Stellantis: Planänderung

KURZFASSUNG: Nach langem Hin und Her soll die Einführung des Agentursystems bei Stellantis jetzt für alle Marken in Deutschland zu Mitte 2025 kommen. Angesichts der stark gestiegenen Zinsen können sich die Händler damit anfreunden. Voraussetzung ist aber, dass die Systeme bis dahin funktionieren. Vorwärts rückwärts oder das unheimlich totale Leben. An diesen Buchtitel aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts erinnert derzeit das Vorgehen von Stellantis. Der Multimarkenkonzern kündigt erst die Verträge, macht dann eine Übergangsvereinbarung, verschiebt die neuen Händlerverträge und dann die Einführung des Agentursystems. Zwischendurch bricht das Chaos aus, weil der Konzern versucht, die Systeme zu vereinheitlichen und neue einzuführen. Der Ansatz, die Systeme für alle Stellantis-Marken anzugleichen und zu vereinheitlichen, sei sicherlich der richtige, heißt es dazu aus dem Händlernetz. Jedoch sorge die gleichzeitige Umstellung nahezu aller Verkaufs-, Bestell- und Banksysteme für große Schwierigkeiten im Tagesgeschäft bei den Händlern und deren Mitarbeitern. Erneut verschoben Im Dezember verkündete Europachef Uwe Hochgeschurtz, dass es sinnvoller ist, das Agentursystem, bei Stellantis New Retailer Model (NRM) genannt, nach Märkten und nicht nach Marken einzuführen. Das hätten die Erfahrungen in den Pilotmärkten Benelux und Österreich gezeigt. Praktisch heißt das: Für die Premiummarken kommt es später, für die Volumenmarken früher. Denn erst sollte es ab Mai 2023, dann ab 1. Januar 2024 und dann ab April europaweit für die Nutzfahrzeuge von Opel, Peugeot, Citroen und Fiat sowie für die Premiummarken Lancia, Alfa Romeo und DS eingeführt werden. Für die Volumenmarken des Konzerns sollte es zuletzt 2027 kommen. In den nächsten zwei Jahren Wann genau jetzt umgestellt wird, wollte Hochgeschurtz nicht sagen. "Das hängt davon ab, ob wir im jeweiligen Land bereit sind. Erst wenn wir sechs Wochen vorher wissen, dass es funktioniert, dann starten wir." Das hieße aber nicht, dass endlos Zeit bliebe oder gar die Einführung in Frage stünde. "Da gibt es kein Zurück", bekräftigte der Manager. "In den nächsten zwei Jahren sollte das Agentursystem in den zehn Ländern in Europa eingeführt sein. Dazu gibt es keine Alternative." Das Agenturgeschäft verbessere die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns. Durch den kollektiven Lagerbestand, der dann nur noch vom Hersteller gemanagt würde, würden Vertriebskosten gespart. In Deutschland Mitte 2025 Die deutschen Händler haben mittlerweile von Deutschlandchef Lars Bialkowski und Netzentwickler Johannes Alings ein Rundschreiben bekommen, das AUTOHAUS vorliegt. Darin heißt es, dass das Agentursystem für alle Stellantis-Marken Mitte 2025 eingeführt werden soll. Bei den Vertragshändlerverträgen für die Premium- und Nutzfahrzeugmarken, die aktuell zum 31. März 2024 befristet sind, wollen die Verantwortlichen im Januar 2024 mit einer Verlängerungsvereinbarung auf die Partner zukommen. Die gerade unterschriebenen Verträge für die Volumenmarken sind befristet bis zum 31. Dezember 2026 und beinhalten auch die Zusage zum 1. Januar 2027 ins Agentursystem mit den Marken zu gehen. Die Händler haben aber noch eine Möglichkeit auszusteigen. Sie müssen bis zum 30. Juni 2024 erklären, ob sie in die neue CI investieren. Tun sie das nicht, können sie das Netz zum 30. September 2024 verlassen. "Wenn Stellantis nun die Umstellung auf das Agentursystem auf Mitte 2025 vorziehen will, muss sich der Konzern mit jedem einzelnen Händler darüber einigen", sagt Rechtsanwalt Uwe Brossette von der Kölner Kanzlei Osborne Clarke. Eine entsprechende Vereinbarung werde derzeit vorbereitet, heißt es im Rundschreiben von Bialkowski