Masterplan Elektromobilität: Bitte vom Kunden her denken

24.10.2025 13:37 Uhr | Lesezeit: 4 min
Elektroauto, Prämie, Förderung
Politik, Hersteller, Händler – alle reden über E-Autos. Doch während Bundesminister über neue Kaufprämien debattieren, warten Kunden verunsichert ab.
© Foto: Mithilfe von KI generiert

Vom Zick-Zack-Kurs zur Wahlfreiheit: Statt Kunden mit immer neuen Förderprogrammen zu verunsichern, braucht die Elektromobilität einen Masterplan, der vom Bedarf der Käufer ausgeht – und echte Antriebsvielfalt bietet. Ein Kommentar von Dr. Konrad Weßner.

Neulich beim IfA-Branchengipfel: Alle Automobilverbände – VDA, VDIK, ZDK und VAD – sind sich einig: Wir brauchen einen langfristig angelegten Masterplan für Elektromobilität, der sich nicht an Wunschvorstellungen, sondern an der Realität orientiert.

Neulich in Berlin: Bundesumweltminister Carsten Schneider eröffnet die Debatte um eine mögliche erneute Kaufprämie für Elektroautos mit der Idee, diese nur Personen mit niedrigem und mittlerem Einkommen zukommen zu lassen. Gutverdienende müssten nicht auf das Förderprogramm warten, denn sie schaffen den Umstieg auf E-Autos auch ohne fremde Hilfe. Geringverdiener und solche mit mittlerem Einkommen dürfen oder sollten dagegen warten, bis sich die Debattenbeiträge der Berliner Regulatoren lichten. Mehr Verunsicherung geht kaum!

Schon das (staatliche) Nachdenken über immer neue Förderprämien, CO₂-Ziele, E-Auto-Quoten oder Dienstwagennutzungen erzeugt destruktives Abwarten und immer neue Fragen der Kunden:

  • Wie hoch wird die neue Kaufprämie für Elektroautos sein?
  • Wird sie auch für gebrauchte E-Autos gelten?
  • Kommt Social Leasing? Falls ja, für wen?
  • Wird die Steuervergünstigung für Elektroautos (75 Prozent Abschreibung im ersten Jahr) auch auf Leasing ausgeweitet?
  • Wird das für 2035 geplante Verbrennerverbot aufgeweicht?

Autohersteller und Händler dürfen nicht zulassen, dass im Dickicht dieser Regularien der Kunde ins Hintertreffen gerät. Er ist der Chef und bezahlt die Gehälter.

Die Wiederentdeckung der Kundenorientierung

Zurück zum IfA-Branchengipfel bzw. zur vergangenen IAA: Nahezu alle Automarken (und die Händler sowieso) betonen, dass sie sich mit ihren Autos wieder stärker an dem orientieren, was die Kunden wollen, und weniger an dem, was die Regulatorik vorschreibt. Allen voran erinnert der Renault-Deutschland-CEO Florian Kraft daran, dass es wieder um Basisarbeit zur Sicherstellung einer hohen Kundenzufriedenheit gehen sollte.

Dass viele Regularien am Kunden vorbeigehen, wird am geplanten Verbrennerverbot deutlich, das laut einer aktuellen YouGov-Studie nur eine klare Minderheit von 24 Prozent befürwortet. Wie gut für das Klima und den Hochlauf der Elektromobilität, wenn wir Auto-Interessenten die Wahl zwischen verschiedenen (klimaschonenden) Antrieben bieten und die Antriebsvielfalt auch prägnant herausstellen.

Es geht um enkelfähige Mobilität – und nicht um die Förderung einer Antriebstechnologie

Noch nie in der Geschichte hat sich eine neue Technologie deshalb durchgesetzt, weil die bisherige Technologie verboten wurde. Bei der Transformation vom Verbrenner auf Elektro wird es nicht anders sein: Es braucht einen gesunden Wettbewerb um die besten Antriebslösungen für klimaschonende Mobilität.

Dabei kann gar nicht oft genug klargestellt werden, dass Technologievielfalt Rückenwind für den Hochlauf der Elektromobilität ist. Wer wie BMW die Kunden mit „Power of Choice“ zur Wahl zwischen verschiedenen (klimaschonenden) Antriebstechnologien einlädt, vermeidet Trotzreaktionen. Wer seine Kunden belehren möchte, dass die Zukunft ausschließlich in rein elektrischen Antrieben liegt, wird mit der damit verbundenen Alternativlosigkeit auch diejenigen irritieren, die ein Auto mit elektrifiziertem Antrieb in Erwägung ziehen. Clevere Automobilverkäufer setzen ihre Kunden nicht unter Druck, sondern lassen ihnen die Wahl.

Förderprogramme sind wichtig – passende Autos mit passenden Antrieben sind wichtiger

Zukunftsfähige Händler und erfolgreiche Verkäufer nutzen bestehende Förderungen, lassen aber nicht zu, dass ihre Kunden vom Zick-Zack-Kurs möglicher Regularien vereinnahmt werden und ihre Autoanschaffung solange hinausschieben, bis sich die Politik einig wird. Um dies zu vermeiden, ist es wichtig, Interessenten vom ersten Kontaktpunkt an das gute Gefühl zu vermitteln, verstanden zu werden und sich mit oder ohne Förderung für ein passendes Auto mit passendem Antrieb zu entscheiden. Händler, die ihre Kunden bereits online mit einer benutzerfreundlichen Bedarfsanalyse bei ihren Mobilitätsbedarfen abholen und passende Autos empfehlen, geben nicht nur Kaufimpulse, sondern vermitteln auch wirksam den Mehrwert passender Fahrzeuge.

In einem langfristig wirksamen Masterplan für Elektromobilität sollte es nicht um die Frage „Welches Elektroauto passt zu Ihnen?“ gehen, sondern darum: „Welches Auto passt?“ Dann werden auch die Interessenten zur Elektromobilität geführt, die ein E-Auto ursprünglich gar nicht erwogen haben. Fazit: Ein langfristig angelegter und wirksamer Masterplan zum Hochlauf der Elektromobilität sollte vom Kunden her gedacht werden.

AUTOHAUS BankenMonitor 2023
Dr. Konrad Weßner
© Foto: Diar Nedamaldeen

Zum Autor

Dr. Konrad Weßner ist Gründer und aktiver Gesellschafter von puls Marktforschung und Co-Founder der aus puls ausgegründeten interaktiven Mobilitätsberatung MOBILITY4.ME. Er vermittelt seine langjährigen Marktforschungserfahrungen und sein Expertenwissen zu Trends und Markenstrategien in der Automobilbranche als Referent und Autor von Fachbeiträgen.

Für AUTOHAUS beleuchtet Dr. Weßner regelmäßig aktuelle Herausforderungen und Chancen für den Automobilhandel:




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