Angaben in Internetanzeigen als Vertragsbestandteil: Vermeidbarer Ärger

KURZFASSUNG 1. Unzutreffende Angaben bei der Insertion von Fahrzeugen im Internet können Sachmängelhaftungsansprüche auslösen. 2. Dies gilt auch dann, wenn solche Angaben im Kaufvertrag gar nicht weiter thematisiert werden. 3. Vor Abschluss des Kaufvertrages für inserierte Fahrzeuge empfiehlt sich deshalb dringend eine Überprüfung der Angaben im Inserat. Falsche Angaben bedürfen der ausdrücklichen Korrektur im Kaufvertrag. In der anwaltlichen Praxis mehren sich aktuell die Fälle, in denen Fahrzeugkäufer sich außerhalb der Bestimmungen des Kaufvertrages auf Angaben in Internetinseraten berufen und vom Händler Nachrüstungen, Rückabwicklung oder Minderung verlangen, weil das von ihnen erworbene Fahrzeug nicht umfänglich der Beschreibung auf Mobile.de oder einer anderen Plattform entspricht. Meist handelt es sich um Eingabefehler beim Einstellen des Fahrzeuges, teilweise aber auch um Fehler bei den vorgegebenen Masken. Betroffen sind ganz überwiegend Gebrauchtwagenverkäufe. Erfolgt bei der Erstellung des Kaufvertrages kein Abgleich mit den Angaben des vorangegangenen Inserats und werden falsche Angaben im Kaufvertrag nicht ausdrücklich korrigiert, riskiert der Verkäufer, vorhersehbar mit Sachmängelhaftungsansprüchen überzogen zu werden. Die Fälle Verständlicherweise werden Fahrzeuge in Anzeigen gerne attraktiv dargestellt. Bei Internetangeboten sind ausführliche Beschreibungen möglich und üblich. Neben den technischen Daten, Erstzulassung, Kilometerstand erfolgen ausführliche Angaben zur Ausstattung des Fahrzeuges, zu Inspektionen, Anzahl der Vorbesitzer und Unfallfreiheit. Auch zusätzliche Beschreibungen wie "sehr gepflegt", "Garagenfahrzeug", "technisch einwandfrei" oder "kein Rost" sind insbesondere bei älteren Fahrzeugen oft zu finden. Kommt es dann zum Abschluss eines Kaufvertrages für das beworbene Fahrzeug, finden sich dort in der Praxis selten alle Angaben des Internetinserats wieder. Auch Abweichungen sind üblich, beispielsweise wenn das Fahrzeug im Internet als "unfallfrei" beschrieben wurde und im Kaufvertrag dann "unfallfrei nach Angabe des Vorbesitzers" steht. Gedanklich liegt es erst einmal nahe, alleine die Bestimmungen des beiderseits unterzeichneten Kaufvertrages als maßgeblich für das Rechtsverhältnis der Parteien zu betrachten. Dies gilt aber nicht immer. Unproblematisch sind in diesem Zusammenhang Vereinbarungen im Kaufvertrag, welche abweichende Angaben im Internetinserat definitiv revidieren, wenn also beispielsweise das Datum der Erstzulassung des Fahrzeuges, die Zahl der Vorbesitzer oder die Kilometerleistung korrigiert werden. Auch die Aufnahme eines Unfallschadens in den Kaufvertrag gilt vorrangig, wenn das Fahrzeug vorangehend als unfallfrei beschrieben war. In solchen Fällen muss davon ausgegangen werden, dass sich die Parteien des Kaufvertrages eindeutig verständigt und geeinigt haben. Zu Problemen führen aber regelmäßig Kaufverträge, die gegebenenfalls unzutreffende Beschreibungen im Internet nicht behandeln und/oder nicht ausdrücklich richtigstellen. Hierzu gehört bereits das vorangehend zitierte Beispiel "unfallfrei" und "unfallfrei nach Angabe des Vorbesitzers". Ein Standardfall sind fehlende Ausstattungsmerkmale, die vom Kunden eingefordert