Dekra: Wo Stromspeicher schwitzen

Mit dem neuen Batterie-Test-Center am Lausitzring baut Dekra seine Elektro-Kompetenz weiter aus. Rund 15 Millionen Euro investiert der technische Prüfdienst in die neue Anlage, um die steigende Zahl an Hochvolt-Systemen schneller und unter realitätsnahen Bedingungen zu testen - von der Entwicklung über die Typzulassung bis zur Serienfreigabe. Alle Prozesse unter einem Dach Sämtliche Prüfprozesse - von Sicherheits- und Umweltprüfungen über Performance- bis hin zu Lebensdauertests - laufen hier künftig unter einem Dach. Die gebündelte Testkompetenz verkürzt Abstimmungen zwischen Entwicklung, Zertifizierung und Serienfreigabe - und beschleunigt so die Freigabeprozesse. Zugleich reagiert Dekra damit auf die wachsende Komplexität moderner Batteriesysteme. "Die Anforderungen an Batterien sind heute so vielfältig wie ihre Anwendungen", betont Center-Leiter Thomas Hucke. Vom kompakten Modul im Mild-hybriden bis zum Großspeicher im Nutzfahrzeug müsse jede Einheit denselben Sicherheits- und Qualitätsstandards genügen. Und genau das lasse sich in der Lausitz nun durchgängig und reproduzierbar prüfen. Im Batterie-Test-Center am Lausitzring konzentriert Dekra alle relevanten Prüfdisziplinen: mechanische Belastung, Umweltverhalten, Leistungsfähigkeit und Sicherheit. Ein zentrales Element sind die sogenannten Missbrauchstests: Dabei werden Batterien bewusst über ihre Grenzen hinaus belastet - etwa durch Durchstoßen, Überladung oder extreme Temperaturschwankungen. "Wir beanspruchen die Batterien zum Teil über das übliche Maß hinaus, um die Grenzen der Belastbarkeit zu testen", ordnet Hucke ein. Ziel ist es, das Verhalten im Ernstfall zu analysieren und die Wirksamkeit von Sicherheitsmechanismen zu überprüfen. Batterien im Grenzbereich Besonderes Augenmerk gilt der Brandhalle, wo kontrollierte Extremsituationen entstehen. Wird eine Batterie erhitzt, beschädigt oder kurzgeschlossen, verfolgen die Prüfer genau, wie das System reagiert. "Wir prüfen nicht nur das Brandverhalten, sondern auch die Stabilität und Dichtheit des Gehäuses und die Funktion der Sicherheitsabschaltungen", sagt Hucke. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die Genehmigung nach internationalen Sicherheitsnormen wie der UN-Regelung 38.3, nach der Batterien für den Transport zugelassen werden. Auch das Shaker-Gebäude ist Teil des Testverbunds: Hier simulieren Ingenieure Vibrationen, Stöße und Temperaturschwankungen unter realitätsnahen Lade- und Entladebedingungen. Ergänzend prüfen sie Staub- und Wasserdichtigkeit, entscheidend für die Sicherheit: Gelangen Partikel oder Feuchtigkeit ins Gehäuse, drohen Kurzschluss oder Brand. Die Tests am Lausitzring basieren auf einem Vier-Säulen-Modell aus Umwelt-, Leistungs-, bzw. Lebensdauer- und Sicherheitsprüfungen, ergänzt durch gezielte Missbrauchstests. So lässt sich der gesamte Produktlebenszyklus einer Batterie abbilden - von der Laboranalyse bis zur realitätsnahen Belastung im Fahrzeug. "Unser Ansatz ist praxisnah und skalierbar", erklärt Hucke. Die Prüfergebnisse werden automatisiert erfasst und digital ausgewertet, um Entwicklung und Test künftig noch enger miteinander zu verbinden. Technologie mit Weitblick Neben der Prüfmethodik spielt auch die Effizienz des Zentrums selbst eine zentrale Rolle. Die Anlage arbeitet so durchdacht, dass kaum Energie verloren geht. Beim Entladen einer Batterie wird die gewonnene Energie direkt genutzt, um andere Akkus wieder zu füttern - ein Kreislauf, der fast geschlossen funktioniert. "Wir fahren die Energie im Kreislauf: Was wir beim Entladen gewinnen, nutzen wir gleich wieder fürs Laden." Auch bei der Kühltechnik setzt Dekra auf Zukunftssicherheit. Statt konventioneller, ab 2030 verbotener Kältemittel kommen natürliche Alternativen zum Einsatz. Die Brandhalle verfügt zudem über eine moderne Rauchgasreinigung, um Emissionen zu minimieren. Parallel zur physischen Testinfrastruktur investiert Dekra in sogenannte digitale Zwillinge: virtuelle Abbilder realer Batterien, die das Verhalten eines Systems am Computer nachstellen. Sie sollen helfen, Alterungsprozesse, Belastungsgrenzen und Sicherheitsverhalten virtuell zu simulieren, bevor der physische Test beginnt. Virtuelle Prüfstände "Wir steigen in die Technologie ein und beschäftigen uns mit Alterungssimulationen", sagt Hucke. Das sei der erste Schritt, um zu verstehen, welche Möglichkeiten digitale Modelle in der Batterieprüfung bieten. Ziel ist es, reale Messdaten mit virtuellen Abbildern zu verknüpfen, um Tests gezielter und effizienter zu gestalten. Simulation und Realität bleiben dabei eng verbunden: Der digitale Zwilling ergänzt den physischen Test, ersetzt ihn aber nicht. Noch gilt der virtuelle Prüfstand als Werkzeug der Zukunft, doch die Richtung ist vorgegeben. "Ein Modell ist nur so gut wie die Daten, die es füttern", betont Hucke. Für Typzulassungen bleibe der reale Nachweis unverzichtbar - dennoch sorgen vernetzte Prüfstände und automatisierte Datenauswertungen bereits heute für kürzere Entwicklungszeiten und einen durchgängigen Datenfluss von der Laborprüfung bis zur Serienfreigabe. Rückenwind für die Branche Mit dem neuen Batterie-Test-Center stärkt Dekra die Lausitz als Standort für moderne Energietechnologie. Die Region, einst geprägt vom Braunkohleabbau, wandelt sich zum Zentrum für Mobilität und Speichertechnik. Und auch für die Automobilindustrie bringt das Zentrum klare Vorteile: kürzere Wege zwischen Entwicklung, Zertifizierung und Produktion sowie verlässliche Kapazitäten für Batterie-, Antriebs- und Fahrzeugtests in Deutschland. Damit entsteht eine praxisnahe Alternative zu Prüfinstituten im Ausland mit direktem Nutzen für Hersteller und Zulieferer. "Die Elektromobilität ist längst Alltag und die Batterie ihr zentrales Qualitätsmerkmal", sagt Hucke. Physische Tests, so seine Einschätzung, werden auch künftig unverzichtbar bleiben. In der Lausitz entsteht damit mehr als ein Prüfzentrum: ein Ort, der technologische Sicherheit mit Orientierung in einer Branche im Wandel verbindet.