst Köhler, der sich in der "FAZ" für die Vereinfachung des deutschen Steuersystems eingesetzt hatte. Der Bundespräsident schrieb ihm: "Über Ihre Zeilen und die Unterstützung habe ich mich aufrichtig gefreut. In der Tat können Sie sich darauf verlassen: Ich werde in diesen Fragen nicht locker lassen."
Rahmenbedingungen! Es sind in der Tat am 30. Januar 75 Jahre her, als der Anfang vom Untergang begann. Als damals Reichspräsident Paul von Hindenburg in Potsdam den österreichischen Obdachlosen und Gefreiten Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannte bzw. ernennen musste. Die geschichtliche Königsfrage wird weiter unbeantwortet bleiben, wie das möglich wurde bzw. möglich war. Warum sage ich das so?
1918 musste der letzte deutsche Kaiser, sprich die Monarchie in Deutschland abdanken. Deutschland übte sich über die Weimarer Verfassung bis 1933 erstmals in Demokratie. Der Diktatur folgte ab 1945 abermals die Demokratie. Und siehe da: Unsere Väter und Großväter schafften einen unvorstellbaren Wiederaufbau. Die Mauer fiel. Eine Revolution ohne Blutvergießen. Welch ein Geschenk! Dank an die Politik. Stimmten diese Rahmenbedingungen nicht, wäre all unser automobiles Bemühen auf Sand gesetzt. An verschiedenen Stellen hat man allerdings inzwischen den Eindruck, dass eben die eine und andere grundlegende Rahmenbedingung wackelt. Siehe Steuerabzocke! Der Staat in Summe muss viel mehr sparen!
Mit fragwürdigen Rahmenbedingungen schwindet die Zuversicht. Diese Woche starb Karl Diehl, Rüstungsindustrieller zu Nürnberg. Er wurde über 100 Jahre alt. Als Leitmotiv in der Todesanzeige in "Die Welt" heißt es: "Ein Unternehmen kann nur mit Optimismus geführt werden." Es gibt schon einige – trotz Kurseinsturz – zuversichtlich stimmende Faktoren: 1,5 Mio. Arbeitslose weniger als vor zwei Jahren. Zum fünften Mal Exportweltmeister! Bitte, und die Branche hat mit dem Produkt Automobil weiterhin eine gute Perspektive!
23. Januar - Mittwoch
Vertriebsoptionen. Wir werden in diesem Jahr noch zu diskutieren haben, wie wir uns die Fortsetzung der GVO 2010 vorstellen. Bleibt es beim quantiativen Selektionsprinzip für die Automobilhersteller? Würde dieses aufgelöst, könnten die Hersteller den Vertrieb noch über Standards vorgeben. Lidl oder Edeka könnten bei Standardserfüllung künftig Automobile verkaufen. Wir stellen zur Stunde fest, dass Edeka, Tchibo, Media-Märkte, Baumärkte automobilistisch abstinent sind. Auch der automobile Fernsehverkauf für Zapper wurde wieder eingestellt. Und Prognosen, wonach längst 80 Prozent der Neuwagen über Internet verkauft würden, haben sich nicht erfüllt.
Grauimporteure sind wie gewohnt am Werk. Freie Händler bieten allerdings vermehrt neue Ware an. Am Handel vorbei. Der Direktvertrieb hat – je nach Marke – über die werkseigenen Niederlassungen eine neue Dimension erhalten. Gerade der Direktvertrieb der Hersteller muss auf den Prüfstand. Einige Hersteller/Importeure setzen hier nach wie vor auf Niederlassungen. Andere Hersteller können sich diese gar nicht leisten. Oder andere Niederlassungen wie bei Renault, gingen in Konkurs.
Es gibt ferner auch "verdeckte Vertriebsformate", über die gezielt Überkapazitäten abgedrückt werden. Praktisches Beispiel ist eine für Fiat aktive GmbH in Giebelstadt/Würzburg. Angeblich steckt hinter dieser GmbH der Hersteller Fiat selbst. Man studiere einmal deren Internetauftritt www.Automobil-Outlet.de. Die Namensgebung "Automobil Outlet" bis hin zur Angebotsofferte sprechen eigentlich eine klare Sprache. Da heißt es: Vermarktung von Fahrzeug-Überbeständen zu Discountpreisen, permanenter Direktbezug vom Fahrzeughersteller, etc.
