Cyber Security: Trügerische Sicherheit

Als das Ehepaar Bauer am 11. Juni 2022 am Frühstückstisch einen Anruf aus dem eigenen Autohaus erhielt, änderte sich alles: Das Unternehmen wurde Opfer einer Cyberattacke, die Systeme wurden lahmgelegt und sämtliche Daten verschlüsselt. Eine Anleitung seitens der Hacker über das weitere Vorgehen lag ebenfalls vor, doch eines war für Geschäftsführerin Anja Bauer sofort klar: "Wir lassen uns nicht erpressen!" Daraufhin begann für die Bauer-Gruppe ein harter Weg zurück in den Geschäftsalltag, der dem gesamten Team viel Mühe und Nerven abverlangte. Wie dies gelang und welche Hindernisse dabei überwunden werden mussten, schilderten Anja und Michael Bauer am 15. Mai 2025 im Webinar "Alarmstufe Rot: das Autohaus im Visier von Cyberkriminellen". Dass es sich dabei um keinen Einzelfall handelt, veranschaulichte Paul Laser, Direktionsbevollmächtigter beim Nürnberger Automobil Versicherungsdienst, in seinem Beitrag. Wie mehrere Erhebungen belegen, handelt es sich bei Cyber-Vorfällen um das sowohl welt- als auch deutschlandweit größte Geschäftsrisiko für Unternehmen. Das untermauerte der Versicherungsexperte mit aktuellen Fallbeispielen von Autohäusern, die aufgrund von Cyber-Attacken massive monetäre Schäden und einen Stillstand des Unternehmens hinnehmen mussten. Schutzmaßnahmen erforderlich Wie die Ergebnisse der März-Ausgabe des AUTOHAUS Panels zeigten und die Referenten des Webinars bestätigten, wähnen sich Autohäuser häufig in trügerischer Sicherheit und sind sich der Gefahren von Cyberangriffen nicht bewusst. Laut Laser gehen Betriebe regelmäßig davon aus, dass Cyber-Versicherungen alle monetären Risiken im Falle einer Attacke ausschalten. Dabei würden Unternehmen jedoch häufig die damit einhergehenden Obliegenheiten außer Acht lassen. Das kann fatale Folgen haben, denn werden gewisse Kriterien nicht erfüllt, erlischt der Versicherungsschutz. Welche Sicherheitsmaßnahmen Versicherungsträger im Allgemeinen einfordern, zeigte Laser anhand von Beispielen. Um sich der Gefahr von Cyber-Attacken bewusst zu werden und diese zu minimieren, kann eine Sicherheitsevaluierung im eigenen Unternehmen helfen. Ein Beispiel einer solchen Überprüfung veranschaulichte Dr. Swantje Westpfahl, Geschäftsführerin des Institutes for Security und Safety der Hochschule Mannheim. Im Rahmen einer gemeinsam mit dem BMW-Händlerverband durchgeführten Pilotstudie konnten teilnehmende Autohäuser eine umfangreiche Sicherheitsüberprüfung durchlaufen. Laut Westpfahl bestand das Security Assessment unter anderem aus Vorgesprächen und verschiedenen Maßnahmen vor Ort. Unter anderem wurden Interviews mit Mitarbeitern, Beispiel-Angriffe und Notfallübungen durchgeführt. Dabei wurden der Security-Expertin zufolge teilweise gravierende Sicherheitslücken entdeckt. Hierzu gehörten beispielsweise eine mangelhafte Strategie, lückenhafte Back-ups sowie eine nicht vorhandene Netzwerksegmentierung. Ein besonders hohes Risiko stellte das Forschungsteam bei den Mitarbeitern fest, da sich diese der Gefahren häufig nicht bewusst waren und im Bereich Account-Sicherheit große Mängel aufwiesen. Sicherheitsrisiko Mitarbeiter Dass Menschen mittlerweile das Einfallstor Nummer eins für Cyberkriminelle darstellen, zeigte auch Björn Hering von netzsicher in seinem Vortrag. Der zertifizierte ethische Hacker ermittelt anhand sogenannter Penetration-Tests im Auftrag von Unternehmen Sicherheitslücken in deren eigenen Häusern. Dabei betrachtet er die Betriebe aus der Täter-Perspektive: "Um digitale Angriffe durch Hacker zu bekämpfen, muss man wie ein Hacker denken." Da die IT-Anlagen von Autohäusern heutzutage über gute Sicherheitsmechanismen verfügen, versuchen Angreifer vermehrt über die Mitarbeiter in das System einzudringen. Das ist Herings Erfahrungen zufolge erfolgreich. Im Schnitt benötigt der Profi nur eine E-Mail und weniger als 60 Sekunden, um ein Autohaus in Deutschland zu hacken. Ihm gehe es bei seiner Arbeit allerdings nicht darum, Leute vorzuführen, sondern aufzuzeigen, was im Falle von Unachtsamkeiten passieren kann. Stärkung der "Human Firewall" Um das Team im Hinblick auf die Risiken und Gefahren von Cyberattacken in Form von Phishing-Angriffen zu sensibilisieren, stehen neben Penetration-Tests noch weitere Möglichkeiten zur Verfügung. Wie diese aussehen und welche Fehler dabei häufig gemacht werden, erklärte Sebastian Tausch, IT-Berater und Geschäftsführer von IT Rechenwerk, im letzten Vortrag des Webinars. Auch er hob die Dringlichkeit hervor, die eigenen Mitarbeiter auf die Gefahren vorzubereiten, da einer Untersuchung von IBM zufolge 95 Prozent aller Cybersicherheitsvorfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. Schulungen können dabei helfen, die Eintrittswahrscheinlichkeit von Angriffen zu minimieren. Unternehmen würden diese allerdings häufig nur dazu nutzen, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Laut Tausch bleiben die Inhalte in diesen Fällen meist oberflächlich und der Zeitpunkt der Unterweisung wird oft falsch gewählt. Um diese Fehler zu vermeiden, könne man die Trainings aufteilen, indem man eine Basis-Schulung zur Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben durchführt. Je nach Funktion des Mitarbeiters sollte das Basiswissen dem IT-Experten zufolge dann mit weiteren themenspezifischen Unterweisungen ergänzt werden. Zudem sei es hilfreich, ein Dokument mit internen Sicherheitsvorgaben wie der richtigen Erstellung und Archivierung von Back-ups bereitzustellen.

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