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Autoexperte: "Tesla sitzt in der Wachstumsfalle"

19.04.2021 10:21 Uhr | Lesezeit: 4 min
© Foto: picture alliance/Simon Laessoee/Scanpix Denmark

Nur E-Autos, zu wenige Modelle, wachsende Konkurrenz: Ex-BMW-Chefökonom Helmut Becker sieht die Zukunft des Elektroauto-Pioniers kritisch. Seiner Meinung nach werden die US-Amerikaner auf Dauer nicht profitabel werden.

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Nach Einschätzung des Branchenexperten Helmut Becker wird sich Tesla langfristig nicht gegen die wachsende Konkurrenz behaupten können. In einem Meinungsbeitrag für das liberal-konservative Magazin "Tichys Einblick" nennt der ehemalige Chefökonom von BMW drei Hauptgründe für den erwarteten Abstieg des US-Elektroautoherstellers: "Das Unternehmen ist eine One-Man-Show, die Modellpalette ist zu schmal, und der Wettbewerb holt auf."

Gerade die Fokussierung auf reine Elektroautos sieht Becker kritisch. Tesla fehle die Hybridtechnik, von der die traditionellen Hersteller aktuell stark profitieren würden. Becker: "Die deutschen Wettbewerber setzen neben den bewährten Verbrennern als sicherem Cash-Generator und der Batterieelektrik mehr und mehr auf Plug-in-Hybrid-Technologie (PHEV), um dem Bedürfnis der Kunden nach berechenbarer Reichweite zu entsprechen." Der Markt favorisiere eine Technologie, über die Tesla nicht verfüge.

Zudem ist die Fahrzeugpalette aus Sicht von Becker zu stark auf das Premiumsegment fokussiert, mit dem sich aber die notwendigen Steigerungsraten nicht erzielen lassen, um den aktuell hohen Börsenwert zu halten. Der Modelloffensive an kompakten Elektroautos habe Tesla nichts entgegen zu setzen. Zwar diskutiere Firmenchef Elon Musk über einen Van und Mini-Van. "Für die Milliarden an Entwicklungskosten für eine solche strukturelle Erweiterung müssten die bisherigen Modelle aber erst einmal Gewinne einfahren. Was sie allerdings nicht tun", so Becker. Tesla habe nicht einmal genug Geld für übliche Modellpflegemaßnahmen für die in die Jahre gekommenen Model X und S.


Tesla Model S Plaid

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Becker betont: "Aus dem Jäger von einst ist der Gejagte von heute geworden. Tesla sitzt in der Wachstumsfalle, denn das Marktwachstum bei Elektroautos findet in Zukunft vor allem bei PHEV-Autos statt, nicht bei reinen Elektroautos. (…) Da es Tesla selbst in Monopolzeiten nicht gelungen ist, rentabel zu wachsen, ist das nunmehr mit zunehmender Oligopolisierung des Marktes unmöglich geworden."

Tesla ist derzeit an der Börse mehr wert als alle Autobauer der USA und Europas zusammen. Das Unternehmen hatte 2020 erstmals seit Gründung im Jahr 2003 ein Geschäftsjahr mit schwarzen Zahlen abgeschlossen hat, der Gewinn lag bei 721 Millionen US-Dollar (wir berichteten).


Tesla Model Y (Fahrbericht)

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KOMMENTARE


Hartmut Pick

19.04.2021 - 18:25 Uhr

Zu kurz gesprungen Herr Becker und Nebelkerzen zünden hilft auch nicht. Jede neue Ladesäule lässt ihre Hypothesen schmelzen. Außerdem wird die Börse ihren Liebling nicht im Stich lassen. Ein Beispiel , OTA Technologie muss sich erst mal funktionierend und stabil zeigen, zwischenzeitlich macht Tesla die nächsten Schritte in der Softwareentwicklung. Außerdem ist die Imagekomponente pro Tesla, dem Pionier traut man viel zu.