Derartige Formate sind natürlich alles andere als partnerschaftlich für den Handel angelegt. Schlichtweg unsolide. Auch das muss auf den GVO-Analyse-Tisch. Fazit: Bei allen Schwierigkeiten am Markt, das klassische Handelsformat hat nach wie vor das größte Rückgrat beim Kunden. Dritte unterschätzen die Komplexität des Geschäftes.
24. Januar - Donnerstag
VW-Porsche. Quasi lautlos vollzieht sich derzeit die Installation der Holding, mit der Porsche die Macht bei VW übernimmt. Damit stoßen Welten aufeinander. Hier AutoCity, dort in Zuffenhausen immer noch Wiedekings zweigeschossiger Understatement-Backsteinbau. Künftig stellt Porsche im Aufsichtsrat bei 10.000 Mitarbeitern drei Arbeitnehmervertreter, VW bei 300.000 ebenso viele. Porsche produziert pro Jahr 97.000 Fahrzeuge, der VW-Konzern 60 mal soviel, sprich sechs Mio. Ferdinand Piëch erfreut sich am Audi R 8 (420 PS stark, 301 km/h schnell). Wiedeking liebt derartige 911-er Konkurrenz nicht. Der eine liebt die Konkurrenz in eigenen Reihen, der andere lehnt sie ab.
Die Frage wird sein, wie wird sich die Wiedeking-Kultur mit der von Ferdinand Piëch vertragen? Die Konflikte sind programmiert. Bei 70 Mio. Jahreseinkommen ist Porsche-Chef Wiedeking längst finanziell unabhängig. Seine eigene Immobilienfirma wäre für Wendelin Wiedeking auch ein künftiges Betätigungsfeld. Freiheit schafft Kreativität. Soviel zum Leitmotiv unserer Kanzlerin.
25. Januar - Freitag
Garantie-Generalstreik. Im Leitartikel AH 1/2 habe ich dazu aufgerufen. Dazu gab es ganz unterschiedliche Reaktionen. Es ist so, dass nicht jede Marke sich in Garantiefragen schäbig verhält. Die Zahl der unmöglichen Varianten steigt allerdings. Auto-Bild schreibt: "Die braune Pest (Rost, Anmerkung der Redaktion) kehrt zurück, weil die Hersteller überall sparen." Es kann nicht sein, dass Hersteller zehnjährige Durchrostungsgarantien geben und danach nichts davon wissen wollen - wie Ford. Peugeot hat gar die Regelung, dass zehn Prozent der Garantien der Revision unterworfen werden. Das eruierte Ergebnis wird dann für die weiteren 90 Prozent hochgerechnet und möglicherweise nachberechnet.
Renault schwindelt den Kunden noch massiver an. Man bewirbt eine Dreijahresgarantie für Neuwagen. Für Verschleißteile gelten aber - so das Kleingedruckte - zwölf Monate. Eine Batterie, die nach 16 Monaten ihren Geist aufgibt, wird von Renault nicht vergütet. Das alles schafft hohe Kundenzufriedenheit! Zu Lasten des Handels. Noch mehr, es werden mit System massive Kosten auf den Handel verlagert. Der Generalstreik meint, der Handel schickt die Kunden in einschlägigen Garantieangelegenheiten in die Niederlassungen vor Ort oder vor die Werkstore der Hersteller/Importeure.
Die Lösung: Jeder Hersteller/Importeur bildet für die Neuwagengarantien Rückstellungen. Sie liegen pro Neuwagen zwischen 250 und 350 Euro. Ein Händler mit 100 verkauften Neuwagen kommt auf ein Garantieantragsvolumen p.a. zwischen 25.000 und 35.000 Euro. Wer außerhalb dieser Bandbreite agiert, sollte dies solide belegen können. Alles andere ist herstelleroptimierter Garantieterror und gehört eben per Generalstreik sofort ad absurdum geführt.
Die Lügen gehen weiter. Es wurden 2007 diverse Hersteller aufgerufen, deren Fahrzeuge nachweislich bis zu 53 Prozent höheren Spritverbrauch ausweisen als dies in den Hochglanzbroschüren abgedruckt wird. Wer macht so etwas? Ganoven! Auch das schafft eine verdammt hohe Kundenzufriedenheit.
Spruch der Woche:
"Denken Sie 1-Mal am Tag daran,
was Sie im Leben erreicht haben -
das entspannt."
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Wallibelli
Hans Brennsteiner jr.
Erich Scholz
Gerhard Meurer
Rick Marlowe Investigations
Hans Dallmeier