Ausgabe 20/2009: Konkurrenzkampf

KurzfassungViele Absatzkanäle machen dem Vertragshandel Konkurrenz: der Direktvertrieb der Automobilhersteller, Autorisierte Service-Betriebe, Freie Werkstätten, Einkaufskooperationen, Vermittler, Wiederverkäufer, Flottenbetreiber, Leasinggesellschaften, Internetbörsen, Auktionsanbieter, freier Verkauf an (freie) Wiederverkäufer, Tele-Shopping, Discount- und Baumärkte.Der Typus Vertragshändler (inkl. Niederlassungen) steht noch immer an erster Stelle, verliert aber mehr und mehr an Bedeutung.multikanalvertriebMultikanalvertriebKonkurrenzkampfMultikanalvertrieb E Die Vertriebskanäle, die seitens der Hersteller am Markenhandel vorbei die Überproduktion vermarkten, machen inzwischen 10 bis 20 Prozent der Zulassungsmenge aus. Der autorisierte Handel verliert durch die massive Wettbewerbsverzerrung an Bedeutung. von Prof. Hannes BrachatIn der anstehenden Auseinandersetzung um die Geschäftsmodelle im Automobilhandel der Zukunft sind die Blicke ganz gewichtig darauf zu lenken, über welche Gattungen von Vertriebskanälen der gesättigte Automobilmarkt in Deutschland beliefert wird. Zum einen haben wir den Markenhandel. Hier erfolgt der Vertrieb über selbstständige und (un-)abhängige externe Unternehmen unter vertraglicher und wirtschaftlicher Anbindung. Zum anderen gibt es den Direktvertrieb der Automobilhersteller. Hier werden Fahrzeuge direkt an Privat- wie Geschäftskunden über eigene Absatzorgane wie eigene Verkaufsabteilungen oder werkseigene Niederlassungen vermarktet. Der Direktvertrieb macht bei manchen Marken bereits 50 bis 70 Prozent der Neuwagenzulassungen aus.Mit der GVO 2002 entwickelten sich weitere Absatzkanäle und -formen. Sprechen wir besser vom Multikanalvertrieb! Das gegebene Absatzvolumen wird inzwischen unter zusätzlichen Marktteilnehmern neu verteilt. Autorisierte Service-Betriebe treten beispielsweise als Fahrzeugvermittler bzw. freie Händler auf. Auch ehemalige Markenhändler. Ebenso Freie Werkstätten. Außerdem haben sich mehrere Einkaufskooperationen gebildet (ANAG, Auto Süd AG u. a.). Wir sprechen hier jeweils vom Händler ohne vertragliche Bindung.E-Commerce (B2B wie B2C) schafft immer neue Facetten. Es werden nur Teile des Kaufprozesses abgebildet, beispielsweise die Fahrzeug-Konfiguration über Internet/Call-Center, also Anbahnung. Andere ziehen den Prozess bis zur Fahrzeugauslieferung direkt beim Kunden durch. Man denke an die EU-Vermittlung von Fahrzeugen. Vermittler sind solche Personen oder Unternehmen, die ein neues Kfz für einen Verbraucher kaufen, ohne Mitglied des jeweiligen Vertriebsnetzes zu sein. Sie dürfen nicht mit unabhängigen Wiederverkäufern verwechselt werden, die ein Fahrzeug zum Weiterverkauf erwerben und nicht im Namen eines bestimmten Verbrauchers tätig werden. Zum Verhältnis Vertragshändler und EU-Vermittler sei auf die Ausführungen im Buch „Das Autohaus in der Krise und Insolvenz“ S. 377 ff. verwiesen (LexisNexis Verlag). Der Vertrieb reiner Mobilitätsleistungen ist auf dem Vormarsch. Der Privat- wie Geschäftskunde erwirbt ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht (Flottenmanagement, Pool-Leasing- oder Mietangebot u. a.). Diverse Unternehmen (Flottenbetreiber, Leasinggesellschaften u. a.) agieren heute als Geschäftskundenspezialisten (komplettes Flottenmanagement). Dazu gehören auch Module mit gezielten Paketen für Mitarbeiter, die in Höhe der monatlichen Leasingrate Gehaltsverzicht leisten – siehe Athlon-Lease (www.athlon carlease.de, Rubrik Fahrer, Gehaltsumwandlung, oder www.lease2motivate.de, Arbeitnehmer).AuktionenSchauen wir auf die Vertriebsform der öffentlichen (gängige Internetbörsen) oder der geschlossenen Auktion (an Wiederverkäufer). Einschlägige Auktionsanbieter agieren