HB ohne Filter vom 30. Mai 2008
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Heute mit den Themen: GVO-Konsultationsprozess 2010 eröffnet, Mitarbeiter finanzieren Lehrstelle, ESA, Rheinländische Verbandsnummer und Gysi abermals schwer belastet
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26. Mai – Montag
GVO-Konsultationsprozess 2010 eröffnet. Diese Woche hat die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes – wie lange zuvor angekündigt – den Evaluierungsbericht der EU-Kommission zur laufenden GVO 2002 vorgelegt. Darin kommt Brüssel zu der Aussage, "dass eine flexiblere, stärker an den allgemeinen Grundsätzen für vertikale Beschränkungen orientierte Regelung, wie derzeit in der Verordnung 2790/1999 (Schirm-GVO) reflektiert, einen gleichwertigen Wettbewerbsschutz auf dem Markt gewährleistet hätte". Offensichtlich möchte Brüssel die GVO 2002 in der auch neu zu gestaltenden Schirm-GVO 2010 aufgehen lassen. Die Behörde betont, dass mit der aktuellen Vorlage keine endgültige Entscheidung getroffen wurde.
Damit ist die eigentliche Phase der GVO-2010-Diskussion eröffnet. Bis zum 31. Juli 2008 können weitere Stellungnahmen via Brüssel abgegeben werden. Cecra-Präsident Prof. Dr. Jürgen Creutzig, derzeit im Urlaub, wird sich da sicher dransetzen und EU-weite Koordinationspolitik für die Fortsetzung der kfz-spezifischen GVO treiben. Der komplette Evaluierungsbericht – 16 Seiten stark – steht unter www.autohaus.de zum Abruf in deutscher Sprache zur Verfügung. Freuen sie sich auf einen eloquenten Juristentext. Da klingt jeder Satz wie eingängige Musik und ist so richtig verständlich!
27. Mai – Dienstag
Mitarbeiter finanzieren Lehrstelle. Im bayerischen Au am Inn, zugehörig zur Gemeinde Gars, hat "Automobile Losbichler" als weißblauer Mehrmarkenfachbetrieb seine Wirkungsstätte. Die IG Metall wie die Branche möge mal hinhören: Die drei Gesellen des Kfz-Betriebes, Toni Schöberl, Lorenz Kohwagner und Peter Lohr, erklärten sich bereit, täglich kostenlos eine Viertelstunde länger zu arbeiten, wenn der Chef eine Ausbildungsstelle für Christian Enna schafft. Firmenchef Hans Losbichler zog mit. Enna hat inzwischen seinen Mechatroniker gemacht und wird jetzt sogar im Betrieb übernommen. Die Mitarbeiter halten an ihrer bisherigen Zusage für die 15-minütige Mehrarbeit pro Tag fest, so dass Firmenchef Losbichler ab Herbst wieder eine Ausbildungsstelle anbieten wird. Zur Nachahmung empfohlen!
28. Mai – Mittwoch
ESA, Einkaufsorganisation des Schweizerischen Auto- und Motorfahrzeuggewerbes Einkaufsgenossenschaft Schweiz. Heute traf ich in Interlaken (Berner Oberland) auf ein einmaliges Branchenereignis. Die ESA, Einkaufsorganisation für die Schweizer Garagisten mit 7.200 Miteigentümern, hatte zur Generalversammlung geladen. 1.200 Teilnehmer trafen sich zu diesem einmaligen Branchenevent! 1.200! Darunter Groß- wie Kleinbetriebe, von allen Marken. International arbeitet die ESA mit Tecar, dem internationalen Verbund der Techno zusammen. Dr. Martin Plüss, Verwaltungsratspräsident der ESA, ist zugleich der Vorsitzende von Tecar. Man kann nun sagen, ein derart wuchtiges solidarisches Einkaufsbündnis lässt sich nur in der Schweiz machen. Deutschland ist dafür flächenmäßig zu groß. So gibt es in Deutschland eben diverse Einkaufskooperationen. Eigentlich sollte sich das aber im Interesse der gesamten Kfz-Betriebe (Autohäuser und Freie Werkstätten) viel stärker hin zu größeren Einheiten konzentrieren.
