Ausgabe 04/2009: Kongress zur Krise

autoindustrieKongress zur Krise9. CAR-Symposium E Tenor des Kongresses: Kapazitätsanpassungen sind nötig. Aber mit Maß und Ziel, um für den nächsten Aufschwung gerüstet zu sein.von Manuel EderUnter dem Motto "Produkte, Prozesse, Personal: Nachhaltig Wettbewerbsvorteile sichern" suchten die Teilnehmer des 9. Internationalen CAR-Symposiums vor allem eines: Wege aus der Krise. Mit 86 Unternehmenspartnern, rund 900 Teilnehmern und 2.000 Besuchern der begleitenden Job-Messe übertraf das Symposium des Center Automotive Research (CAR) den Besucherrekord des Vorjahres. Gastredner waren u. a. der Ford Europa-Chef John Fleming, der Gründer von Magna, Frank Stronach, sowie Audi-Vorstand Rupert Stadler. Die Job-Messe eröffnete der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Jürgen Rüttgers.Anpassung ja, Kahlschlag neinDie Oberbürgermeisterin der Stadt Bochum, Ottilie Scholz, formulierte bei ihrer Eröffnungsrede eine These, die danach vielfach wiederholt wurde: "Wer sich nur darauf konzentriert, das globale Unwetter zu überstehen, und nicht gleichzeitig innovativ ist, wird überholt werden, sobald der Aufschwung erneut greift." John Fleming, CEO und Präsident von Ford Europe, lobte zwar die nationalen Anstrengungen, vermisst aber gleichzeitig eine koordinierte politische Initiative der EU. Gleichzeitig erteilte er Protektionismus eine klare Absage. Er plädierte für sinnvolles Krisenmanagement ohne Kahlschlag: "Wenn die Automobilproduktion erst einmal aus Westeuropa abgewandert ist, wird es keinen Weg zurück geben", so seine Warnung. Überproduktion als HauptproblemDer Gastgeber des Symposiums, Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer, lieferte die Zahlen zu dieser Einschätzung: Er rechnet mit einem Rückgang der weltweiten Autoproduktion auf 50 Millionen Einheiten 2009, das entspräche einem Minus im Jahresvergleich von rund 15 Prozent. Die Auslegung der Autofabriken auf größere Volumina ist dabei das größte Kostenproblem: 2007 betrug die Differenz zwischen der tatsächlichen Produktion und der Kapazität sechs Millionen Einheiten. Für 2009 rechnet er mit einer Überkapazität von 16 Millionen Einheiten. Von der Abwrackprämie erwartet Prof. Dudenhöffer allenfalls eine kurzfristige Erleichterung für den Handel, aber keine echte Hilfe für die Fahrzeugproduktion in Deutschland. Dementsprechend schlecht ist seine Prognose: Während heute die Autoindustrie insgesamt 750.000 Menschen beschäftigt, erwartet er durch die Kapazitätsanpassungen einen Verlust von 100.000 Jobs in den nächsten fünf bis sechs Jahren. Mit Blick auf den Veranstaltungsort Bochum äußerte sich Prof. Dudenhöffer auch zur Zukunft von Opel: Die Herauslösung von Opel aus dem GM-Konzern bezeichnete er als "denkbar und machbar". Es gebe Beispiele, dass auch kleinere Einheiten funktionieren könnten und bisweilen sogar besser zu steuern seien, so Dudenhöffer weiter. Low-Cost und Hybrid als VisionEine große Zukunftsperspektive räumte er Low-Cost-Autos ein. Allerdings sei es falsch zu glauben, die etablierten Hersteller könnten durch das einfache Abspecken kleinerer Modelle auf diesem Markt mitspielen: "Es bringt nichts, nur die Klimaanlage zu streichen. Für ein echtes Low-Cost-Car benötigt man völlig neue Konzepte", so Prof. Dudenhöffer. Hybrid-Antriebe waren ein weiteres Thema: Rennfahrer Heinz-Harald Frentzen war eigens mit einem Hybrid-Rennwagen angereist, um deren Leistungsfähigkeit zu demonstrieren. InfoShop "Automobilvertrieb"Im Rahmen der Medienpartnerschaft von AUTOHAUS beim 9. CAR-Symposium übernahm AUTOHAUS-Autor und Chefredakteur des "ServiceProfi", Manfred Schlegel, die Moderation eines InfoShops mit sechs Gastrednern. Dr. Martin Hölz von der Unternehmensberatung Deloitte & Touche zitierte eine eigene Studie: Danach