Ausgabe 11/2014: Mitspracherechte

Volvo hat lange mit dem Händlerverband über den neuen Händlervertrag verhandelt. Jetzt soll er noch in diesem Sommer eingeführt werden. Händlerverbands-Präsident Heinz Preiß beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.AH: Herr Preiß, Volvo ist einer der letzten Hersteller, der seinen Händlern neue Verträge vorlegt. Wieso hat es bei Volvo so lange gedauert?Heinz Preiß: Die Ausgangslage bei Volvo ist eine andere als bei anderen Fabrikaten: Die Übernahme von Volvo Schweden durch den chinesischen Geely-Konzern musste erst abgeschlossen werden, um ein klares Zukunftsszenario zu entwerfen. Sodann nahmen die Vertragserörterungen einen großen Zeitraum ein: Wir hatten verbandsseitig erhebliche Probleme mit dem Erstentwurf und brauchten mehr als 20 Besprechungen, um ein aus der Sicht des Handels akzeptables Ergebnis zu erreichen. Die Muttergesellschaft aus Schweden legte wiederum Wert auf einen europaweit einheitlichen Vertrag, der jedoch die nationalen Besonderheiten offen ließ. Dies haben wir in zeitaufwändigen und konstruktiven Gesprächen mit Volvo geklärt.AH: Was sind die wichtigsten Änderungen in dem neuen Vertragswerk?H. Preiß: Der neue Vertrag ist ein Vollfunktionsvertrag, kombiniert also Vertrieb und Service in einem Dokument, auch wenn es in Zukunft weiterhin Stand-Alone-Werkstattverträge geben wird. Wir haben die Mitspracherechte des Volvo-Händlerverbands erstmals vertraglich verankert, so dass zukünftig erst die Zustimmung des Händlerverbands eingeholt werden muss, bevor beispielsweise die Standards geändert oder ergänzt werden dürfen. Ein solches vertragliches Mitgestaltungsrecht eines Verbands dürfte einmalig sein, einmal vom Beiratskonzept bei Ford abgesehen.Ein Wermutstropfen ist allerdings die Komplexität des Vertragstextes. Dieser lässt sich nur dann richtig erfassen, wenn auch der sogenannte "Sideletter" parallel dazu gelesen wird. Der Sideletter ist für sich genommen ein Änderungsvertrag. Er ändert bestimmte Klauseln im Vertrag, auf die Schweden aus Gründen der textlichen Gleichförmigkeit in Europa bestand. Volvo Deutschland wird jedem Händler zeitgleich mit dem neuen Vertrag auch den Sideletter vorlegen. Beide Dokumente werden unterschrieben und bilden eine Einheit.Sanfter Übergang bei der CIAH: Was konnte der Händlerverband verhindern?H. Preiß: Wir konnten die schwedischen Partner davon überzeugen, dass der deutsche Markt anders funktioniert. Ein sehr wichtiger Aspekt ist dabei, dass anders als im Erstentwurf Ziele, Lagerbestand und Vertragsänderungen bei uns vereinbart werden müssen. Das ist nicht in allen Ländern so vorgesehen. Zudem darf Volvo Deutschland nicht - wie von Volvo zunächst gewünscht - uneingeschränkt Direktgeschäfte betreiben. Dieser Punkt war uns ebenso wichtig wie die Verhinderung von Vorgaben im GW-Geschäft, die der Erstentwurf noch vorgesehen hatte.Bei den CI-Standards haben wir einen Bestandsschutz erreicht, der den Händlern einen sanften Übergang in die neue Volvo-Welt ermöglicht. Ferner bleiben während des Vertrags die Kundendaten beim Händler. Volvo darf hierüber nicht nach freien Stücken verfügen. Insgesamt muss allerdings auch gesagt werden, dass der Vertrag vom Grundkonzept sehr kompliziert war. Wir hätten ihn ohne die hervorragende anwaltliche Beratung durch Uwe Brossette nicht durchschaut, geschweige denn