Beispiel: Was wäre als geschlossener Einkaufsverbund in Sachen Strom-, Gas-, Versicherungstarife, Werkzeugeinkauf, Mineralöl, Werkstatteinrichtung, IT-Systeme, Mitarbeiterbekleidung usw. machbar? Eigene Energieerzeugung auf den Betriebsdächern, Entsorgungsfragen usw. Weshalb erhalten die Tankstellen auf EC-Kartenabbuchungen einen Kostenvorteil von 1,5 Prozent? Von unseren EC-Kartenabbuchungen werden zwei Prozent einbehalten.
Die Techno feiert nun ihr 40. Gründungsjubiläum. Es wäre sicher sehr sinnvoll, den relativ geschlossenen Gesellschafterkreis spürbar auszubauen. Die Techno könnte zu dem werden, was die ESA in der Schweiz bereits ist.
29. Mai – Donnerstag
Rheinländische Verbandsnummer. Am 30. August 1946 wurde das Land Rheinland-Pfalz als letztes Bundesland in der jungen Bundesrepublik Deutschland geschaffen. Die letzten Landesvereinigungen, die bis heute unter dem ZDK-Dach landespolitisch nicht vereint sind, sind hier der Landesverband Rheinland mit Sitz in Koblenz und der Landesverband Pfalz mit Sitz in Kaiserlautern. Im Onlineauftritt des ZDK findet man unter der Rubrik Landesverbände ganz schlicht die Bezeichnung "Rheinland und Pfalz", nicht Rheinland-Pfalz. Was ein kleiner Gedankenstrich an Bedeutungsgehalt haben kann! Sucht man dort personifizierte Information zum jeweiligen Landesverband, sucht man vergebens. Die wahren Gründe dafür wurden jetzt erneut unterm Tisch gehalten.
Am 6. Mai wurde bei der Delegiertenversammlung des Landesverbandes Rheinland Susanne Lange auf Vorschlag des Vorstandes zur neuen Geschäftsführerin gewählt. Sie wurde zur Nachfolgerin des langjährigen Geschäftsführers Wolfgang Gottschalk erkoren. Gottschalk, heute 67 Jahre alt, hatte mit 65 um die Verlängerung seines Vertrages um weitere zwei Jahre angehalten. Dem wurde damals entsprochen. Die zwei Jahre sind um. Zukünftig steht Gottschalk bis auf Weiteres noch drei Tage in der Woche als Mitarbeiter zur Verfügung. Außerdem bleibt Gottschalk weiterhin als Geschäftsführer der "Fördergesellschaft des Kfz-Gewerbes m.b.H." im Amt.
Es ist ja erfreulich, wenn personelle Entscheidungen in Verbänden auch menschliche Besonderheiten berücksichtigen. Mit dem Amtswechsel Gottschalk-Lange hätte aber endlich die überfällige Chance zur Fusion der beiden Verbände bestanden. Man stelle sich einmal den finanziellen Mehraufwand durch zwei Vorstandschaften wie Geschäftsstellen vor, hier in Koblenz, dort in Kaiserslautern, – und sitzen müsste der Landesverband eigentlich in Mainz. Der abermalige Verhinderungsgrund für die Fusion liegt nun wieder in dem ganz pikanten Phänomen, dass Lange seit Jahren die Lebensgefährtin von Gottschalk ist. Geht dieser "Gottschalk-Versorgungs-Verein" nicht doch zu weit?
Als betroffene Innung würde ich meine Umlage an den Landesverband sofort einstellen, bis eine vernünftige Fusionslösung geschaffen ist. Präsident Wolfgang Wirtsch (Rheinland), inzwischen ohne Kfz-Betrieb im Amte, tut sich zusammen mit seinem Vorstand mit derartigen Kungellösungen wirklich keinen Gefallen. Hinter dem Präsidenten der Pfalz und zugleich Sprecher der MB-Vertreter, Dr. Peter Ritter, hätte ich mehr Weitsicht und Sinn für klare wie sauberere Lösungen vermutet. Lange wird jetzt gleichermaßen – wie Gottschalk – auf ein lange Lösung setzen! Und wer bezahlt diese weder vorwärts, noch aufwärts, sondern nur rückwärts gerichtete Variante? Die Kfz-Betriebe in Rheinland-Pfalz scheinen noch zu gut zu verdienen.
