Parkgebühren für Einlagen: Niedrigzinsen - was tun?

Denkt man derzeit an Zinsen, muss man sich an ein neues Muster gewöhnen. Mittlerweile verlangen die Banken Strafzinsen - oder sind es Parkgebühren? - für Einlagen. Die EZB berechnet 0,2 Prozent Negativzinsen für Einlagen und mehrere Banken folgen bereits diesem Beispiel. Neuland für die Bundesrepublik Deutschland. Anfang der 1970er Jahre, als die Schweiz von Auslandsgeld überflutet wurde, versuchten sich die Eidgenossen mit Negativzinsen dagegen zu wehren. Seit dieser Zeit kennen auch wir den Begriff Negativzinsen - jedoch ohne davon auszugehen, dass dies auch bei uns einmal zum Tragen kommen würde. Jetzt aber doch! Wie damit umgehen? Generell zwingt die Zinssituation zu neuem Denken. Das Zinstief trifft die Sparnation Deutschland bis ins Mark, erschwert die Altersversorgung und wirft neue Probleme auf. Nicht einmal ein Ausgleich der derzeit extrem niedrigen Inflationsrate lässt sich noch erreichen. Die negative Seite: Die Vernichtung von Geldvermögen. Die positive Seite: Die Zinsen für Kredite sind niedrig wie nie. Aber auch das kann zu Fehleinschätzungen verleiten. Heute sieht es so aus, dass die Zinsen in absehbarer Zeit nicht nennenswert steigen werden. Kredite bleiben also "billig". Heißt das, dass es sich jetzt zu verschulden gilt? Trotz der Einigkeit aller Prognostiker: so mancher Hellseher hat sich auch schon getäuscht. Sicher, ein Unternehmer muss auch mal etwas riskieren. Es sollte sich dabei aber nicht gleich um das gesamte Unternehmen handeln. Niedrige Zinsen - eine Gefahr für Investitionsentscheidungen? "Eigentlich" sollte man gerade in Zeiten niedriger Zinsen investieren. Dieser Erfahrungswert gilt aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Ein Beispiel: Die derzeit niedrigen Zinsen haben positive Auswirkungen auf die Rentabilitätslage. Geringe Zinsaufwandsquoten verleiten zu einer höheren Bestandshaltung und unter Umständen sogar zu einer gewagten Investition. Die Zinsen sind ja so niedrig! Angesichts des aktuell niedrigen Zinssatzes "rechnet" sich vielleicht sogar die bereits seit längerer Zeit beabsichtigte Investition. Wenn nicht jetzt - wann dann? Betrachten wir folgendes Szenario: Ein Autohaus mit 20.000.000 Euro Jahresumsatz, 6.000.000 Euro Bilanzsumme, 20 % Eigenkapital = 1.200.000 Euro, 4.800.000 Euro Fremdkapital, davon 4.000.000 Euro zu verzinsen, der Rest zinsfrei; Umsatzrendite knapp 1,5 Prozent = 300.000 Euro, was - vereinfacht - auch dem Cashflow bei unserem Beispiel entsprechen soll. Der Plan: Jetzt neu bauen! Baukosten 3.000.000 Euro, Zinsangebote: 1,3 Prozent für 5 Jahre fest, 1,7 Prozent für 10 Jahre fest, 2,1 Prozent für 15 Jahre fest. D. h. zwischen 39.000 Euro und 63.000 Euro jährlicher Zinsaufwand. Die Kreditlaufzeit soll 15 Jahre betragen, was 200.000 Euro Jahrestilgung verursacht. Ohne Umsatz- und Ertragsveränderungen zu berücksichtigen, heißt das, der Gewinn sinkt bei Realisierung auf 261.000 Euro bei 5-jähriger Zinsfestschreibung und auf 237.000 Euro bei 15-jähriger Zinsfestschreibung. Noch mal: wenn sich sonst nichts verändert. Der Überschuss reicht noch für 200.000 Euro Tilgung. Falls nach 5 Jahren der Zinssatz auf 5 Prozent steigen sollte, beträgt der Darlehensrestbetrag noch 2.000.000 Euro. 5 Prozent Zinsen darauf = 100.000 Euro bedeutet nur noch 200.000 Euro Gewinn, der, rein rechnerisch schon, aber in der Praxis nicht mehr für die Tilgung von 200.000 Euro ausreicht. Erschwerend wird hinzukommen, dass höchstwahrscheinlich auch die Zinsen für das übrige Fremdkapital steigen. Nehmen wir an um 2 Prozentpunkte = 80.000 Euro. Dann beträgt der Gewinn nur noch 120.000 Euro und die Tilgungszahlungen können nicht mehr geleistet werden. Der Betrieb kommt in erhebliche Schwierigkeiten! Die Rechnung kann natürlich auch positiv enden, wenn während der ersten 5 Jahre Umsatz und Gewinn steigen und/ oder die Zinsen unverändert niedrig bleiben - wenn nicht, dann ... Halten wir