HB ohne Filter vom 8. Juli 2011
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Heute: Rollenwechsel
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Rollenwechsel! Zum 1. Juli 2011 stand bei AUTOHAUS eine Zäsur an. Deren Motto: "Wem die Stunde schlägt!" Nachdem ich davon selbst maßgeblich betroffen bin, erlauben Sie mir bitte heute einige – auch sehr persönliche – Anmerkungen. Nach 28 Jahren AUTOHAUS-Tätigkeit – zuerst als Chefredakteur (1984), ab 1994 als Herausgeber von AUTOHAUS – habe ich nun die erste Verantwortung "für das Ganze" an meinen Nachfolger und Wunschkandidaten, Chefredakteur Ralph Meunzel, übergeben. Ralph Meunzel ist damit seit 1. Juli erster verantwortlicher Ansprechpartner für die Belange von AUTOHAUS.
Stufen
Wer durch den Nordschwarzwald fährt, kommt zwangsläufig auf dem Weg nach Pforzheim über Calw. Dort wurde 1877 nicht nur mein Lieblingsdichter Hermann Hesse geboren. Calw ist zugleich der Standort der BFC (Bundesfachakademie für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe Calw), an der ich seit 1978 mit viel Herzblut hänge, jährlich mindestens einmal vor Ort bin und auf unvergessliche, weil einmalige Erlebnisse zurückblicken darf. Das gilt gleichermaßen seit 1994 für die BFC in Northeim. Die haben aber Hermann Hesse nicht. In meinem Lieblingsgedicht „Stufen“ schreibt Hermann Hesse:
"Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht,
blüht jede Lebensstufe.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne.
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden …
wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!"
Eine neue Lebensstufe steht für mich an. Ich habe sie aus freien Stücken gewählt. Meinen Lehrauftrag an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen nehme ich seit 1991 wahr. 2002 wurde ich dort zum Professor berufen. Donnerstags und freitags nehme ich meine Aufgaben als Hochschullehrer wahr. Die Hochschultätigkeit war ab 2002 zugleich ein erster Schritt für das verlagstechnische Loslassen. AUTOHAUS wurde dann 2010 von der Deutschen Fachpresse als "Fachmedium des Jahres 2010" ausgezeichnet. Welch ein Leuchtturm für einen Herausgeber! Das ist wie ein Deutscher Meistertitel. Besser kann es also nicht mehr werden. Nachdem Chefredakteur Ralph Meunzel 2012 seinen 50. Geburtstag feiern wird und ich die Erfahrung machen durfte, dass das Dezennium zwischen 50 und 60 i.d.R. die schönsten und besten Jahre im Leben darstellen, wollte ich rechtzeitig den Stuhl für meinen Nachfolger freimachen. Ich arbeite mit Ralph Meunzel seit über 20 Jahren Hand in Hand zusammen. Und so soll es auch zukünftig bleiben. Aber in einer anderen Rolle.
Vom "heiligen Zorn"
Heraklit, ein griechischer Denker sagte schon 500 Jahre vor Christus: "Der Kampf ist der Vater aller Dinge!" Wir haben gemeinsam viele Kämpfe gefochten. Und das setzen wir fort. Es gab in 28 Jahren AUTOHAUS in der Tat zahlreiche (Branchen-)Kämpfe auszutragen, von der Händlerzufriedenheit, der Händler-Herstellerbeziehung, der GVO 1985 ff., der Händlerrendite bis zur Garantieabwicklung, dazu auch zahlreiche Einzelfragen. Nicht immer fielen unsere Antworten dazu zufriedenstellend aus. Jeder von uns trägt als Mensch über sein Naturell einen gefügten Rahmen, weshalb es nie gelingen wird, aus einem Ackergaul ein Rennpferd zu machen. Ja, es ist mir bei Gott nicht immer gelungen, meine Emotionen über die Vernunft einzufangen. Zu oft packt mich der "heilige Zorn"! Wenn – wie in der vergangenen Woche geschehen – eine Herstellerbank bei der Eröffnung des Konkursverfahrens über einen Händler die rechtmäßig erworbenen Prämien für die Verkäufer rigoros mit dem Kommentar streicht: "Sie können ja dagegen klagen. Das wird sich aber drei Jahre, einschließlich der zweiten Instanz, hinziehen", dann packt mich der Zorn. Das nennt man Markenprägung für Markenbotschafter!
