Durch das Deutsche Kfz-Gewerbe geht ein tiefer Riss. Der Zentralverband ZDK kämpft derzeit mit Austritten verschiedener Landesverbände. Jüngst warnte die Verbandsspitze daher vor Spaltungstendenzen und appellierte an die Mitgliedsverbände, den eingeschlagenen Reformkurs mitzutragen. AUTOHAUS sprach mit ZDK-Präsident Thomas Peckruhn über die aktuelle Verbandslandschaft, den Reformkurs des ZDK und den Umgang mit den Ausscheidern.
AUTOHAUS: Viele Betriebe verstehen die Verbandslandschaft kaum noch: ZDK, ZVK, Landesverbände, Fabrikatsverbände – wer ist wofür zuständig?
Thomas Peckruhn: Für die meisten Kfz-Betriebe ist die lokale Innung der erste Ansprechpartner, besonders bei Fragen zur Ausbildung. Innungen schließen sich zu Landesverbänden zusammen, die Fachleute für Berufsbildung und Technik bereitstellen. Der Zentralverband (ZDK) bündelt übergeordnete Aufgaben wie Recht, Standards und Politik. So müssen nicht alle Innungen oder Landesverbände eigene Spezialisten halten.
Dieses System gerät ins Wanken, weil einige Landesverbände aus dem ZDK austreten und sich künftig nur im ZVK organisieren wollen, der wiederum Mitglied im ZDK bleibt. Der ZDK bleibt umfassender Dachverband, der auch Markenhändler einbezieht.
Was wollen die Markenhändler, die sich im neuen Verband VAD sammeln?
Für große Markenhändler mit Standorten in mehreren Bundesländern sind diese Strukturen unzureichend. Sie organisieren sich zusätzlich in markenspezifischen Vereinigungen, um gegenüber Herstellern stärker aufzutreten. Dadurch existieren zwei parallel arbeitende Systeme, die nicht immer als gemeinsame Wirtschaftsstufe wahrgenommen werden. Das hat zur Verbandskrise im ZVK beigetragen.
Einige ausgetretene Landesverbände haben ihren Fokus auf freie Werkstätten gelegt und dadurch den Kontakt zu großen Handelsgruppen verloren. In diese Lücke stößt der Verband der Autohändler Deutschlands.
Was ist der besondere Nutzen des ZDK heute?
Der ZDK vertritt die Interessen aller Kfz-Betriebe – vom kleinen Handwerksbetrieb bis zur großen Handelsgruppe, freie und markengebundene Werkstätten. Wenn durch Austritte die Breite dieser Vertretung schrumpft, schwächt das die gesamte Branche politisch.
Wie sehr schwächt das Ausscheiden von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz den ZDK?
Zunächst schwächen die Austritte vor allem die austretenden Landesorganisationen selbst. Der ZDK konzentriert seine politische Arbeit stärker auf die Verbände, die aktiv mitarbeiten und breit aufgestellt sind. Das ist die deutliche Mehrheit der Landesverbände. Zudem bilden wir mit den markengebundenen Handelsgruppen über die Fabrikatsverbände weiterhin alle Regionen Deutschlands ab.
Wo liegt die größte Herausforderung: Politik, Organisation oder Finanzierung?
Finanziell spüren wir die Veränderungen. Inhaltlich behalten wir viele Vorteile, weil aktive Verbände uns weiterhin schätzen. Politisch ist es schwieriger, wenn nicht alle Landesorganisationen vertreten sind. Wir passen uns an: Über unsere Fabrikatsverbände sind wir in allen Bundesländern präsent und über unsere Landesverbände decken wir weiter die fachliche Expertise zu allen Themen des Kfz-Gewerbes ab. Wir bleiben der Zentralverband für freie und markengebundene Betriebe.
Welche weiteren Auswirkungen erwarten Sie in den nächsten Monaten?
Bis Jahresanfang stellen wir uns neu auf: "ZDK Drive" soll Werkstatt und Handel weiter gleichberechtigt vertreten, mit stärkerem Fokus auf Mitglieder, die die bundespolitische Vertretung als strategisch wichtig sehen.
Wie verhindern Sie, inhaltlich an Einfluss zu verlieren?
Wir bauen das dynamische Netzwerk unserer Mitgliedsverbände weiter aus, mit klarer Arbeitsteilung und Kompetenzfeldern. So nutzen wir das Know‑how der Mitglieder und decken alle Bereiche des Kfz-Gewerbes ab – auch Handwerksthemen.
Erwarten Sie weitere Austritte oder schließen sich die Reihen wieder?
Neben NRW gibt es nur zwei weitere rechtswirksame Kündigungen. Die Mehrheit der Landesverbände steht klar zum ZDK. Bei der Mitgliederversammlung im September stimmten 60 Prozent für unseren eingeschlagenen Modernisierungskurs mit der Satzungsreform. Die klare Mehrheit des Kfz-Gewerbes steht weiterhin hinter dem ZDK.
Droht dadurch eine höhere Belastung für die Betriebe?
Nein, das ist nicht das Ziel. Wir prüfen weitere Mitgliedschaften und werden das Vertretungsangebot sinnvoll erweitern, zum Beispiel durch digitale Dienste und Finanzdienstleistungen. Die Trennung sehen wir als Chance, moderner und zukunftsfester zu werden; die Satzungsreform ist nur ein erster Schritt.
Reicht die Zugehörigkeit über die Innung (ZVK) aus, um besonders kleine Betriebe gleichwertig zu vertreten?
Einige ausgetretene Landesverbände hoffen, über den beitragsfreien ZVK automatisch alle Vorteile des ZDK weiter zu nutzen. Das wird so nicht funktionieren. Die Frage ist, ob große markengebundene Betriebe eine direkte Mitgliedschaft im ZDK bevorzugen und ob sich Innungen dem ZDK direkt anschließen. Hierfür werden wir ab Januar die Möglichkeit für den Bereich der ausgetretenen Landesverbände haben.
Bleibt die Zahl der vertretenen Betriebe gleich?
Die Zahl der unmittelbar vertretenen Betriebe sinkt etwas. Wichtiger sind aber Beschäftigte, Auszubildende und Kundenkontakte. Allein mit den Fabrikatsverbänden erreichen wir 75 Prozent aller Beschäftigten und rund 85 Prozent der Auszubildenden im Kfz-Gewerbe. Insgesamt sind wir weiterhin in elf von 14 Landesverbänden vertreten und bleiben die stärkste Kraft im Kfz-Gewerbe.
Herr Peckruhn, vielen Dank für das Gespräch!