30. Mai – Freitag
Gysi abermals schwer belastet. Es ist gut zehn Jahre her. Damals empfahl mir der Geschäftsführer der deutschen Mineralölmarke Veedol, Franz K. Paulssen, einen Besuch bei Europas größtem Mitsubishi-Händler in Berlin-Hohenschönhausen. Als dort mein Besuch endete, fragte ich den Geschäftsführer, was das denn für eine Gedenkstätte in unmittelbarer Nachbarschaft sei. Er redete nebulös drumherum. Also musste ich hin. Liefen Ihnen bei einer "Museumsführung" schon einmal die Tränen?
Berlin-Hohenschönhausen ist heute Stasi-Gedenkstätte. Es war in Folge des Berlin-Aufstands 1953 Stasi-Gefängnis und wurde unmittelbar nach Grenzöffnung 1989 als militärischer Sperrbezirk ausgewiesen, Akten und Gefängniszellen bewusst vernichtet bzw. unkenntlich gemacht. 2.500 Inhaftierte wurden hier im Laufe der Jahre ihres Menschseins beraubt. Jetzt hat man das Gefängnis als Museum wieder aufgebaut und ehemalige Inhaftierte als Zeugen an den Ort der Schande zurückgebeten. Ganze 70 waren dazu psychisch überhaupt in der Lage.
Einer der Inhaftierten machte nun die Führung und schilderte die Aufmachung der Zellen. An 21 Stunden mussten die Inhaftierten in der Zelle stehen. Während des "Schlafs" schaltete ein Wächter alle fünf Minuten eine 300 Watt-Birne zu. Chinesische Massage, Türpressen usw. Die Wachhabenden waren alle Stasi-Offiziere. Sie verdienten damals über 3.000 Ost-Mark. Ein DDR-Lehrer 1.500. Ihre heutigen Renten erhalten diese Offiziere aufgrund ihres damaligen privilegierten Verdienstes.
Die Inhaftierten, die sie drangsalierten, deren Akten vernichtet wurden, – sie leben heute mangels Nachweise vielfach von der Mindestrente. Und wer in Hohenschönhausen einsaß, ist heute, so er überlebte, ein psychisches Wrack. Meine Frage an den Museumsführer, ob es denn da keine Anwälte gab, lautete dessen Antwort: "Doch, aber nur von der Stasi privilegiert." Dazu gehörte auch Lothar de Maiziere, um die Abwicklung des sozialistischen Staates DDR verdienter CDU-Politiker Ost. Wegen ungeklärter Vorwürfe über Stasi-Kontakte musste er 1990 als Bundesminister zurücktreten.
Und Gregor Gysi? Gysi hat es bis heute durch zahlreiche Klagen verstanden, dass es kaum noch einer wagt, ihn als Stasi-Spitzel zu bezeichnen. Jetzt scheint es abermals ganz eng um Gysi zu werden. Nach Einschätzung der Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, hat Gysi der Stasi zugearbeitet. Neueste Akten beweisen das. Gerne würde man von dieser Behörde auch einmal mehr Klarheit zum Stasi-Vermögen erhalten. Lichtenstein scheint dagegen noch eine lockere Veranstaltung zu sein. Rainer Eppelmann, der als Chef der Bundesstiftung Aufarbeitung des SED-Unrechts fungiert, meint: "Eine echte Überraschung wäre es nämlich nur, falls irgendwann zweifelsfrei festgestellt würde, dass Gysi nicht für das MfS gearbeitet hätte." Wie lange dürfen die "Gysis" bei uns eigentlich in der ersten Reihe sitzen? Wo, Herr Gysi, bleibt ihr aktiver Beitrag zur echten Aufklärung? Sich als Opfer des Systems darzustellen, ist immerhin auch bei diversen Marine-Richtern gescheitert. Wo bleibt Gysis Distanzerklärung zum Stasi-Wirken? Oder gehört dieses Verhalten zum kommunistischen SED-Stil der neuen Linken?
Wer die schönen Seiten von Berlin besucht hat, möge sich Hohenschönhausen anschauen. Unglaublich, was hier mit Menschen noch vor kurzer Zeit auf deutschem Boden im Nachgang zum Dritten Reich gemacht wurde. Unfassbar, die Ulbricht- bis Honecker-AG. Die freie Presse, vom Spiegel bis zur SZ und Fokus, man scheut in Sachen Stasi die Berichterstattung. Man lebt offensichtlich immer noch gefährlich.
Spruch der Woche:
"Das Ölzeitalter wird genauso wenig wegen plötzlichen Ölmangels zu Ende gehen, wie die Steinzeit aus Steinemangel geendet hat." (Christian Weisbrich)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
J.F.(K.)