beeinflussen können.Bestandsschutz für MehrmarkenAH: Wie verhält sich der Hersteller zukünftig zum Mehrmarkenvertrieb?H. Preiß: Wir haben erreicht, dass Bestandshändler auch zukünftig mehrere Marken verkaufen dürfen. Die Zustimmung zum Vertrieb der weiteren Marke wird mit Abschluss des neuen Vertrags erteilt. Bis 2020 wird Volvo sodann mit jedem Händler individuell vereinbaren, dass die gemeinsame Fahrzeugpräsentation in einem Raum aufgegeben wird. Volvo geht es nur um die exklusive Markenpräsentation, nicht darum, dass die Händler nur die Marke Volvo vertreiben.AH: Wird die Marke auch ihr Sekundärnetz abschaffen?H. Preiß: Volvo setzt künftig auf ein einstufiges Vertriebsnetz. Die derzeit knapp 80 Volvo-Vertriebspartner sollen zu Vollhändlern entwickelt werden. Nach derzeitiger Planung sollen gerade einmal eine Handvoll Vertriebspartner keinen Händlervertrag erhalten und gekündigt werden. Mit zweijähriger Frist wohlgemerkt und vollem Ausgleichsanspruch.AH: Gibt es zukünftig Direktvertrieb?H. Preiß: Dieses Thema nahm großen Raum in unseren Gesprächen ein. Der Entwurf sah das uneingeschränkte Direktvertriebsrecht bei Neu- und Gebrauchtwagen sowie im Ersatzteilvertrieb vor. Volvo wollte insbesondere den Internetvertrieb besetzen. Nach intensiven Gesprächen haben wir Volvo letztlich davon überzeugen können, dass allein der Handel der bevorzugte Vertriebskanal sein kann. Volvos eigene Aktivitäten wurden daher auf einige im Einzelnen aufgelistete Kundengruppen (z.B. Mitarbeiter, Behörden etc.) vertraglich beschränkt.SchlichtungsverfahrenAH: Gibt es auch Änderungen bei den Händlerrechten?H. Preiß: Der GVO-Umschwung ist an uns glimpflich vorbeigegangen. Wir haben die zweijährige Kündigung festgeschrieben und für viele mögliche Streitpunkte ein Schlichtungsverfahren vorgesehen. Zudem konnten wir mit gewissen Einschränkungen das Recht, den Vertrag auf einen Händlerkollegen zu übertragen, sichern. Das war uns in unseren Gesprächen sehr wichtig und das haben unsere Partner von Volvo auch verstanden.AH: Gibt es noch offene Punkte?H. Preiß: Noch nicht ganz klar ist, wie Volvo die Vertriebspartner zu Händlern weiter entwickeln wird. Dass es im Netz Vertriebspartner gibt, kommt ja nicht von ungefähr. Viele Vertriebspartner verkaufen schlichtweg zu wenige Autos, als dass sich ein Vollvertrag lohnen würde. Diesen Punkt hat unsere außerordentliche Mitgliederversammlung nochmals herausgearbeitet. Hieran werden wir noch arbeiten müssen. Zudem ist noch das Paket zu schnüren, wie ausscheidende Händler und Vertriebspartner, die die neuen Verträge nicht annehmen, abgefunden werden. Hier befinden wir uns aber auf einem guten Weg. Die Gespräche der Vergangenheit haben gezeigt, dass Volvo Deutschland ein verlässlicher Gesprächspartner ist, der den Handel versteht.AH: Herr Preiß, danke für das Gespräch!KurzfassungWas lange währte, ist nun zu einem akzeptablen Abschluss gekommen: Der neue Volvo-Händlervertrag ermöglicht den Volvo-Händlern einen sanften Übergang in die neue Volvo-Welt. Ziele, Lagerbestand und Vertragsänderungen müssen vereinbart werden und können nicht einseitig festgelegt werden. Außerdem konnten die geplanten Direktvertriebsrechte des Herstellers stark eingeschränkt werden. Und es gibt Bestandsschutz für Mehrmarkenbetriebe.

Ausgabe 11/2014: Mitspracherechte

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