Prof. Dr. Roland Vogt

20.04.2021 - 00:00 Uhr

Richtig ist, dass sich Tesla eine schnell wachsenden Schar von attraktiven alternativen Modellen unterschiedlichster Hersteller von Elektrofahrzeugen (BEV) gegenüber sieht. Falsch ist hingegen, dass Tesla der PHEV fehlt. Dieses Fahrzeugsegment ist zum allergrößten Teil dem steuerlichen Fehlanreiz geschuldet, bei dem PHEV als Firmenfahrzeuge im Wesentlichen wegen der faktisch halbierten Geld-werten-Vorteil-Versteuerung gewählt werden und daher im Anschluss durch äußerst geringe elektrische Fahranteile eine starke Umweltbelastung darstellen. Dieser Fehlanreiz wird spätestens mit dem Auslaufen dieses Steuervorteiles, möglicherweise aber auch schon vorher durch gesellschaftliche Ächtung korrigiert werden. Bereits jetzt sehen sich die Leasinggesellschaften einer extrem ungünstigen Restwertentwicklung der PHEVs gegenüber. Unsere quantitativen Studien haben ergeben, dass die elektrische Nutzung von PHEVs im Mix bei etwa 1 % liegt, wenn die Firmenfahrzeugfahrer keine Möglichkeit haben, zu Hause zu laden. Wird ihnen diese Möglichkeit durch die Arbeitgeber verschafft, so steigt dieser Nutzungsanteil im Durchschnitt auf ca. 25%. Immer noch rund die Hälfte der Herstellerannahmen. Dies ist keine Basis für eine nachhaltige Modellpolitik und sicherlich auch kein Drohszenario für zukunftsfokussierte Automobilhersteller.


mein name

20.04.2021 - 09:49 Uhr

Hallo Herr Pick - schon mal über PONZI nachgedacht? Sie könnten sich mal etwas mehr mit der Börse auseinandersetzen, dann wüssten Sie was ich meine. Ich bin gespannt, wenn es - und dies geschieht langsam - an der Börse zündelt. Vor dem Aspekt, dass Tesla zeitnah nicht wird in Brandenburg produzieren können, wird es auch Probleme geben. Es wird spannend und lohnt sich die Börse zu beobachten. Da sind Leute gehebelt drin, die wenn es knallt, sofort verpuffen.


Peter Storch

20.04.2021 - 00:00 Uhr

Tesla hatte bisher den Bonus in den fast leeren Markt rein zu produzieren. Klar, da war die Penetration in den Markt einfacher zu erzielen. Doch die Autobauer auf der ganzen Welt haben inzwischen eine große Aufholjagd gestartet und werden dem amerikanischen Autopionier sicher ordentlich einheizen, d.h. Erfolge werden schwerer zu erzielen sein. Darüber wird sich aber auch Elon Musk schon lange im Klaren gewesen sein. Er wird natürlich nicht immer der einzige Player im Markt bleiben können... und es geht auch nicht immer nur nach oben. Wenn aber weiter so innovativ am Markt agiert wird, sehe eine große Chance das Tesla auch weiter bei der „Musik“ bleiben wird.


Markus Gübeli (ohne Titel)

22.04.2021 - 20:10 Uhr

@ Prof. Dr. Roland Vogt: Richtig oder falsch - der Hinweis auf Ihren Titel scheint klarzustellen, dass Sie "richtig oder falsch" kennen. Da wäre ich weniger sicher - Sie erwähnen ja in erster Linie das deutsche System bezüglich PHEV und den Steuervorteilen, und meines Wissens ist Tesla ein globaler Anbieter. Vielleicht geht das Ganze in anderen Ländern in eine andere Richtung? Man sehe sich z.B. Toyota und seine Strategie an - immerhin gehört er zu den grössten und rentabelsten Herstellern. Könnte sein, dass Herr Becker auch nicht ganz unrecht hat? Auch ohne Titel?


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