Marktprognose 2020/2021: Erholung in Sicht

Der Automobilmarkt schrumpft in diesem Jahr mit 21 Prozent aufgrund der Corona-Pandemie so stark wie noch nie. Mit 2,85 Millionen Pkw ist es das niedrigste Niveau seit der Wiedervereinigung.Dabei unterscheiden sich die beiden Halbjahre deutlich in ihrer Entwicklung. Im ersten Halbjahr ist die Neuzulassungsentwicklung deutlich eingebrochen, mit besonders schwachen Monaten März und April, durch den zeitweise verordneten Lockdown und die Schließung des stationären Handels. Von Januar bis Juni 2020 wurden insgesamt nur 1,21 Millionen Pkw zugelassen, was gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode einen Rückgang von 34,5 Prozent bedeutet.Ausgehend von einem sehr niedrigen Verkaufsniveau zur Jahresmitte steigt die Nachfrage im zweiten Halbjahr. Mit 1,64 Millionen Pkw wird sie nur noch um minus 6,7 Prozent unter der entsprechenden Vorjahresperiode liegen (siehe Abb. 1).Staatliche MaßnahmenDie im ersten Halbjahr durchgeführten Maßnahmen der Bundesregierung wie Kurzarbeitergeld und Liquiditätshilfen für Unternehmen halfen Entlassungen und Insolvenzen während des Lockdowns zu vermeiden. Nach Lockerung der gesundheitspolitischen Maßnahmen und mit Hilfe des im Juni verabschiedeten Konjunkturpakets wird die wirtschaftliche Aktivität im Verlaufe des zweiten Halbjahres wieder zunehmen. Jedoch wird die Wirtschaftsleistung bei weitem nicht das Vorkrisenniveau erreichen, so dass insgesamt das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 6,9 Prozent zurückgehen wird.Treiber im zweiten Halbjahr 2020Die Pkw-Nachfrage wird im zweiten Halbjahr neben den verbesserten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch verschiedene Faktoren gestützt, die das prognostizierte Wachstum der Neuzulassungen erwarten lassen:- Nachholen von verlorengegangenen Käufen, die durch die temporäre Schließung des stationären Handels und der Unklarheit über mögliche Prämien der Bundesregierung für Verbrenner-Fahrzeuge entstanden sind;- die Senkung der Mehrwertsteuer generiert zusätzliche Käufe im zweiten Halbjahr und Vorzugskäufe gegen Ende des Jahres:- Intensivierung der Verkaufsfördermaßnahmen: Hersteller und Handel werden mit höheren Rabatten (z. B. Schenkung der gesamten MwSt.) und höheren Verkäufen über Tageszulassungen ihren Absatz ankurbeln;- höhere Prämien für batterieelektrische Autos (BEV) und Plug-in-Hybride (PHEV), die im Konjunkturpaket beschlossen wurden, werden zu steigenden Neuzulassungszahlen führen;- strengere CO2-Grenzwertregelungen in 2021 werden gegen Ende dieses Jahres zu höheren Zulassungen von Fahrzeugen mit relativ hohen CO2-Werten führen;- höhere Zulassungen gegen Ende des Jahres von Fahrzeugen mit hohem CO2-Ausstoß aufgrund der Änderung der Kfz-Steuer zum 1.1.2021. Die Kfz-Steuer erhöht sich deutlich bei Fahrzeugen mit hohem CO2-Ausstoß.Marktprognose für 2021Im kommenden Jahr werden die Neuzulassungen unter der Voraussetzung, dass es zu keiner zweiten Welle der Corona-Pandemie kommt, weiter zunehmen. Die wirtschaftliche Erholung wird sich weiterfortsetzen. Die Arbeitslosigkeit wird wieder rückläufig sein, die Einkommen erholen sich und die Unternehmen werden aufgrund der verbesserten Absatzaussichten im In- und Ausland wieder investieren. Die Wirtschaft