werden, weil sie in der Beschreibung des Inserats aufgeführt waren. Bemerkenswert ist hier ein aktuell noch nicht entschiedener Rechtsstreit, in dem ein Händler auf einer großen Internetplattform für das angebotene Fahrzeug versehentlich die Fahrzeugidentifikationsnummer eines zweiten, baugleichen Gebrauchtfahrzeuges eingegeben hatte. Aufgrund der hinterlegten Daten wurde das Fahrzeug unter anderem mit einem Sportfahrwerk, adaptivem Kurvenlicht, einem AUX-In-Anschluss und einer automatischen Heckklappenbetätigung inseriert. Der Verkäufer bemerkte den Irrtum noch vor Unterzeichnung des gültigen Kaufvertrages. Er besorgte sich die zutreffende Ausstattungsliste des Herstellers mit alphabetischer Auflistung der tatsächlich vorhandenen Ausstattung, die er dem Käufer übersandte und auch mit in den dann unterzeichneten Kaufvertrag aufnahm. Der Kläger studiert offensichtlich Rechtswissenschaften und klagt wegen des angeblich fehlenden Sportfahrwerks, Kurvenlichts etc. einen deutlichen Minderungsbetrag ein. Dies mit der Argumentation, die Ausstattungsliste sei nicht abschließend und vor allem das Kurvenlicht sei ihm bei der Übergabe ausdrücklich als vorhanden bestätigt worden. Die Rechtslage Bereits unter Geltung des "alten" Sachmangelbegriffs hatten verschiedene Berufungsgerichte entschieden, dass Angaben des Fahrzeugverkäufers im Internet auch dann zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führen können, wenn sie bei Abschluss des Kaufvertrages nicht weiter thematisiert wurden (OLG Hamm -AZ. 28 U 2/16; LG Karlsruhe -AZ. 1 S 59/09). Andere Gerichte lehnten in entsprechenden Fällen eine Beschaffenheitsvereinbarung ab, werteten solche Angaben aber als Werbeaussagen des Verkäufers und damit als maßgeblich für die Beurteilung, welche Beschaffenheit für das Fahrzeuges üblich ist und vom Käufer erwartet werden kann (OLG Düsseldorf -AZ. 12 U 113/06; OLG Celle -AZ. 7 U 219/05). Diese Auffassung wurde auch vom BGH vertreten (AZ. VIII ZR 271/16). Im Ergebnis führten beide Rechtsauffassungen dazu, dass ein Mangel anzunehmen war, wenn Angaben im Internet nicht zutreffend waren. Maßgeblich war die Unterscheidung lediglich für die Frage, ob außerhalb des Verbrauchergeschäfts ein Gewährleistungsausschluss wirksam vereinbart werden konnte. Für Beschaffenheitsvereinbarungen ist dies bekanntlich nicht möglich. Das OLG Celle hatte mit der zitierten Entscheidung im Übrigen den Fall einer Relativierung der Angabe "unfallfrei" mit Beschränkung auf die Zeit des Eigenbesitzes zugunsten des Verkäufers entschieden. Den genannten Entscheidungen lagen jeweils konkrete Angaben zu den Fahrzeugen im Internet zugrunde. Allgemeine Beschreibungen mit lediglich wertendem Charakter wie beispielsweise "guter Zustand" können üblicherweise weder Grundlage einer Beschaffenheitsvereinbarung sein noch anderweitig zu einem Sachmangel führen. Mit der Einführung des neuen Sachmängelbegriffs zum 1.1.2022 mit Differenzierung zwischen subjektiven und objektiven Anforderungen an den Kaufgegenstand hat sich im Ergebnis nichts geändert. Allerdings erweitert nunmehr § 434 Abs. 2 Satz 2 BGB unter Umständen die Möglichkeit, Internetangaben im Rahmen des subjektiven Mangelbegriffs als Beschaffenheitsvereinbarung zu beurteilen. In jedem Fall aber werden Fahrzeugbeschreibungen im