Das hohe Gut der Meinungsfreiheit
Nachdem ich dem Verlag in 28 Jahren ganze 2.000 Euro Anwaltskosten verursacht habe, empfinde ich das als "Ehrenmitglied im Verein für deutliche Aussprache" zumindest als Bestätigung für eine angemessene Streitkultur. Als mich diese Woche ein hochrangiger Deutschlandchef eines Herstellers zu einem Beitrag ansprach und mit der Aufkündigung der Zusammenarbeit drohte, nahm ich mir einmal mehr die Freiheit, um ihn an den Artikel 5 unseres Grundgesetzes, auf die Meinungs- und damit die Pressefreiheit zu verweisen. Es hat sich in der Branche ein gigantisches Mimosentum ausgebreitet, ein Beleidigtsein, das alles andere als Offenheit oder gar Kritikfähigkeit zeigt. Konflikte sind die Mutter des Fortschrittes! Ich sage das in Richtung mancher – bitte nicht aller (!) – Presseabteilungen der Hersteller und Importeure, den Hofnarren der Neuzeit.
Es war und ist mir ein großes Anliegen, über das Magazin AUTOHAUS Zeit Gedankenfreiheit zu schaffen. Also, Liberalität und Weltoffenheit, Zuverlässigkeit und Fairness, dazu einen ausgeprägten Sinn für journalistischen Stil und Qualität. Die Zeitungslandschaft verändert sich durch die digitalen Medien dramatisch. Manch ein Leser begnügt sich heute mit der Lektüre von AUTOHAUS Online, dem führenden Newsportal der Branche. Wir waren damit in der Branche 1998 Vorreiter. Für die tieferen, breiteren und individuelleren Berichte und Interviews, die wir hingegen im Magazin AUTOHAUS anbieten, mag sich mancher Branchenakteur keine Zeit mehr nehmen. Das hat mit der Informationsflut zu tun. Eine Überforderung. Dennoch: Wachsende Komplexität lässt sich nur über die richtigen Informationen und geeignete Mitarbeiter bewältigen.
Das AUTOHAUS-Magazin der Zukunft
Die Frage steht: Welche Auswirkungen wird die globale Digitalisierung auf die Medien haben? Ferner, wie werden wir uns künftig mit Informationen versorgen? Der papierene Teil ist auf dem Wege zu verschwinden. Wird jedes Autohaus am Tage X die Informationen auf elektronischem Wege erhalten, seine eigene Zeitung erstellen und individuell an die betroffenen Abteilungen selektiert weiterleiten? Nicht mehr Journalisten wählen dann die Nachrichten für Sie aus, sondern Sie selbst. Aus traditionellen und neuen Quellen.
Dennoch gilt: Die Branche braucht guten Journalismus, weil nur gut informierte Akteure intelligente Entscheidungen über ihre Zukunft treffen können. Und die Prinzipien guten Journalismus werden weiterhin Gültigkeit haben: Gründlichkeit, Genauigkeit, Fairness, Unabhängigkeit, nimmer endende Neugier, Transparenz und der Respekt vor dem Leser. Fazit: Qualitätszeitungen wird es weiter geben. Sie sind aber nur ein Kanal unter vielen. Modernere Kommunikationswege – virtuelle, auditive oder die TV-Schiene – kommen dazu.
Der Dank von Herzen
Ich habe für 28 Jahre Branchenwirken vielfach und wirklich von Herzen Dank zu sagen. Zuerst an all unsere Leser, Anzeigenkunden, Buch- und Formularkäufern, an unsere Seminar- und Kongressbesucher. Nachdem ich einem Landmaschinen- und Automobilbetrieb entstamme, habe ich von jungen Jahren an die "Seele" eines familiär geprägten Autohauses in all seinen Facetten erfahren. Da gab es werktags kein gemeinsames Mittagessen, das nicht von betrieblichen Inhalten und Arbeitsdelegation geprägt war. Ich darf sagen, bereits in jungen Jahren – ich möchte wirklich nicht von Kinderarbeit sprechen – sämtliche Tätigkeiten in einem Autohaus selber praktisch ausgeführt zu haben: Vom Wechsel ausstellen bis zum Einräumen der Monatsbestellung im Teilelager, vom Autoverkauf bis hin zum Käfermotor aus- und einbauen. Dieses praktische Rüstzeug ist mir heute noch Maßstab für die Beurteilung, ob eine Innovation für ein Autohaus Sinn macht oder nicht. Mein Herzensdank gilt meinen Eltern und all meinen Geschwistern. Meinem Vater für das Vorleben von Disziplin. Meiner Mutter für die besondere Gabe der menschlicher Kommunikation.