erwartet er eine Stabilisierung des deutschen Neuwagenmarktes bis 2010 bei rund 3,3 Millionen Einheiten. Dennoch geht die Konsolidierung weiter: Nach seiner Einschätzung sinkt die Zahl der freien Neuwagenhändler in Deutschland bis 2015 um rund 27 Prozent auf 8.800, die Zahl der markengebundenen Betriebe von 18.000 auf 14.700 (minus 18 Prozent). Der Vorstandsvorsitzende der Car-Garantie, Axel Berger, konzentrierte sich auf Lösungsansätze: "Es ist eine der wichtigsten unternehmerischen Eigenschaften zu unterscheiden zwischen dem, was als externe Faktoren nicht zu ändern ist, und dem, was sehr wohl im eigenen Gestaltungsrahmen liegt", so Berger. Dies betreffe vor allem die Kontaktpflege und Kundenbindung gerade im Gebrauchtwagengeschäft. Seine Formel: "Die Häufigkeit der Kundenkontakte entscheidet über die Zukunft des Autohauses.“ Service als StiefkindEin ähnliches Fazit zog Dr. Nicola Carbonari, CEO bei AutoScout24: "Häufig ist der Wert des GW-Bestands eines Händlers die zweitgrößte Investition nach der Immobilie, trotzdem wird dieses Kapital nicht aktiv gemanagt." Als kritische Punkte nannte er zu lange Standzeiten, mangelndes Bestandsmanagement und die fehlende Bereitschaft, alternative Vertriebskanäle wie das Internet zu nutzen. "Das Internet hat den Verkaufsprozess grundlegend verändert, viele Händler sind darauf aber nicht eingestellt", so seine Beobachtung. Dem schloss sich Stefan J. Gaul, Senior Director Sales & Advertising bei mobile.de, an: Der Informationsprozess beim Käufer beginne heute mit dem Internet, bereits hier müssten Händler aktiv vertreten sein. "Händler müssen ihren Gebrauchtwagenbereich endlich als Geschäft verstehen, und nicht als Entsorgungsabteilung", so seine Kritik. GW-Geschäft gezielt stärkenIgor Bonačić, Geschäftsführer der Unternehmensberatung iic group, nannte Ansätze, wie dieses Problem zu lösen sein könnte: Ordentliche Präsentation der Fahrzeuge, solides Bestandsmanagement, betriebswirtschaftliche Maßstäbe bei der Hereinnahme sowie motivierte Mitarbeiter seien Schlüsselfaktoren. Als weiteren Baustein präsentierte Jörn Everhard, Bereichsleiter Sales & Marketing bei der Santander Consumer Bank, Finanzdienstleistungen als Instrument, um die Liquidität etwa mit einer Einkaufsfinanzierung zu sichern. Während Hersteller mit ihren Aktionen häufig nur die schnelle Verschiebung der Fahrzeuge auf den Hof der Händler im Auge hätten, gehe die Santander Bank einen eigenen Weg, so Everhard. Die Einkaufsfinanzierung erlaube dem Handel einerseits Spielraum, habe aber gleichzeitig durch zeitlich abgestufte Zinskonditionen auch die Standzeiten im Blick. zLesen SIe hier...... wie Branchenexperten die Lage der Automobilindustrie einschätzen und welche Lösungsansätze die Teilnehmer des AUTOHAUS InfoShops zum Thema Vertrieb diskutiert haben.KurzfassungÜber 900 Teilnehmer und 86 Unternehmen diskutierten im RuhrCongress Bochum, wie eine Kapazitätsanpassung gelingen kann, ohne mit einem Kahlschlag die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie langfristig zu gefährden. z Magna-Gründer Frank Stronach fordert schnelles Handeln der Politik: "Das Vertrauen muss zurückgewonnen werden, damit wieder investiert wird."z John Fleming, Präsident von Ford Europa, warnt: "Wenn die Automobilproduktion erst einmal aus Westeuropa abgewandert ist, wird es keinen Weg zurück geben."z Die Überproduktion in der Automobilindustrie wurde als "hausgemachtes" Problem bezeichnet. Gastgeber Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer rechnet mit einem Rückgang der weltweiten Autoproduktion auf 50 Millionen Einheiten 2009, das entspräche im Vorjahresvergleich einem Minus von rund 15 Prozent. Trotzdem erwartet er 2009 eine Überkapazität von 16 Millionen Einheiten.

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