VW-Handel: Stark im Markt, gefordert im Alltag

AH: Herr Sauer-Wagner, wie fällt Ihre Bilanz für das Autojahr 2025 aus? A. Sauer-Wagner: 2025 war insgesamt solide, aber klar fordernd. Mit 20 Prozent Marktanteil steht Volkswagen weiterhin stabil im Markt, auch wenn das seit der Pandemie niedrigere Volumen unverändert zu spüren ist. Gleichzeitig bleibt der wirtschaftliche Druck hoch - quer durch alle Kostenarten. Dazu kommt eine steigende administrative Last. Wir haben zu viel Verwaltung und zu wenig Wertschöpfung. Wir müssen wieder schlanker und noch effizienter werden. Dabei sind auch unsere Hersteller maßgeblich in der Pflicht, da sie einen großen Teil der Prozesse und Aufgaben definieren. AH: Und wie lief das BEV-Geschäft unter diesen Bedingungen? A. Sauer-Wagner: Im Elektrosegment hat Volkswagen trotz der Marktverlangsamung sehr gut performt. Die verbesserten ID-Modelle kommen an, der ID.7 erhält starkes Feedback - besonders gewerblich. In den Zulassungen belegt VW die Spitzenplätze, auch bei den Elektrofahrzeugen. Der einzige Wermutstropfen im Modellportfolio ist der fehlende Touareg-Nachfolger. AH: Welche Faktoren haben das Jahr besonders geprägt? A. Sauer-Wagner: Prägend war vor allem der breite Kostenauftrieb in nahezu allen Bereichen, von Energie und Personal bis hin zu steigenden Gebühren externer Plattformen und Zinsen. Dazu kommt ein hoher administrativer Aufwand, insbesondere in der Dokumentation und im Gewährleistungsbereich. AH: Vor welchen Aufgaben steht der VW-Partnerverband im kommenden Jahr? A. Sauer-Wagner: Der Verband steht vor der Aufgabe, effizienter und widerstandsfähiger zu werden und gemeinsam mit dem Hersteller operative Komplexität zu reduzieren. Ein zentraler Punkt ist die Entlastung von administrativen Tätigkeiten, weil dort ein erheblicher Teil unproduktiver Zeit entsteht. Am Ende zählt, wie viel produktive Zeit wir verkaufen - und nicht wie viel wir dokumentieren. Viele Prozesse resultieren aus Herstellervorgaben und lassen sich nur partnerschaftlich weiterentwickeln. Am Ende geht es darum, ein Geschäftsmodell zu schaffen, das auch unter veränderten Rahmenbedingungen dauerhaft trägt. AH: Wie verändert der wachsende Elektroanteil die Profitabilität im Netz? A. Sauer-Wagner: Im Neuwagengeschäft sind die Margen bei Elektrofahrzeugen grundsätzlich vergleichbar mit denen der Verbrenner. Herausfordernd ist vielmehr der Gebrauchtwagenmarkt, in dem vor allem hochpreisige BEV deutlich stärkeren Wertverlust zeigen. Dazu kommt ein geringerer Servicebedarf im Aftersales, was strukturell Erträge verschiebt. Die Profitabilität entscheidet sich daher stärker an den nachgelagerten Geschäftsfeldern als am Erstverkauf. Deshalb müssen wir diese Bereiche weiterentwickeln und Prozesse so ausrichten, dass sie effizienter und wirtschaftlicher werden. AH: Welche strukturellen Veränderungen im Service erwarten Sie, wenn der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge weiter steigt? A. Sauer-Wagner: Mit dem steigenden BEV-Anteil sinkt der klassische Wartungsbedarf deutlich, weil weniger bewegliche Teile vorhanden sind. Für die Betriebe bedeutet das eine geringere Frequenz im Standardservice und eine Verschiebung hin zu komplexeren Instandsetzungen. Deshalb müssen Kapazitäten, Abläufe und Kompetenzen so angepasst werden, dass bestehende Strukturen nicht abrupt unterlaufen, aber gleichzeitig fit für diesen Wandel sind. AH: Können die Stundenverrechnungssätze noch weiter erhöht werden? A. Sauer-Wagner: Die Preissensibilität der Kunden ist auch bei uns hoch, deshalb müssen Anpassungen sehr sorgfältig abgewogen werden. Gleichzeitig steigen die Kosten weiter, sodass ein kompletter Stopp nicht realistisch wäre. Wichtig ist, Preismaßnahmen mit klar kommunizierter Leistung und effizienteren Abläufen zu verbinden, um unseren Kunden eine preiswerte und zeitwertgerechte Reparatur zu ermöglichen und mobil zu halten. Und wir sollten nicht vergessen, dass freie Betriebe zwar niedrigere Sätze haben, am Ende aber oft vergleichbar abrechnen, da wir an strikte Vorgabezeiten gebunden sind. Unsere Wettbewerbsfähigkeit hängt hier viel mehr von den Teilen ab. Da haben