Internet im Rahmen des objektiven Mangelbegriffs weiterhin als öffentliche Äußerungen des Verkäufers gewertet, denen das Fahrzeug entsprechen muss, sofern bis oder bei Abschluss des Kaufvertrages keine ausreichende Berichtigung erfolgt ist. Prüfung zu empfehlen Vor dem Hintergrund, dass vermeidbare Kundenreklamationen unerfreulich sind und Nachrüstungsverlangen, Rücktrittsforderungen oder Minderungen teuer zu stehen kommen können, empfiehlt sich vor Abschluss des Kaufvertrages eine Prüfung, ob inserierte Fahrzeuge tatsächlich den dortigen Angaben entsprechen. Ist dies nicht der Fall, sollte zur Vermeidung möglicher Auseinandersetzungen im Kaufvertrag unbedingt eine Korrektur erfolgen. Unproblematisch ist dies für Daten wie Erstzulassung, Anzahl der Vorbesitzer, Kilometerstand usw., die ohnehin in den Kaufvertrag eingetragen und damit eindeutig definiert werden. Wurde aber beispielsweise die Ausstattung des Fahrzeuges inseriert und stimmt diese nicht umfänglich mit der tatsächlichen Ausstattung bzw. der im Kaufvertrag aufgenommenen Ausstattung überein, sollte dies unbedingt in den Vertrag aufgenommen werden. Zumindest sollte vermerkt werden, dass eine im Kaufvertrag ausgewiesene Ausstattung des Fahrzeuges vollständig und abschließend aufgezählt ist. Besser und klarer ist es aber, die konkreten Punkte ausdrücklich aufzuführen, also beispielsweise im oben geschilderten Fall der Eingabe einer falschen Fahrzeug-Identnummer in den Kaufvertrag reinzuschreiben, dass das Fahrzeug nicht der inserierten Ausstattung entspricht und nicht mit einem Sportfahrwerk, einem adaptiven Kurvenlicht etc. ausgestattet ist. Ein zusätzlicher Hinweis im Verbrauchergeschäft auch vorvertraglich auf die Korrekturen ist nicht erforderlich, da es sich im Normalfall nicht um Mängel und Abweichungen von gesetzlichen Vorschriften handelt, wie etwa bei der verkürzten Sachmängelhaftungsfrist. Auch wenn die empfohlene Prüfung und Korrektur im Rahmen des Kaufvertragsabschlusses weiteren zusätzlichen Aufwand zu dem ohnehin schon umfangreichen Procedere verursacht, kann damit viel Ärger und vor allem auch finanzieller Schaden abgewendet werden. Rechtsanwalt Robert Glocker kanzlei@raehaug-partner.de www.haug-partner.de KOMMENTAR Nach den Dieselverfahren hatten sich bis vor Kurzem Prozessverfahren gehäuft, in denen Fahrzeughändler wegen fehlender Ausstattungsmerkmale ausgelieferter Neufahrzeuge in Anspruch genommen wurden. Diese Verfahren sind vergleichsweise schnell wieder in den Hintergrund getreten, nachdem die Automobilhersteller seit geraumer Zeit wieder im benötigten Umfang mit Chips und anderen Bauteilkomponenten beliefert werden und die Händler wieder mit Fahrzeugen beliefern, die der Bestellung entsprechen. Aktuell nimmt die Zahl der Verfahren zu, in denen Gebrauchtwagenkäufer über den Inhalt des Kaufvertrages hinaus die Erfüllung von Angaben aus dem Internetangebot einfordern oder gleich Minderung bzw. Rücktritt geltend machen. Insbesondere im Fall der Kaufreue ist dies oft ein probates Mittel, sich vom Kaufvertrag wieder zu lösen oder den Fahrzeugkauf nachträglich zum Schnäppchen werden zu lassen. Dem kann aber vorgebeugt werden, auch wenn es wieder zusätzlichen Aufwand erfordert. Dieser sollte in Kauf genommen werden.

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