Differenzbesteuerung: Genau hinschauen

Weitere Informationen und Services von AUTOHAUS zum Thema: Playlist: "Steuer- und Rechtsthemen" Die Differenzbesteuerung gehört zum täglichen Handwerkszeug für jeden Gebrauchtwagenhändler. Doch aktuelle Urteile zeigen, dass die Anwendung der Differenzbesteuerung keine unkritische Selbstverständlichkeit sein sollte. Ausweislich des Leitsatzes einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs geht es ausdrücklich zulasten eines Händlers, wenn die Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung nicht nachgewiesen sind - und der Händler auch nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergriffen hat, um Unregelmäßigkeiten in Bezug auf seinen jeweiligen Geschäftspartner nachzugehen. Die Differenzbesteuerung ist historisch eine Steuererleichterung für Händler mit gebrauchten Waren, um ihnen den Wettbewerb mit Verkäufen von Privat zu Privat zu erleichtern. Denn ohne Differenzbesteuerung müssten Gebrauchtwagenhändler bei jedem Verkauf aus dem vollen Verkaufspreis Umsatzsteuer abführen. Aufgrund der Differenzbesteuerung wird dies jedoch reduziert auf die Umsatzsteuer aus der namengebenden positiven Differenz beim Verkauf. Die Differenzbesteuerung kann dabei nur auf einen Verkauf angewendet werden, wenn ein gewerblicher Wiederverkäufer Gegenstände innerhalb des europäischen Gemeinschaftsgebiets ankauft und beim Ankauf entweder keine Umsatzsteuer entsteht (z. B. weil der Verkäufer ein Kleinunternehmer ist oder eine Privatperson ihr privates Fahrzeug verkauft hat) oder beim Ankauf die Differenzbesteuerung angewendet wurde. Genau der letzte Punkt ist nun kürzlich mehreren Händlern zum Verhängnis geworden. Verkäufer keine Privatpersonen Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung legte ein Kfz-Händler dem Prüfer eine ganze Reihe von üblichen Musterverträgen über den Ankauf von Fahrzeugen von Privatpersonen vor. Die Finanzverwaltung stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die jeweiligen Vertragspartner nicht in den Fahrzeugpapieren als Halter eingetragen waren. Daraus schloss der Prüfer, dass die Verkäufer keine Privatleute, sondern gewerbliche Verkäufer gewesen seien. Dies passte jedoch nicht zu den Ankaufsverträgen, aus denen sich gerade nicht ergab, dass die Verkäufer Händler wären, welche die Differenzbesteuerung anwenden würden. Daher errechnete die Finanzverwaltung nicht nur aus den positiven Differenzen, sondern aus den gesamten Verkaufserlösen der betroffenen Fahrzeuge die Umsatzsteuer. Hinzu kam, dass bei einer ganzen Reihe von Fahrzeugen die aufgezeichneten Fahrgestellnummern unvollständig bzw. beim Kraftfahrt-Bundesamt unbekannt waren. Die Finanzverwaltung hielt zwar jeweils ein Versehen für möglich. Nichtsdestotrotz wurde aufgrund der mangelhaften Aufzeichnungen bei 20 Prozent dieser Fahrzeuge ebenfalls die Differenzbesteuerung verworfen und auch hier nicht nur aus den positiven Differenzen, sondern aus den gesamten Verkaufserlösen der betroffenen Fahrzeuge die Umsatzsteuer herausgerechnet. Mit seiner Klage gegen diese Feststellungen der Finanzverwaltung hatte der Händler jedoch keinen Erfolg. Vielmehr bekam die Finanzverwaltung recht, dass man nicht abschließend feststellen könne, ob tatsächlich alle Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung vorliegen würden. Da die Differenzbesteuerung jedoch eine für den Händler begünstigende Regelung ist, gingen etwaige Fehler des Händlers zu seinen Lasten. Insbesondere die Tatsache, dass die Verkäufer nicht mit dem letzten Halter der Fahrzeuge identisch gewesen sind, hätte den Händler stutzig werden lassen müssen. In einer solchen Konstellation ist es nämlich naheliegend, dass ein Zwischenverkauf des Fahrzeugs an einen anderen Händler stattgefunden hat. Insofern hätte der Händler dem nachgehen und beim Verkäufer nachfragen müssen, ob dieser nicht vielleicht doch ebenfalls ein Händler sei. Falls ja, hätte Differenzbesteuerung explizit vereinbart werden müssen. Zweifel