Markenausblick Nio: Die Kunst des langen Atems

24.09.2025 16:51 Uhr | Lesezeit: 4 min
Nach dem Elch- nun der Champagner-Test: Das Fahrwerk des Nio ET9 gleicht in Sekundenbruchteilen alle Unebenheiten aus – der teure Drink bleibt in den Gläsern. 
© Foto: Anna Beyschlag/AUTOHAUS

Die chinesische Marke Nio bietet in Deutschland mittlerweile fünf Modelle an. Die Zulassungszahlen sind allerdings noch sehr überschaubar. Am Rande der diesjährigen IAA in München wurden als Baureihe Nummer sechs das Flaggschiff ET9 und der kleine Stromer Firefly vorgestellt.

Aus dem Internet ist die Szene mittlerweile bestens bekannt: Ein Nio ET9 fährt über versetzt angeordnete Bodenwellen, auf der Fronthaube transportiert er eine Kaskade aus gefüllten Champagnergläsern. Das Fahrwerk, das in Kooperation mit dem Start-up ClearMotion entstanden ist, gleicht in Sekundenbruchteilen alle Unebenheiten aus – der Champagner bleibt in den Gläsern. 

Was schon Ex-VW-Chef Herbert Diess in lautstarkes Erstaunen versetzte, klappt auch im Münchner Nio Hub in der Nähe des Messegeländes. Hinter der aufsehenerregenden Vorstellung steckt ein laut Nio "prädiktives Fahrwerk der nächsten Generation" Das eliminiert Unebenheiten und Vibrationen auf einem bislang unerreichten Niveau und soll so selbst unter schwierigen Fahrbedingungen eine extrem komfortable Fahrt gewährleisten. Der damit als erstes Fahrzeug ausgestattete ET9 kann aber noch mehr als Komfort – mit ihm kann man auch spielen. Über sein kombiniertes Lidar-, Radar- und Kamerasystem reagiert er auf die Bewegungen eines vor ihm stehenden Menschen – er verneigt sich, wackelt von links nach rechts, macht ansatzweise Männchen – immerhin schwingt die Front dabei um rund 20 Zentimeter in die Höhe. 


Nio auf der IAA Mobility 2025

Nio ET9 Bildergalerie

Nio ET9: Unermüdlicher Datensammler 

Nutzwert hat die in München gezeigte Spielerei nur begrenzt. Aber sie ist ein deutliches Zeichen dafür, dass im vollaktiven Fahrwerks-System noch ungeahnte Fähigkeiten stecken. Zudem ist jeder ET9 ein unermüdlicher Datensammler: Er scannt jeden Meter, den er zurücklegt und speichert die Daten zu Straßenzustand, zu Bodenwellen und Unebenheiten in eine Cloud. Und diese Cloud versorgt von diesem Zeitpunkt an alle ET9 auf dieser Strecke vorab, also prädiktiv, mit diesen Informationen, das Fahrwerk ist sozusagen vorgewarnt und stellt sich millisekundengenau darauf ein.

Zudem ist das Nio-Flaggschiff mit dem 360-Grad-LiDAR-Sichtsystem von Seyond bereits fürs autonome Fahren gerüstet, ZF aus Friedrichshafen hat die Steer-by-Wire-Fahrwerkstechnologie beigesteuert, und BASF Coatings zeichnet für die nachhaltigen Lacke verantwortlich. Die Form des ET9 bezeichnet Nio-Chefdesigner Danilo Teobaldi als Landjet-Design, Pate standen stromlinienförmige und geräumige Düsenjets. 

So tut sich denn nach Teobaldis Worten nach dem Öffenen der Türen auch kein gewöhnlicher Innenraum auf, sondern eine eigene Suite mit Lounge-Komfort für alle Passagiere. Darin erlebbar sei physischer und akustischer Luxus und eine "maximale Sounderfahrung". Und das alles mit mehr als sehr ordentlichen Fahrleistungswerten angesichts einer Leistung von 520 kW / 708 PS, einer 925-Volt-Plattform samt maximaler Ladeleistung von 600 kW. Den Verbrauch gibt Nio mit 16,2 kWh/100 km an, die Reichweite nach chinesischer CLTC-Norm mit 650 Kilometern. 

Nio ET9: Europa-Start noch nicht bekannt

Klingt alles sehr schön, macht Lust auf eine praktische Bekanntschaft mit dem stattliche 5,33 Meter langen ET9. Doch daraus wird so schnell nichts. Bisher gibt es ihn nur in China, dort ist er im März dieses Jahres gestartet. Wann er nach Europa, nach Deutschland kommt? Dazu hüllt sich die deutsche Nio-Dependance in Schweigen. Konkret wird es nur im Ausschlussverfahren: 2025 geht ganz bestimmt nichts mehr.



Das gilt auch für Nios pfiffige kleine Tochter namens Firefly. Deren gleichnamiger Stromer ist zwar mittlerweile in Europa angekommen und wird bereits in Norwegen und den Niederlanden verkauft. Aber der Start in Deutschland ist frühestens für 2026 vorgesehen. Schade, denn die Konkurrenz schläft nicht, inzwischen wächst die Zahl der außen kleinen und innen geräumigen Stromer im Preissegment bis zu 30.000 Euro, in dem auch das Glühwürmchen angesiedelt ist. Es bringt eine Vielzahl von Talenten mit, die keinen Zweifel an einer Karriere auch im anspruchsvollen Automarkt Deutschland aufkommen lassen. Das Vier-Meter-Gefährt ist mit einem 105 kW / 143 PS starken Elektromotor an der Hinterachse mehr als ausreichend ausgestattet, es soll in rund acht Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h sprinten, die Spitze liegt bei 150 km/h. Die 41,2 kWh des LFP-Akkus sollen für eine Reichweite von 330 Kilometern nach WLTP gut sein. 

Nio Firefly: Luftig und gut ausgestattet

Die Sitzprobe im Vorab-Exemplar im Münchner Nio Hub bestätigt die Angaben zur Geräumigkeit des Firefly, rundum haben die Passagiere reichlich Luft. Die Ausstattung des ausgestellten Basismodells erscheint absolut ausreichend bis hin zu beheizten Sitzen und Lenkrad, den üblichen Assistenzsystemen und einem gut ablesbaren 13,2-Zoll-Touchscreen. Auch als Kleintransporter und rollende Einkaufskiste macht der kleine Chinese eine gute Figur, der von 404 auf 1.253 Liter erweiterbare Kofferraum wird noch durch einen Frunk unter der Fronthaube mit einem Volumen von 92 Litern ergänzt. Der hat, vergleichbar mit der Giga-Box beim Ford Puma Gen-E unten einen Stöpsel, um Schmutz einfach ausspülen zu können.


Nio Firefly

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