fest: Niedrige Zinsen allein sind noch kein Investitionsgrund und auch kein Erfolgsgarant! Die Konsequenzen: Investieren Sie niemals, weil die Zinsen niedrig sind, sondern nur, wenn die künftigen Aussichten dies als geboten erscheinen lassen. Wenn Sie eine Investition nicht als wirtschaftlich vorteilhaft begründen können, sollten Sie die Finger davon lassen. Für die Finanzierung: Bei den Konditionen haben Sie die Wahl - Sie können die Zinsen für einen bestimmten Zeitraum festschreiben oder Sie vereinbaren variable Zinsen. Je länger Sie den Zinssatz festschreiben, umso höher liegt er, "normale" Zeiten unterstellt. Sicherheit hat halt ihren Preis. Schreiben Sie so lange fest, bis der Restbetrag eine Höhe erreicht hat, die Ihnen auch bei einer Zinserhöhung nicht mehr gefährlich werden kann. Spekulieren Sie nicht. Verhalten Sie sich weder hoffnungslos pessimistisch noch grenzenlos optimistisch. Handeln Sie verantwortungsbewusst! Variable Zinsen sind anzupassen Höchstrichterliche Rechtsprechung hat den Banken auferlegt, dass sie bei variablen Zinsvereinbarungen auch Zinssenkungen an ihre Kreditnehmer weitergeben müssen. Bei manchen Banken hat man den Eindruck, dass sie variable Zinsvereinbarungen als Einbahnstraße ansehen - immer nur nach oben. Gehen die Zinsen runter, "vergisst" man die Anpassung. Da sich die wenigsten Kreditnehmer beschweren und Angleichung fordern, verhalten sich die Banken ebenfalls still. Ein Beispiel aus meiner Beratungspraxis: Die Bank hat im Kreditvertrag vom 30.08.2012 den 3-Monats-Euribor als Referenzzinssatz festgelegt und berechnet darauf einen Aufschlag von 3 Prozent. Am 30. August 2012 betrug der Zinssatz für den 3-Monats-Euribor 0,65 plus 3,0 Prozent Bankmarge. Der Zinssatz für unseren Kreditnehmer lag somit bei 3,65 Prozent. Eine Kondition, die er damals als günstig betrachtete. Bis heute hat sich daran nichts verändert, obwohl der 3-Monats-Euribor heute nur noch bei 0,02 Prozent notiert. Die Bank hat aber "vergessen", den Zinssatz um 0,63 Prozent zu senken, und das Unternehmen hat auch nicht reklamiert. Bei dem in Rede stehenden Kontokorrentkreditbetrag von rund 1.500.000 Euro handelt es sich immerhin um 9.450 Euro mehr an Zinskosten, auf ein Jahr gerechnet. Wobei natürlich die jeweiligen Schwankungen von 2012 bis jetzt zu berücksichtigen sind. Da sollte man nicht mehr drüber hinwegsehen. Achten Sie auch auf "Kleinigkeiten" Ein weiterer Praxisfall: Im Kreditvertrag der Bank stehen 5,2 Prozent p. a. als Zinssatz. Die Angabe erfolgte mit einer Nachkommastelle. Der Wirtschaftsprüfer des Autohauses fordert routinemäßig für die Bilanzerstellung eine Bankbestätigung mit Salden, Konditionen und Sicherheiten an. Darin steht dann, dass die Bank 5,21 Prozent p. a. berechnet. Der Unterschied eine Kleinigkeit - also zu vernachlässigen? Im konkreten Fall hat das Autohaus rund 10 Mio. Euro Einkaufsfinanzierung. Da machen 0,01 Prozent immerhin 1.000 Euro im Jahr aus. Wenn man in anderen Fällen bereits bei kleineren Beträgen kostenbewusst ist und spart, dann sollte man auch dies reklamieren und nicht stillschweigend akzeptieren. Und: Eine Reklamation ist nicht zuletzt auch ein Beweis für die Qualität der Unternehmensführung. Motiv und Nebenwirkung aus Bankenperspektive: bei 100 Mrd. Euro Kreditvolumen machen 0,01 Prozent immerhin 10 Mio. Euro Mehrertrag aus. Kurzfassung Das Niedrigzinsniveau zwingt den Autohaus-Unternehmer zu neuen Überlegungen. Vor allem sollte man sich nicht von den niedrigen Zinsen zu falschen Investitionsentscheidungen (ver)führen lassen. Aber auch auf "Kleinigkeiten" gilt es zu achten, zum Beispiel, dass Banken die Zinssenkungen auch an ihre Kreditnehmer weitergeben müssen. Martin Dieter Herke berät seit über 30 Jahren mittelständische Betriebe, ist Autor (u. a. von AUTO-HAUS-Fachbüchern und -Fachartikeln) und gefragter Referent in der Automobilbranche.www.unternehmensberatung-herke.deH

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