an der Herkunft Einem zweiten, kürzlich ergangenen Urteil lag ein etwas anderer Sachverhalt zugrunde. Hier hatte ein deutscher Kfz-Händler rund 80 gleichartige junge Gebrauchtfahrzeuge von insgesamt drei deutschen Händlern erworben. Diese Fahrzeuge hatten zum Teil fortlaufende Fahrgestellnummern und wurden differenzbesteuert in Rechnung gestellt. Aus den CMR-Frachtbriefen für die Anlieferung war teilweise ersichtlich, dass die Fahrzeuge aus Frankreich bzw. Spanien angeliefert wurden. Auch ein Teil des Kaufpreises wurde nach Spanien überwiesen. In einer Umsatzsteuersonderprüfung stellt sich später heraus, dass ein Hersteller die Fahrzeuge ursprünglich an ein spanisches Mietwagenunternehmen verkauft hatte. Nach rund sechs bis sieben Monaten wurden die Fahrzeuge an einen deutschen Zwischenhändler berechnet, welcher die Fahrzeuge seinerseits an die drei Lieferanten des Klägers weiterveräußerte. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht wendeten auf die Weiterverkäufe des Klägers letztendlich die Regelbesteuerung an. Denn aus ihrer Sicht bestanden offensichtliche Zweifel an der Differenzbesteuerung - auch wenn für den Kläger beim Ankauf nicht die gesamte Lieferkette bekannt gewesen ist. Hierfür sprachen aus ihrer Sicht verschiedene Dinge. Zum einen wurden die Zwischenhändler zum Teil erst kurz vor der Lieferung gegründet, sodass keine längere Geschäftsbeziehung bestand. Zudem war in ihren Augen aufgrund der Banküberweisungen und Frachtbriefe erkennbar, dass die Fahrzeuge von einem spanischen Mietwagenunternehmen stammten. Weiterhin waren in den Fahrzeugpapieren keine Privatpersonen eingetragen. Hinzu kam, dass unter den angekauften Fahrzeugen eine Vielzahl gleichartiger Fahrzeuge mit zum Teil fortlaufenden Fahrgestellnummern war. Damit waren aus Sicht der Richter Privatpersonen als zwischenzeitliche Eigentümer praktisch ausgeschlossen. Denn dann hätten all diese Privat-personen ihre Fahrzeuge jeweils an denselben Händler verkauft haben müssen, was die Richter als unrealistisch erachteten. Unregelmäßigkeiten nachgehen Beide Entscheidungen zeigen letztendlich, dass Kfz-Händler die Differenzbesteuerung nicht so ohne Weiteres in Anspruch nehmen können. Sowohl beim (vermeintlichen) Ankauf von privat als auch von anderen Händlern muss vielmehr aufgrund aller Umstände beurteilt werden, ob der Ankauf zu Recht ohne Umsatzsteuer erfolgte und somit beim Weiterverkauf die Differenzbesteuerung angewendet werden darf. Sind dabei Unregelmäßigkeiten erkennbar, müssen die Händler alle ihnen zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um diesen Unregelmäßigkeiten nachzugehen. Geschieht dies nicht, besteht für die Händler das erhebliche finanzielle Risiko, dass der Fiskus aus dem Weiterverkauf nicht nur die positive Marge, sondern den gesamten Verkaufspreis der Umsatzsteuer unterwirft. Mit Vertrauensschutz darf in diesen Fällen nicht gerechnet werden. KOMMENTAR Beide Urteile zeigen wieder einmal zwei wesentliche Punkte. Zum einen sollte nie die Wichtigkeit von vollständigen und richtigen Aufzeichnungen unterschätzt werden. Denn Finanzverwaltung sowie gegebenenfalls Gerichte können naturgemäß nur nachträglich einen Sachverhalt überprüfen - und stützen sich dabei in aller Regel nur auf das, was eindeutig dokumentiert und belegt ist. Zum anderen verlangen die Gerichte nicht, dass Steuerpflichtige generell und damit "ins Blaue hinein" Nachforschungen über deren Lieferanten anstellen. Dies ist durchaus Aufgabe der Finanzverwaltung. Allerdings erwarten die Gerichte von den Steuerpflichtigen, dass diese ihre Geschäfte zumindest "mit wachen Augen und gesundem Menschenverstand" tätigen. Wenn dabei Dinge entdeckt werden, die nicht plausibel sind, ist dem nachzugehen - und zwar mit allen dem Händler zur Verfügung stehenden Maßnahmen. Andernfalls kann sich der Vorgang schnell als teuer und - je nach Umfang der Geschäfte - im Extremfall als existenzgefährdend erweisen.

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