Trotz neuer Rekorde ist das niedersächsische Kfz-Gewerbe mit dem Autojahr 2011 nicht zufrieden. "Eine sinkende Quote des Autohandels beim Neuwagenverkauf, mehr Direktverkäufe der Hersteller und eine unverändert unzureichende Umsatzrendite sorgten im vergangenen Jahr für Schattenseiten in einer statistisch guten Bilanz", sagte Landesverbandspräsident Karl-Heinz Bley am Mittwoch in Hannover.
Zwar seien mit dem Verkauf neuer und gebrauchter Pkw und Lkw sowie dem Service erstmals über 20 Milliarden Euro in dem Bundesland erlöst worden, der Umsatzanteil des Kfz-Gewerbe sei aber um vier Punkte auf 71 Prozent oder rund 14,7 Milliarden Euro (plus 8,8 Prozent) gesunken. Bley machte dafür die steigende Zahl der Direktverkäufe der Hersteller verantwortlich: "Es ist an der Zeit, diese ausufernde Tendenz in den Familiengesprächen zu thematisieren. Partnerschaft muss auch als Bündnis für Gemeinsamkeiten verstanden und gelebt werden."
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 1.068.140 Autos in Niedersachsen verkauft – 9,1 Prozent mehr als 2010. Die Zahl der Pkw-Neuzulassungen legte um rund 42.000 auf 343.388 zu. Schwach: Lediglich 133.000 Einheiten waren Privatkäufe. Vom NW-Umsatz in Niedersachsen in Höhe von 9,6 Milliarden Euro entfielen 6,29 Milliarden Euro auf die Kfz-Betriebe.
Mit Gebrauchtwagen wurden 2011 7,04 Milliarden Euro erwirtschaftet – 4,41 Milliarden davon gingen auf das Konto der Händler. Trotz eines Rückgangs des GW-Verkaufs von Privat zu Privat bleibe dieser Teilmarkt der größte Wettbewerber, hieß es. Laut Bley wickelte der Fachhandel von den 724.752 (Vorjahr: 677.453) verkauften gebrauchten Autos 391.366 (352.276) ab. Der Privatmarkt erzielte 333.386 (325.177) Verkäufe. Insgesamt waren zum Ende des vergangenen Jahres 5.142.420 Fahrzeuge auf niedersächsischen Straßen unterwegs, darunter waren 4.255.217 Pkw.
Wolken am Service-Himmel
Deutlich mehr Arbeit hatten auch die Werkstätten. Ihr Umsatz legte um 2,1 Prozent auf knapp drei Milliarden Euro zu. Das auf 8,5 Jahre gestiegene Fahrzeugalter habe ein höheres Wartungs- und Reparaturpotenzial geschaffen, hieß es. Doch es gibt auch Wolken am Service-Himmel: "Der Preiswettbewerb hat im vergangenen Jahr an Schärfe zugenommen, und die jüngst etablierten internetgestützten Serviceportale tragen kaum zur Beruhigung bei", betonte Verbandssprecher Joachim Czychy. Der leicht auf 68,15 Euro gestiegene Stundenverrechnungssatz zeige, dass es nicht gelungen sei, die Preissteigerungen des Vorjahres, insbesondere bei Energie- und Personalkosten, vollständig weiterzugeben.
Zur Perspektive der aktuell 3.420 niedersächsischen Kfz-Betriebe und 39.800 Beschäftigten sagte Bley: "Das aktuelle Autojahr 2012 kann man als Arbeitsjahr mit Potenzial und Fragezeichen bezeichnen." Er geht von 735.000 Pkw-Besitzumschreibungen und 320.000 Neuzulassungen aus. Dies entspräche einem Plus von knapp 1,5 Prozent bzw. einem Minus von rund sechs Prozent. Für den Service erwarte der Verband weiteres Wachstum auf dem hohen Niveau der Vorjahre. Sorgen bereiten der Branche aktuell die Entwicklung in Europa und die hohen Spritpreise. Bley: "Die Politik ist (...) gefordert, über einen Ausgleich, z.B. bei der Pendlerpauschale, nachzudenken." Dies gelte im Besonderen für ein Flächenland wie Niedersachsen. (rp)
Alle Kennzahlen des Autojahres 2011 in Niedersachsen finden sind unten in der Downloadbox.
- Kfz-Gewerbe Niedersachsen - Bilanz 2011 (40.8 KB, PDF)