Ich komme zu unseren Lesern zurück. Es gab unzählige Gespräche, in denen ich die Sorgen und Anliegen vieler Betriebe erfahren durfte. Es gab ganz besondere Erfahrungen rund um das Thema Vertrauen. Ich habe dem Zuhören gerne Aufmerksamkeit gewidmet. Oft standen in den Gesprächen herbe Schicksale dahinter, die einen sprachlos machten. Sprich, ich wusste immer wieder trotz gutem Willen keinen substanziellen Rat zu geben. Diese Besonderheit, dass letztlich jeder sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und lösen muss, hat mich stets nachdenklich gestimmt und demütig gemacht. Es ist für mich die schlimmste Erfahrung, wenn sich Menschen bzw. Unternehmer mühen und wirklich arbeiten, ihnen aber der Erfolg nicht beschieden ist. Besonders, wenn im einen oder anderen Fall ein gezieltes Vernichten dahinter steht. In der Gesellschaft der mittlerweile 6,7 Milliarden Menschen wird es immer Konkurrenz, Ungleichheit und Unfrieden geben. Dennoch darf man das nicht einfach hinnehmen. Ich sage Dank für wirklich viele und einmalige Begegnungen. Ich durfte dabei menschlich viel Großartiges erleben. Sie nehmen mir bitte ab, dass genau das der Punkt ist, weshalb ich bis heute leidenschaftlich, mit Überzeugung und mit großer Freude nach wie vor für die Branche kämpfe.
Helmuth H. Lederer
Ich habe ganz besonderen Kunden und gewachsenen (Branchen-)Freunden zu danken. Helmuth H. Lederer, der Eurotax-Schwacke zu dem gemacht hat, was es in der Blütezeit war, ein Mann, der auch als Verleger bis heute ein Stück Handelsgeschichte schrieb, war mir von meinem Brancheneintritt 1978 bis heute ein außergewöhnlicher Begleiter, Mitdenker, Förder, Ratgeber. Einfach Freund! Er stellte 2002 das Geld für eine Stiftungsprofessur an der Hochschule in Geislingen zur Verfügung. Im Klartext: Ohne ihn, ohne seine Großzügigkeit wäre ich nie Professor geworden. Ich darf sagen, dass mir die Tätigkeit an der Hochschule in Geislingen bis heute große Freude macht. 1991 haben wir in Geislingen mit 40 Studenten begonnen. Heute sind es 1.400! Allerdings nicht nur Automobilwirtschaftsstudenten. Inzwischen gibt es in Geislingen sechs Automobilwirtschaftsprofessoren. Das ist in Sachen Automobilwirtschaft mit betriebswirtschaftlicher Ausrichtung die bestbesetzte Hochschule in Deutschland. Prof. Dr. Willi Diez und Prof. Dr. Stefan Reindl, der gesundheitlich zur Stunde unserer aller Genesungswünsche bedarf, haben hier Branchen-Maßstäbe gesetzt. Helmuth H. Lederer gehört auch zu den ganz großen Förderern der Studentenverbindung "Automobilia".
Wird in England ein Herr in den Adelsstand gehoben, wird er mit dem Ehrentitel "Sir" geschmückt. Bei den Damen lautet der Titel "Lady". Zu ihrem 40. Bankenjubiläum hat AUTOHAUS Marion Johl, die Generalbevollmächtigte der Santander Consumer Bank AG in den Adelsstand erhoben. Nach fünf Jahren Eurotax-Schwacke trat die Santander in die Finanzierung meiner Stiftungsprofessur ein. Dank sage ich an den damaligen Vorstandsvorsitzenden Andreas Finkenberg, Hermann Malso und eben an "Lady Marion", alias Marion Johl. Heute hat der Verantwortliche für das Automobilgeschäft der Santander, Herr Thomas Hanswillemenke, die materielle Last zu tragen. Ich sage das in aller neutralen Deutlichkeit: Die Branche braucht gerade die Autospezialbanken als Kontrapunkt zu den Herstellerbanken. Es geht in der Marktwirtschaft immer wieder um die Gleichgewichte, um fairen Wettbewerb.
