Ford: Partner oder Lieferant

Das Jahr 2022 war das beste für die Ford-Händler seit Beginn der Aufzeichnungen. 70 Prozent aller Ford-Partner erzielten eine Rendite von über zwei Prozent. Und auch der Start in 2023 gelang gut: Die Vorjahreswerte wurden abermals deutlich übertroffen. Dennoch wurde auf der Ford-Partnerverbandstagung am 21. April in Köln klar, dass im Netz viel Unsicherheit herrscht. Verfügbarkeit, Energiepreise, hohe Inflation, steigende Zinsen und die Reduzierung der staatlichen Förderung sind die ungünstigen Rahmenbedingungen. Hinzu kommt, dass die Auftragseingänge derzeit zu gering sind. Anhaltende Logistikprobleme sowie daraus resultierende Verschlechterungen bei der Einkaufsfinanzierung stellen eine weitere große finanzielle Herausforderung dar. Die Modellpalette wird zunehmend ausgedünnt. Das Volumenmodell Fiesta ist schon eingestellt, den Focus soll es ab 2025 nicht mehr geben. Damit haben die Partner kein passendes Angebot mehr für viele Stammkunden. Die Elektrofahrzeuge aus Köln werden erst ab 2024 ins Volumen kommen und sind kein Bestandteil des aktuellen Ford-Händlervertrages. Als Folge beschäftigen sich viele Händler mit der Aufnahme einer weiteren Marke. Das beherrschende Thema auf der Versammlung war also: Wie geht es weiter? Gekündigte Verträge Die Verträge sind zum 31. März 2025 gekündigt. Dann will Ford in einen Stufenvertrag auf Vertragshändlerbasis gehen, der die schrittweise Annäherung an einen Agenturvertrag einleiten soll. Für den Ford Partner Verband (FPV) ist klar, dass Ford aufgrund des reduzierten Volumens sein Vertriebsnetz straffen will. Vertreter des Herstellers sind im Netz unterwegs und bieten Händlern an, ihren Händlervertrag zurückzugeben und zukünftig als Servicebetrieb im Netz zu bleiben. Die Zahl der hiervon betroffenen Partner habe sich gegenüber der anfänglichen Ankündigung im Beirat vor zwei Jahren noch erhöht, teilte Partnerverbands-Präsident Johann Gesthuysen auf der Generalversammlung mit. Positiv vermerkte Gesthuysen, dass sich Ford in den Verhandlungen zur Ausgestaltung des Letter of Intent (LoI) auf einen echten Dialog mit dem Handel eingelassen habe: "Erarbeitete Lösungsansätze beinhalten Chancen für Hersteller und Handel, um eine nachhaltig rentable Zukunft zu gestalten." Dass das Agentursystem nun nicht wie ursprünglich geplant 2025 eingeführt werde, hänge damit zusammen, dass sich im Laufe der Gespräche der Eindruck verdichtete, dass die Aufgaben und Tätigkeiten des Ford-Handels in Summe nicht so schnell wie gedacht durch neue IT-Systeme von Ford ersetzt werden können. Pkw und Nutzfahrzeuge zusammen Entgegen der ursprünglichen Absicht des Herstellers, das Pkw- und das Nutzfahrzeuggeschäft vertraglich zu trennen, sollen die beiden Bereiche nun in dem neuen Stufenvertrag wieder zusammen vergeben werden. Die neuen Regelungen zum Service werden Bestandteil eines separaten Servicevertrages. Einen Ausblick darauf geben die Service-Leitlinien 2025, die zusammen mit der Kündigung und dem LoI verschickt wurden. Beiratsmandat offen Die Karten werden durch die Vertragskündigung neu gemischt. Für die Marke ein durchaus ungewöhnlicher Vorgang, da es die letzte Vertragskündigung im Jahr 1994 gab. Seitdem wurden Vertragsänderungen immer einvernehmlich vorgenommen. Seit Jahren gibt ein festgelegtes Beiratsmandat den Vertretern des Partnerverbandes in vielen Punkten ein Mitspracherecht. Ob dies in der neuen Vereinbarung erhalten werden kann, bezeichnete Gesthuysen als "völlig offen". Die Kernfrage ist laut Gesthuysen, wie sich Ford zukünftig gegenüber seinem Netz verhalten wird. "Partner oder Lieferant" brachte er es auf den Punkt. Unter der partnerschaftlichen Zusammenarbeit versteht er, dass man auf Augenhöhe zusammenarbeite und die Interessen beider Seiten angemessen und stets fair berücksichtigt werden. "Auf diesem Level und mit diesem Verständnis haben wir in den vergangenen Jahren erfolgreich zusammengearbeitet - dies muss auch weiterhin unser Ziel sein." Verhandlungsziel klar Das betriebswirtschaftliche Verhandlungsziel des Verbandes formulierte Geschäftsführer Fabio Krause: "Der Bruttoertrag des Ford-Handels darf sich weder im baldigen Stufenvertrag noch im zukünftigen Agentursystem gegenüber dem Status quo verschlechtern." Die Rahmenbedingungen dafür sind schwierig. Das