Mindestlohn und Arbeitszeit: Rund um den Mini- und Midijob

In Deutschland haben rund 7,0 Millionen Menschen einen Minijob (Verdienstgrenze bis 450 Euro pro Monat), etwa in Form, dass sich Arbeitnehmer neben ihrem regulären Job noch etwas hinzuverdienen oder dass der Minijob die Hauptbeschäftigung ist. Daneben gibt es derzeit noch rund 1,3 Millionen Menschen, die einen Midijob (derzeitige Verdienstgrenze 450,01 Euro bis 850 Euro pro Monat) ausüben. Die Zahl der Midijobber wird sich ab dem 01.07.2019 sogar noch um ca. 2,2 Millionen Menschen erhöhen, da die Verdienstgrenze von derzeit 850 Euro pro Monat auf 1.300 Euro angehoben wird.Neuer Mindestlohn ab 01.01.2019Wie wir Ihnen in einer früheren Ausgabe bereits mitgeteilt haben, gilt seit dem 01.01.2019 ein Mindestlohn von 9,19 Euro pro Stunde. Ausdrücklich soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass der Mindestlohn natürlich auch für Mini- und Midijobber gilt. Nach dem Mindestlohnrechner des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ergibt sich somit bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von elf Stunden ein verstetigtes Monatsgehalt von 438 Euro. Bis zum 31.12.2018 konnte eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 11,50 Stunden vereinbart werden. Für Minijobber gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung. Demnach dürfen Sie Ihre Minijobber nicht schlechter behandeln als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Für Minijobber gilt der gleiche Kündigungsschutz wie für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, Minijobber haben Anspruch auf Erholungsurlaub und auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.Minijobs ohne geregelte ArbeitszeitFür viele Arbeitgeber ist es in der Praxis zu mühselig, die Arbeitszeit eines Minijobbers und weitere arbeitsrechtliche Regelungen schriftlich festzulegen. Dies war bisher auch grundsätzlich unproblematisch möglich. Bis zum 31.12.2018 sah § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vor, dass, wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, eine Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart gilt. Bei einem bis zum 31.12.2018 gültigen Mindestlohn von 8,84 Euro und einer fiktiven Arbeitszeit von zehn Stunden pro Woche ergab dies ein verstetigtes Monatsgehalt von 383 Euro und somit wurde die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro eingehalten. Zum 01.01.2019 wurde § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes dahingehend geändert, dass nunmehr bei einer nicht festgelegten Arbeitszeit eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart gilt. Mit dem ab dem 01.01.2019 gültigen Mindestlohn von 9,19 Euro und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden ergibt sich ein verstetigtes Monatsgehalt von 796 Euro. Damit wird die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro deutlich überschritten, mit der Folge, dass kein Minijob vorliegt, sondern ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis. Dies kann nach einer Prüfung durch das Finanzamt oder durch den Zoll, der die Einhaltung des Mindestlohns überprüft, zu einer bösen und teuren Überraschung für die Arbeitgeber werden. Beschäftigen Sie also Minijobber ohne fest vertraglich geregelte Arbeitszeit, z. B. Minijobber für einen Hol- und Bringservice, dann müssen Sie unbedingt in einem schriftlichen Vertrag die wöchentliche Arbeitszeit festlegen.Minijobber aus dem AuslandIn der Praxis kommt immer wieder die Frage auf, wie ausländische Minijobber sozialversicherungsrechtlich (z. B. Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung bei einer gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland) zu behandeln sind. Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob der Minijobber aus einem EU-/EWR-Mitgliedstaat sowie der Schweiz oder aus einem Drittstaat kommt. Für Minijobber aus einem EU- /EWR-Mitgliedstaat sowie der Schweiz gilt als oberster Grundsatz, dass sie nur in einem Staat sozialversichert sind. Danach unterliegen sie grundsätzlich den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird. Übt jetzt z. B. ein Österreicher ausschließlich einen Minijob in Deutschland aus, dann gilt deutsches Sozialversicherungsrecht ungeachtet der Staatsangehörigkeit und des Wohnsitzes. Übt jetzt ein Österreicher in Österreich eine Beschäftigung aus und hat daneben einen Minijob in Deutschland, dann können auch für den Minijob in Deutschland die österreichischen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen einschlägig sein. Dafür muss der Arbeitnehmer eine A1-Bescheinigung vorlegen. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall die österreichischen Melde- und Beitragspflichten beachten. Kommt der Minijobber hingegen aus einem Drittstaat, dann gilt generell deutsches Sozialversicherungsrecht.MidijobAb dem 01.07.2019 steigt bei einem Midijob (ab monatlichen Einkünften von 450,01 Euro) die Entgeltobergrenze von derzeit 850 Euro auf 1.300 Euro. Circa 2,2 Millionen Arbeitnehmer profitieren von günstigeren Sozialabgaben. Ab Einkünften von mehr als 450 Euro pro Monat ist das Arbeitsverhältnis grundsätzlich voll sozialversicherungspflichtig. Bei sogenannten Midijobs besteht der Vorteil für die Arbeitnehmer darin, dass sie verringerte Arbeitnehmerbeiträge zahlen müssen. Derzeit beträgt der durchschnittliche Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz rund 39,65 Prozent, davon entfallen auf die Rentenversicherung 18,60 Prozent, auf die Arbeitslosenversicherung 2,50 Prozent, auf die Krankenversicherung rund 15,50 Prozent und auf die Pflegeversicherung 3,05 Prozent (bzw. 3,3 Prozent für Kinderlose). Diesen teilen sich in der Regel Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Hälfte. Die volle Sozialversicherungspflicht trifft die Arbeitnehmer ab dem 01.07.2019 erst mit einem monatlichen Gehalt von mehr als 1.300 Euro. Als weitere Neuerung sieht das Gesetz nun vor, dass die reduzierten Rentenversicherungsbeiträge nicht mehr zu geringeren Rentenleistungen führen. Der bisher erforderliche Antrag, dass volle Rentenversicherungsbeiträge nach dem tatsächlichen Entgelt gezahlt werden, entfällt daher. Nach Schätzungen fehlen durch die Anhebung der Obergrenze der Rentenversicherung jährlich rund 500 Millionen Euro. Dieses Geld muss von woanders kommen.Kurzfassung1. Ab dem 01.01.2019 gilt ein gesetzlicher Mindestlohn von 9,19 Euro pro Stunde.2. Seit dem 01.01.2019 sieht § 12 TzBfG vor, dass wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart gilt. Diese Gesetzänderung hat zur Konsequenz, dass Minijobs, bei denen die Arbeitszeit nicht schriftlich geregelt sind, sozialversicherungspflichtig sind.3. Ab dem 01.07.2019 wird die Obergrenze von Midijobs von derzeit 850 Euro auf 1.300 Euro angehoben.KommentarIm Januar 2019 gab es in Deutschland rund 2,4 Millionen Arbeitslose, ein Tiefstand wie schon Jahre nicht mehr, im Vergleich dazu waren es 2004 noch rund 4,4 Millionen Menschen. Vergleicht man aber in dieser Zeit den Anstieg von Minijobber (vor allem im privaten Haushalt) und Midijobber, dann ist es klar, dass eine Vielzahl der ehemals Arbeitssuchenden nun in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen angestellt sind. Für die Statistik schaut das natürlich gut aus, das Problem der Altersarmut aber wird die Gesellschaft bei rund zehn Millionen Menschen in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis weiter beschäftigen.Horst Neubacher Wirtschaftsprüfer Steuerberater www.raw-partner.de

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