Es ragen weitere Persönlichkeiten in einer langjährigen Verbundenheit zu AUTOHAUS heraus. Allen voran die Herren Wirtschaftsprüfer Karl Rath und Diethard Anders, dann Jurist Gernot Haug, die AUTOHAUS seit der Gründung im Jahre 1957 verbunden sind und bis heute über ihre Nachfolger den großen Bereich "Steuer" und "Recht" branchenführend abdecken. Zwei Freunde brachte ich ab 1983 zu AUTOHAUS als freie Autoren mit. Martin Dieter Herke und Erwin Wagner. Erwin Wagner ist heute meistgelesener Buchautor unseres großen branchenspezifischen Verlagssortimentes. Beide Herren ließen mich erfahren, was Treue zu bewirken vermag. Tausend Dank!
Ich darf in 28 Jahren auf nur 14 Krankheitstage zurückblicken. Ich meine die physischen Krankheitstage. Die psychischen seien ausgeklammert. Auch sie gehören zum wahren Leben. Die wenigen Fehltage zeigen, dass ich in meiner Arbeit viel Sinn gefunden habe, dass ich meine Aufgaben sehr gerne gestaltet habe. Ich gelte als unermüdlicher Arbeiter. Eigentlich wollte ich beruflich etwas anderes machen, gehöre aber heute zu den Glücklichen, die sagen können, ihre Arbeit sei ihr Hobby. Ja, mein Beruf ist mir zur Berufung geworden. Selbst in den Ferien „arbeite“ ich. Das heißt: Ich lese, studiere, schreibe, arbeite gerne im Garten, bewege mich auf dem Rad, gehe Schwimmen, höre und mache Musik, übe als Stadtorganist von Iphofen auf einer Orgel, die 250 Jahre alt ist, mache mit meinen Buben Tagesausflüge und das alles in einer schönen Landschaft und frischer Luft. Trotzdem bin ich kein "Workoholic". Ich arbeite leidenschaftlich, aber nicht verbissen. Und so wird es auch bleiben. Ich werde sowohl in AUTOHAUS weiter meine Beiträge liefern. Eben auch an dieser Stelle, in meinem Wochenendkommentar, den ich seit 1998 schreibe. Ich wünsche mir zukünftig mehr Muße. Das ist nicht gleichzusetzen mit Müßiggang, Trägheit oder gar Faulheit. Sie umfasst auch Entspannung, Freizeit, Spiel, Sport, Ruhe und viel Musisches. Bleiben sie mir bitte weiter gewogen. Auf eine gute, gemeinsame Zukunft!
Dankbar
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Hiroshi Taguchi, Geschäftsführer von Mitsubishi Deutschland überreichte mir am 22. Juni 2011 im Autohaus Peter zu Göttingen für 30-jähriges Branchenwirken die Mitsubishi-3-Diamantennadel. Zu gut erinnere ich mich an den Mitsubishi-Diamanten-Club und die Mitsubishi-Ära um Hans Trapp-Dries. Hans Trapp-Dries gehörte für mich zu den Vorzeigemanagern die zeigten, dass es auf die Menschen ankommt, die etwas tun! Ich war ein großer Fan seiner geistigen Gaben. Wer immer auch im Hause Mitsubishi an die Nadel für mich dachte, ich habe mich über dieses "Trapp-Dries-Symbol" sakrisch gefreut.
Wilfried-Wilhelm Anclam, Deutschlands größter und erfolgreichster freier Automobilhändler, Inhaber der Autowelt in Leipzig-Brehna, auch als "Auto-Aldi-Nord" tituliert, übergab mir am 30. Juni 2011 der Hochschule in Geislingen einen Scheck in Höhe von 10.000 Euro. Anclam: "Sie haben für die Branche so viele Impulse gesetzt. Ich möchte diesen Impuls setzen, damit sie gerade an der Hochschule weitere Projekte für die Branche angehen können." Derartige Großzügigkeit macht einen sprachlos. Mr. Anclam, ganz herzlichen Dank!
Manfred Fraenkel
multidix
Erwin Wagner
A. Lauerer
Heinrich Palitsch
Thomas Wagner