auf dem gesamteuropäischen Markt. Stehen in einem der 27 EU-Länder Neufahrzeuge auf Halde, werden diese Fahrzeuge über den Preis regional zur gezielten Internetofferte. Sie werden in der Regel freien Wiederverkäufern angeboten. Diese sog. EU-Fahrzeuge beziehungsweise Neuwagen-Überbestände diverser Importeure/Hersteller tragen – wie die Fahrzeugbörsen – zu einer Senkung des durchschnittlichen Preisniveaus bei. Der freie Verkauf an (freie) Wiederverkäufer ist ein weiterer Kanal. Sprich, ungebundene Händler erhalten neue Autos. Oftmals mit der Auflage, diese nicht an entsprechende Markenhändler weiter zu veräußern. Ein Automobilhändler hat sich im Tele-Shopping geübt (Jütten & Koolen in Heinsberg/Aachen). Oder wer erinnert sich nicht an die Vermittlung über branchenfremde Akteure namens Discount- und Baumärkte (Tchibo, Aldi, Rewe, Edeka, Otto-Versand, Marktkauf etc.)?Auch das Factory Outlet, wie bei Fiat in Giebelstadt/Würzburg (Foto oben), ist anzutreffen. Hier werden ganz gezielt Überkapazitäten in Form von Lagerwagen oder Auslaufmodellen direkt aus Turin frei zum Verkauf angeboten. Zukunft?Weitere Entwicklungen sind denkbar. Wann treten große, autarke und international tätige Handelsgruppen auf, die ihre eigenen Automobile produzieren lassen und auf den Markt bringen? Oder sie ordern von einem bestimmten Fahrzeugmodell eines Herstellers 20.000 Einheiten und vertreiben diese überregional über Börsenkanäle. Heute ordern sie bei diesem, morgen bei jenem Hersteller? Selbiges Ansinnen könnte von Einkaufsgemeinschaften ausgehen.Die aufgezeigten Absatzkanäle machen deutlich, dass der Typus Vertragshändler (inkl. Niederlassungen) nach wie vor an erster Stelle steht, dennoch mehr und mehr an Bedeutung verliert. Die unterschiedlichen Vertriebsformen verdeutlichen einen starken Intra- und Interbrandwettbewerb. Kannibalisierung pur! Auch dies führt zu ertrags- und imageschädigendem Preiswettbewerb. Die Multivertriebskanäle wie die Ertragssituation im Handel schaffen für die Hersteller Handlungsdruck. Die Forderung: Lean Distribution! Der Neuwagenvertrieb (Franchise Attractiveness) muss für den Markenhandel profitabler und attraktiver gestaltet werden. zGrundsatzfragen für händler1. Weshalb sind unabhängige Unternehmer bereit, die aufgezeigten Restriktionen und die Risiken ihrer Tätigkeit hinzunehmen oder sich sogar aktiv dem Hersteller anzudienen?2. Den höchsten Bindungsgrad haben Franchisenehmer. Damit drängt sich die Frage auf, warum es Unternehmer gibt, die gerade in dieser Funktion tätig werden wollen? Oder anders gefragt: Gibt es Anzeichen dafür, dass sich diese maximale Intensität der Anbindung wirtschaftlich positiv auf diese Kategorie der Absatzmittler auswirkt? Oder setzt eine Rendite für beide Seiten zukünftig eine zentrale Preisstellung voraus?3. Wie viele Vorgaben durch den Hersteller braucht der Automobilvertrieb? Oder: Braucht der Automobilvertrieb ein neues Verständnis des Herstellers in Bezug auf die Rolle des Herstellers im Vertriebssystem? Wird der Automobilvertrieb optimiert, wenn der Hersteller seinen eigenen Vertriebsapparat minimiert und die dadurch freigesetzten Mittel in vertriebsunterstützende Begleitmaßnahmen umschichtet? 4. Oder anders gewendet: Ist der externe Handel bereit und in der Lage, die Marktchancen besser auszuschöpfen, wenn der Hersteller sich für ein Vertriebsmodell öffnet, in dem sich der externe Handel auf den Kunden konzentrieren kann und in diesem Bemühen durch Maßnahmen aller Art seitens des Hersteller unterstützt wird, die die Akquisitionschancen und den Akquisitionserfolg des externen Handels begünstigen?

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Konkurrenzkampf

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