wir Handlungsbedarf. AH: Wo können die Betriebe künftig zusätzliche Werkstattumsätze generieren? A. Sauer-Wagner: Der geringere BEV-Wartungsumfang muss durch Bereiche ausgeglichen werden, in denen weiterhin stabile Nachfrage besteht. Die Segmente 2 und 3 gehören klar dazu, haben aber in den vergangenen Jahren an freie Werkstätten verloren. Mit klaren Angeboten, schlanken Prozessen und genügend Zeit für Beratung können wir dieses Geschäft wieder stärker ins Netz holen. Dann tragen diese Seg-mente spürbar zur Auslastung und Wirtschaftlichkeit bei. AH: Für die Absicherung des Servicegeschäfts spielen Wartungsverträge eine große Rolle. Man nimmt derzeit eine Diskussion zur Händlerbeteiligung für Wartungsverträge im VW-Netz wahr. Was steckt dahinter? A. Sauer-Wagner: Da muss ich etwas ausholen. Bei den Wartungsverträgen sprechen wir von einem sehr wirkungsvollen Instrument für Handels-, Servicenetz und natürlich auch für den Hersteller - was sich auch in der Finanzierung durch beide Seiten widergespiegelt. Die im Raum stehende Erhöhung der seit vielen Jahren konstanten Händlerbeteiligung hätte das Produkt stark unter Druck gesetzt. Im Gegenteil: Aufgrund des geringeren Umsatzes bei Elektrofahrzeugen gerät die Beteiligung mehr und mehr ins Missverhältnis. Die Händler- und Servicepartnervertreter im Verband haben mit den Marken daraufhin ein Alternativszenario verhandelt, dass die Partner bei den umsatzschwächeren Elektrofahrzeugen deutlich entlastet und mit steigendem Elektroanteil zu einem kontinuierlichen Absinken der Förderhöhe geführt hätte. Es war aber auch ein Paradigmenwechsel, der damit zur Abstimmung stand. Deshalb war uns wichtig, dass jeder Partner das transparent für sich berechnet und entscheidet. Dieses Vorgehen war der verantwortungsvolle Weg. Am Ende hat sich gezeigt, dass es keine deutliche Mehrheit gab. Insofern haben wir gemeinsam mit den Marken und der FS AG eine andere Lösung für den Status quo gefunden. Die Grundaufgabe bleibt aber: Wir müssen das Geschäftsmodell im Aftersales langfristig resilient aufstellen. AH: Wie realistisch ist das Ziel, im Händlernetz Effizienzpotenziale in der Größenordnung von 20 Prozent zu heben? A. Sauer-Wagner: Kurzfristig sind pauschale 20 Prozent Einsparung natürlich überhaupt nicht realistisch. Mittel- bis langfristig kann eine solche Größenordnung erreichbar sein, wenn wir konsequent an Automatisierung, Digitalisierung und schlankeren Abläufen arbeiten. Entscheidend ist hier eine gemeinsame Linie zwischen Hersteller und Handel, denn am Ende werden viele Prozesse eben durch Herstellervorgaben bestimmt. Es geht also weniger um die Zahl selbst, sondern darum, den Weg zu deutlich mehr Effizienz gemeinsam zu gehen. Dazu sind wir auch mit Volkswagen Deutschland im Austausch. AH: Wo sehen Sie Möglichkeiten, den Administrationsaufwand einzudampfen? A. Sauer-Wagner: Ein großer Teil des Aufwands entsteht im Bereich der Dokumentation, insbesondere in der Gewährleistung. Hier haben sich über die Jahre viele Schritte angesammelt, die zwar gut gemeint sind, aber im Alltag sehr viel Zeit binden. Hinzu kommen interne Abstimmungen, Nachweispflichten und Prozesse, die nicht immer durchgängig digital ablaufen. Das alles führt dazu, dass Mitarbeiter zu viel Zeit in der Verwaltung und zu wenig Zeit beim Kunden verbringen. Hier müssen wir deutlich schlanker werden, und das geht nur gemeinsam mit dem Hersteller. AH: Wie fällt Ihr Ausblick für 2026 aus - Stabilisierung oder weitere Durststrecke? A. Sauer-Wagner: Ich bin vorsichtig optimistisch, was unsere Ausgangsposition angeht, auch weil wir ein starkes Portfolio und einen soliden Fahrzeugbestand haben. Gleichzeitig bleiben wirtschaftliche Rahmenbedingungen angespannt, mit hoher Preissensibilität und weiterhin steigenden Kosten. Eine schnelle gesamtwirtschaftliche Erholung erwarte ich nicht, aber wir haben gute Chancen, stabil durch das Jahr zu kommen, wenn wir konsequent an Effizienz und neuen Ertragssäulen arbeiten. 2026 wird erneut ein Jahr sein, das klare Priorisierung verlangt. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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