Eine Entscheidung der Schweizer Wettbewerbskommission (WEKO), einer mit dem deutschen Bundeskartellamt vergleichbaren Institution, bringt neuen Schwung in die Diskussion um einen gesetzlichen Schutz von Investitionen der Händler. Die Entscheidung fußt auf dem Schweizer "Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen" vom 6. Oktober 1995. Danach dürfen marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen ihre Stellung auf dem Markt nicht dazu missbrauchen, andere Unternehmen im Wettbewerb zu behindern oder zu benachteiligen. Hierzu zählt unter anderem die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (vgl. Art. 7 Abs. 1 und 2 lit. a) KartellG). Diese gesetzliche Regelung entspricht fast wortwörtlich dem deutschen "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen", was den Fall auch für den deutschen Handel interessant macht.
Was ist geschehen?
Ein über mehrere Jahrzehnte hinweg autorisierter Händler- und Servicebetrieb für Fahrzeuge der Marken BMW und Mini investierte Millionenbeträge in seinen markenkonformen Betrieb. Anschließend beendete BMW unerwartet die Zusammenarbeit, ohne dem Händler eine angemessene Übergangslösung anzubieten. Der Händler beschwerte sich über dieses Verhalten bei der WEKO und argumentierte, dass er auf den Fortbestand der Geschäftsbeziehung mit BMW angewiesen sei, um die getätigten Investitionen amortisieren zu können (vgl. Pressemitteilung der WEKO vom 10. Juli 2025).
Die WEKO bewertete das Verhalten von BMW als kartellrechtlich bedenklich. Im Rahmen einer summarischen Prüfung stellte die WEKO fest, dass BMW gegenüber dem Händler "relativ marktmächtig" im Sinne des Kartellgesetzes sei. Es sei eine "nicht grob selbst verschuldete" Abhängigkeit des Händlers von BMW anzunehmen und der Händler verfüge "nicht über Gegenmacht", um sich daraus zu befreien. Weiter führt die WEKO aus, dass BMW "diese [marktmächtige] Stellung durch die unerwartete Beendigung der Geschäftsbeziehung ohne angemessene Übergangslösung missbraucht" habe, was gegen das Kartellgesetz verstoße.
Die Millionenbeträge, die der Händler in seinen markenkonformen Betrieb investiert habe, wären durch die Vertragsbeendigung entwertet worden, ohne dass der Händler "angemessene Ausweichmöglichkeiten" gehabt hätte. Dabei prüfte die WEKO die bestehenden Alternativen sehr genau, "darunter den ersatzlosen Verzicht auf den Verkauf von BMW- und Mini-Neuwagen, den Verkauf von Neuwagen anderer Anbieterinnen als BMW, den Verkauf von Occasionen [Gebrauchtwagen] unterschiedlicher Marken oder eine geschäftliche Tätigkeit außerhalb des Automobilbereichs".
Diese Ausweichmöglichkeiten seien nach den Erkenntnissen der WEKO für den Händler jedoch nicht zumutbar gewesen, da sie "zu Umsatz- und Gewinneinbußen in den Bereichen Neuwagen, Occasionen und Werkstatt geführt" hätten, die "nicht ausreichend kompensiert worden" wären. Gleichzeitig wären die Investitionen des Händlers "bei einem Ausweichen weitgehend oder ganz abzuschreiben gewesen und es wären hohe neue Investitionen nötig geworden".
Folgen für den deutschen Handel
Der Schutz von Investitionen im Autohandel ist in Deutschland nach wie vor hoch umstritten. Die Entscheidung der WEKO gibt insofern neue Impulse. Aufgrund der nahezu identischen gesetzlichen Regelungen in der Schweiz und in Deutschland ist durchaus eine Parallele zu ziehen.
Nach der feststehenden Ansicht des Bundesgerichtshofs sind Automobilhersteller gegenüber ihren Handels- und Servicepartnern regelmäßig relativ marktmächtig. Die Rechtsfolge ist die gleiche wie in der Schweiz: Ein Missbrauch dieser Marktmacht ist verboten, insbesondere darf der Hersteller den Händler nicht unbillig behindern. Die Argumentation der WEKO, dass eine solche Behinderung gegeben sei, wenn bei Beendigung des Händlervertrags geforderte, aber noch nicht amortisierte Investitionen vorliegen, verfängt vor diesem Hintergrund auch nach deutschem Recht.
Uwe Brossette
Rechtsanwalt/Partner
Uwe.Brossette@osborneclarke.com