wird um 4,8 Prozent in 2021 wachsen. Jedoch wird auch mit dieser Wirtschaftsleistung das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht sein.Dies wird zu einer Erholung der Pkw-Nachfrage führen. Auch hier wird das Niveau der Vorkrisenzeit noch nicht erreicht sein. Die Pkw-Neuzulassungen werden gegenüber 2020 um 12,3 Prozent auf 3,2 Millionen Einheiten steigen.Die ersten Monate in 2021 werden noch von den oben beschriebenen Vorzugseffekten negativ beeinflusst. Gegen Ende des Jahres ist mit überproportional starken Zulassungen von BEV und PHEV zu rechnen, da die Erhöhung der Elektroprämie, wie sie im Konjunkturpaket beschlossen wurde, ausläuft.Entwicklung nach VertriebskanälenDer Privatmarkt wird in diesem Jahr um 25,2 Prozent einbrechen. Die rückläufigen Einkommen und der sich verschlechternde Arbeitsmarkt senken die Kaufbereitschaft der Verbraucher.Auch die Unternehmen werden sich angesichts der Unsicherheit über die zukünftigen Absatzaussichten und der sinkenden Unternehmensgewinne im laufenden Jahr auf die notwendigsten Ersatzinvestitionen beschränken - und dementsprechend weniger neue Maschinen, Geräte und Fahrzeuge anschaffen. Die Flottenzulassungen werden um 20,1 Prozent zurückgehen.Die taktischen Zulassungen werden nicht so stark sinken (-16,2 Prozent), da die Händler im zweiten Halbjahr verstärkt versuchen werden, Fahrzeuge über diesen Kanal zu verkaufen. Jedoch ist auch der Markt für junge Gebrauchte in diesem Jahr nicht so aufnahmefähig wie im letzten Jahr.Die Corona-Krise hat die Autovermieter stark getroffen. Die Geschäftsleute sind im Homeoffice, es gibt kaum Flugverkehr und erhebliche Reisebeschränkungen - wohl auch längerfristig. Daher werden die Vermieter ihre Käufe einschränken (-22 Prozent).Im nächsten Jahr werden die Neuzulassungen in allen Wirtschaftsbereichen steigen, bedingt durch das bessere gesamtwirtschaftliche Umfeld (siehe Abb. 2).Neuzulassungen von BEV und PHEVDie Neuzulassungen von BEV und PHEV werden in 2020 trotz Corona-Krise deutlich zunehmen (siehe Abb. 3):- die Prämie beim Kauf eines BEV- und PHEV-Fahrzeugs haben sich im Rahmen des im Juni verabschiedeten Konjunkturpakets weiter erhöht;- die Hersteller müssen anteilig mehr BEV/PHEV verkaufen, um CO2-Grenzwerte in der EU einzuhalten und um Strafzölle zu vermeiden;- das Angebot an BEV/PHEV steigt deutlich. Die meisten Hersteller wollen in vielen Marktsegmenten alternativ zu Verbrennerfahrzeugen auch BEV- und/ oder PHEV-Fahrzeuge anbieten;- BEV und PHEV als Dienstwagen mit privater Nutzung werden nur noch mit 0,5 Prozentpunkten besteuert. Für BEV bis 60.000 Euro Listenpreis liegt der Prozentsatz nur bei 0,25 Prozent.- die Ladeinfrastruktur erweitert sich. Bis Ende 2020 sollen 50.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte errichtet werden.Hierzu wird die Automobilwirtschaft bis 2022 mindestens 15.000 zusätzliche öffentliche Ladepunkte beisteuern. Die Bundesregierung stellt in ihrem Konjunkturpaket zusätzliche Mittel für den weiteren Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur bereit.Der Experte Detlef Borscheid ist seit 40 Jahren im Automobilbereich tätig. Er berät die Automobilindustrie bei der Planung von Vertrieb, Händlernetz und Aftersales.

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