und Alings. Händlerreaktionen In Reaktion auf die Mitteilung von Hochgeschurtz, dass die Einführung des Agentursystems von einem echten End-to-End-Testing der Systeme abhängig gemacht werden soll, sagte Peter Gerards, Vorsitzender des Verbands der Deutschen Citroen-, DS- & Peugeot-Vertragspartner (VCDP) auf Anfrage von AUTOHAUS: "Das ist eine mutige und kluge Entscheidung." Auch für Adrian Glöckner, Vorsitzende des Verbands der Jeep, Alfa Romeo, Ram und Dodge Händler (JARD), ist das okay: "Das haben wir gefordert." Jürgen Hölz, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Opel Händler (VDOH), teilte auf Anfrage mit, dass er grundsätzlich die Ansicht des Herstellers teile, dass es für einen reibungslosen Beginn des New Retailer Models unabdingbar ist, dass die prozessualen und IT-technischen Voraussetzungen für einen solchen Weg vollumfänglich gegeben sein müssen. Aus diesem Grunde sei die aktuelle Entwicklung zunächst positiv und auch als Verhandlungserfolg der beteiligten Händler- und Verbandsvertreter zu bewerten. Der VDOH und die anderen Verbände, die in der Allianz Deutscher Stellantis Partner sehr konstruktiv zusammenarbeiten, seien zu essentiellen Themen, wie zum Beispiel einem finalen Starttermin mit allen vertraglichen Konsequenzen, weiter in intensiven Gesprächen mit Stellantis. Die meisten machen weiter Mittlerweile sehen auch immer mehr Händler die positiven Seiten und Möglichkeiten, die das Agenturgeschäft ihnen bietet. Sie haben mehr Zeit, sich auf das Geschäft zu konzentrieren, und viel weniger Risiken, vor allem im Hinblick auf die derzeit stark gestiegenen Zinsen. Laut Hochgeschurtz zeige die Tatsache, dass die meisten Händler die neuen Vertragshändlerverträge unterschrieben hätten, dass die Partner dem Konzern vertrauen. In Deutschland hätten 95 Prozent der Partner im Vertrieb unterzeichnet. Im Service läge die Quote bei über 90 Prozent. Absolute Zahlen wollte er nicht nennen. Auswirkungen auf Premiummarken Es gibt aber noch andere Auswirkungen der jetzt veröffentlichten Verschiebung des Starttermins für das New Retailer Model. So hatten sich einige Partner vorgenommen, vom konzernübergreifenden Ansatz von Stellantis Gebrauch zu machen und zum 1. April 2024 auch die Premiummarken zu verkaufen - im Agentursystem. Wenn dies nun nicht zu diesem Zeitpunkt eingeführt wird, stehen diese Entscheidungen auf der Kippe. Ein Händler teilte uns mit, dass er deshalb die Marken erst zum 1. Juli 2025 übernehmen werde. Was das für die für 2024 geplante Markteinführung von Lancia bedeutet, ist noch unklar. Positiv für neue CI Positiv ist die Entscheidung nach Meinung vieler Händler aber für die Investitionen in die neue Corporate Identity (CI). Noch im Vertragshändlersystem sollten sie diese in ihren Betrieben umsetzen. Bei Einführung des Agentursystems würde dies dann anteilig vergütet. Wenn nun das Agentursystem für die Volumenmarken früher eingeführt wird, fällt die Vergütung anteilig auch höher aus. Möglich wäre sogar, dass Stellantis die Kosten komplett übernehmen muss, da die Umstellung nicht im ganzen Netz schnell umgesetzt werden kann und manche vielleicht erst 2025 zum Zug kommen. Fehler zu Beginn Hochgeschurtz führte als Begründung für den holprigen Ablauf an, dass Stellantis der erste Konzern war, der das Agentursystem einführen wollte. Weil es noch keine Vorbilder gab, habe dies zu den Schwierigkeiten beim First Mover geführt. Der Konzern sei bereit, dies in Zusammenarbeit mit den Händlerverbänden zu verbessern und zum Erfolg zu führen. Und noch eine gute Nachricht: Die Anpassung des Zeitplans für den Start des NRM habe keinerlei Einfluss auf die bestehenden, unbefristet geltenden Servicepartner-Verträge.

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