Pkw-Volumen des Herstellers hat sich seit dem Rekordjahr 2019 mittlerweile halbiert. Die Bedeutung des Nutzfahrzeuggeschäfts steigt im Gegenzug kontinuierlich. Und Krause blickte mit Sorge auf die größte Unbekannte: die zu erwartenden Veränderungen im Kaufverhalten der Konsumenten. Und: Da Ford immer mehr Wert auf höhere Profitabilität, Rendite und größere Margen lege, könne sich im Gegenzug die Marge des Ford-Handels signifikant verringern. Hinzu komme, dass Ford wegen der CO2-Zielvorgaben großen Wert auf die Zulassung des derzeit einzigen Elektroautos im Portfolio, des Mach-E, lege und dies auch mit entsprechenden Zulassungszielen mit Nachdruck durchsetzen wolle. Im Nutzfahrzeuggeschäft arbeite Ford daran, sich den zweiten Platz in Deutschland zu erobern. Im Pkw-Geschäft positioniere sich Ford hingegen neu. Wichtig seien hier attraktive Leasingraten und die Beteiligung des Handels an den zubuchbaren Optionen. Bei den Leasingraten hatte es zuletzt einen Eklat gegeben, weil die Ford Lease bei bestellten, aber noch nicht ausgelieferten Fahrzeugen die Rate nachträglich deutlich erhöht hatte. Service wird noch wichtiger Für Krause ist klar, dass das Servicegeschäft zukünftig eine noch wichtigere Rolle einnehmen wird. "Ab 2025 wird es ein neues, qualitativ erhöhtes Ford-Markenversprechen geben." Die mit dem LoI versandten Service-Leitlinien stellten die Grundlage dar, um das zukünftige Geschäftsmodell betriebswirtschaftlich zu bewerten. Laut Arbeitskreissprecher Dr. Klaus Sorg gibt es aktuell im Werkstattgeschäft, insbesondere aus operativer Sicht, aber noch viel Luft nach oben: "Die positiven Ergebnisse können nicht über viele Baustellen und Probleme hinwegtäuschen." Genannt wurden die unzureichende Erreichbarkeit von Ford, übermäßige Komplexität von Prozessen und Programmen, mangelhafte Verfügbarkeiten durch fehlenden IT-Systeme und aufwändige Genehmigungsprozesse im Garantiebereich. Zu den Service-Leitlinien 2025 teilte er mit, dass diese in vielerlei Hinsicht noch final zu diskutieren bzw. auszugestalten seien. Zum Beispiel sei die Forderung nach geprüften, zertifizierten Automobilservice-Assistenten bzw. Beratern völlig überzogen. Solche Zertifikate würden Kosten in Höhe von 12 bis 15.000 Euro pro Mitarbeiter bedeuten. "Das soll effizienter und kostengünstiger werden." Im Fahrzeugbestand und dem erhöhten Reparaturbedarf von Nutzfahrzeugen in Verbindung mit Ford Pro sah Sorg auch Chancen für den Service. E-Fahrzeuge mit reduzierter Marge Klar ist schon, dass die Elektrofahrzeuge mit reduzierter Marge verkauft werden. Dabei habe man sich bewusst für einen Vergütungsansatz entschieden, welcher nach Kundengruppen und deren Arbeits- und Kostenaufwand differenziert wird, hieß es. Die heutigen Agenturen, also die zweite Handelsstufe, bleiben als Vermittler in den Vertrieb eingebunden. Justiziar Dr. Joachim Pfeffer geht davon aus, dass alle Betriebe - auch die ohne LoI - den Sideletter, der sie zum Vertrieb der Stromer ermächtigt, bekommen. Schließlich will Ford möglichst viele davon auf die Straße bringen, um den CO2-Wert zu erreichen. Den LoI bezeichnete der Anwalt als "angemessene und ausgewogene Grundlage". Nutzfahrzeug-Verdopplungsplan Dr. Christian Weingärtner nutzte seinen Auftritt auf der Partnerverbandstagung, um primär auf die anhaltende Kritik in der Händlerschaft einzugehen. Punkt für Punkt arbeitete der Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der Ford Werke GmbH die ihm zugetragenen Argumente des Handels gegen die Umstellung ab. Er zerstreute Vermutungen, wonach Ford aus dem Nutzfahrzeuggeschäft aussteigen könnte. Und auch bei Pkw wäre es unsinnig, zwei Milliarden in die Elektromodelle, die in Köln gebaut werden, zu investieren und dann die Produktion einzustellen. Sein klares Statement: "Wir wollen, dass Ihr profitabel seid." 2023 werde ein entscheidendes Jahr für die Umsetzung des Ford-Zukunftsplans. Die Richtung dafür machte er auch deutlich: 1. Es gibt keine Alternative zu rein elektrischen Fahrzeugen. 2. Jeder Händler braucht einen Nutzfahrzeug-Verdopplungsplan. Nachdrücklich warb er auch für den neuen Markenauftritt "Adventurous Spirit" im Autohaus und kündigte an, dass es im Mai hierfür ein Update der CI-Richtlinien Retail Look and Style geben werde.

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