Vertreter von Bundesregierung und EU-Kommission haben sich heute vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einen harten Schlagabtausch über die Rolle des neuen Hauptaktionärs Porsche geliefert. In der Verhandlung um das umstrittene VW-Gesetz sah sich die EU-Kommission als Klägerin von Porsche eindeutig unterstützt. Wie die Kommission will der Stuttgarter Sportwagenbauer den gesetzlich verankerten Sonderschutz für VW kippen. Die Bundesregierung hingegen argumentierte am Dienstag in Luxemburg, Porsche nehme jetzt schon auf die Geschicke von Volkswagen Einfluss. Ein Urteil des zu dem 46 Jahre alten Gesetz wird frühestens von Mitte 2007 an erwartet (Az.:C-112/05). Der Anwalt der Bundesregierung, Holger Wissel, sagte vor Gericht, man müsse nicht die Mehrheit an Unternehmen halten, um Einfluss zu nehmen. "Porsche sorgte dafür, dass der Vorstandsvorsitzende von VW vorzeitig ging", sagte Wissel in Anspielung auf die Entmachtung von Bernd Pischetsrieder. Die Kommission beharrte auf ihrer gut zwei Jahre alten Klage, wonach das VW-Gesetz die Kapitalverkehrsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit in der EU behindert. Der Generalanwalt des Gerichts, Damazo Ruiz-Jarabo Colomer, kündigte an, er wolle sein Gutachten am 13. Februar kommenden Jahres vorlegen. Das Gericht ist zwar nicht an seine Stellungnahme gebunden, folgt dieser aber häufig. Das Urteil wird nach Auskunft von Verfahrensbeteiligten einige Monate nach dem Gutachten erwartet. Betriebsrat warnt vor VW-Zerschlagung Der VW-Betriebsrat zeigte sich zuversichtlich, dass der EuGH das VW-Gesetz nicht zu Fall bringen werde. Eine Zerschlagung des Konzerns könnte "Heuschrecken" die Tür öffnen, die Volkswagen filetieren könnten, sagte der Geschäftsführer des VW-Gesamt- und Konzernbetriebsrats, Michael Riffel, am Dienstag in Wolfsburg. Zwar habe er im Prinzip nichts dagegen, wenn etwa Porsche 50 Prozent an VW übernehmen würde. "Ich glaube nicht, dass Porsche VW zerschlagen würde." Aber falls sich Porsche irgendwann zurückziehen würde, könnte VW das Opfer von "Heuschrecken" werden. Riffel kritisierte das Vorgehen von Porsche-Chef Wiedeking, der sich schriftlich bei der Bundesregierung und EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy über das Gesetz beschwert hatte, als unverständlich: "Porsche kannte das VW-Gesetz vor seinem Einstieg bei Volkswagen. Das ist, als ob ich direkt an die Autobahn ziehe und hinterher eine Bürgerinitiative gegen Verkehrslärm gründe." Riffel verteidigte erneut das VW-Gesetz, das dem Land Niedersachsen einen großen Einfluss bei dem Autobauer sichert. Das Unternehmen und vor allem die Arbeitnehmer seien mit dem damit bisher gut gefahren. Politiker hätten einen anderen Blick auf bestimmte Entscheidungen, vor allem wenn es um Beschäftigungssicherung gehe. Das VW-Gesetz sei die wesentliche Grundlage für einen Interessenausgleich bei Volkswagen. "Es kann keinen dominierungswilligen Großaktionär geben, der den anderen seinen Willen aufzwängt." (dpa)
VW-Gesetz: Richtungsentscheid im Februar
Einflussreicher Generalanwalt legt in zwei Monaten sein Gutachten vor / Betriebsrat warnt vor "Heuschrecken"