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Zehn Jahre VW-Affäre: "Gebauer, wo bleiben die Weiber?"

30.06.2015 09:30 Uhr
Protagonisten der VW-Affäre: Der frühere VW-Betriebsratschef Klaus Volkert (l.) und der Ex-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer.

In der VW-Belegschaft sind mehr als 90 Prozent in der IG Metall. Die Arbeitnehmerseite genießt im Konzern ungewöhnlich viel Macht. Vor zehn Jahren erlebte das Mitbestimmungsmodell sein schwärzestes Kapitel.

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Von Heiko Lossie und Andreas Hoenig, dpa

Als Betriebsratschef stand Klaus Volkert 15 Jahre lang wie kein anderer für das "System VW": In enger Abstimmung mit dem Vorstand sah sich der gelernte Schmied auf Augenhöhe mit der Chefetage und als "Co-Manager" der Unternehmensspitze. Am Ende parkte Volkert auch wie selbstverständlich neben den Vorstandsbossen vor dem Wolfsburger Verwaltungshochhaus. Wenn er wollte, zogen zehntausende Mitarbeiter zum Protest aufs Werksgelände. Doch die Macht dafür hatte Volkert von der Belegschaft eigentlich nur geliehen. Und zum Schluss missbrauchte er sie schamlos – bestens unterstützt aus dem Führungszirkel.

Die VW-Affäre um geheime Boni, Schmiergelder und Lustreisen auf Firmenkosten samt Bordellorgien erschütterte Mitte 2005 nicht nur den Autobauer, sondern mit dem VW-Land Niedersachsen auch die Republik. Der Skandal zog den Mitbestimmungsgedanken als Errungenschaft der Gewerkschaftsbewegung in den Dreck und kratzte heftig am Image von Volkswagen. Als "Mist" bezeichnete Volkert seine Rolle rückblickend. Er habe VW, der Arbeitnehmerseite und seiner Familie sehr geschadet.

Volkert selbst kassierte damals fast zwei Millionen Euro an Boni von Personalvorstand Peter Hartz, der einräumte, Volkert "gekauft" zu haben. Volkerts Geliebte aus Brasilien bekam zudem rund 400.000 Euro zugeschanzt. Während Hartz mit Bewährung und Geldstrafe davonkam, erhielt Volkert zwei Jahre und neun Monate Haft, aus der er ein Jahr vor Ablauf entlassen wurde. VW-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer, der Luxushotels, Partys und Nachtclubs organisierte, bekam wie Hartz Bewährung. "Gebauer, wo bleiben die Weiber?", soll damals im System VW oft ein Ausruf gewesen sein. Die Affäre hallte noch lange nach.

In jenen Zeiten kriselte es auch wirtschaftlich. Von 89 Milliarden Euro Umsatz blieben 2004 nur rund 700 Millionen Euro Überschuss. Das Sparprogramm "ForMotion" griff, Volkswagen galt vor zehn Jahren noch als "kranker Mann der Automobilindustrie", sagt Branchenkenner Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. "Die Affäre symbolisierte die negativen Folgen von Intransparenz und ungesunden Einfluss- und Machtbeziehungen im Volkswagen-Konzern."

Die große Bedeutung des VW-Betriebsrates war historisch gewachsen. Die Keimzelle des Konzerns in Wolfsburg entstand unter den Nazis mit enteignetem Gewerkschaftsvermögen. Daher sah die Arbeitnehmerseite in VW stets einen Sonderfall. "Wer dies unterschlägt oder verkennt, verkennt den Charakter des Werkes, seine Identität und seine Erfolgsfaktoren", sagte der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber 2008. Das SPD-Mitglied führt jüngst, nach dem Rücktritt von Ferdinand Piëch, den VW-Aufsichtsrat als kommissarischer Chefkontrolleur.

Aus den Fehlern gelernt

Das VW-Gesetz und die VW-Satzung räumen der Arbeitnehmerseite eine für börsennotierte Konzerne einmalige Gestaltungsmacht ein. Ohne ihre Zustimmung gibt es zum Beispiel kein neues Werk oder Verlagerungen. Entsprechend viel hatte die Konzernführung von einem Betriebsrat, der bei Laune gehalten wurde. Branchenexperte Bratzel ist überzeugt, dass die Arbeitnehmerseite von dem Schock der Affäre gelernt hat: "Die Prozesse sind jetzt deutlich transparenter und offener."

In den vergangenen zehn Jahren sei wieder die positive Dimension des Machtfaktors Betriebsrat zum Vorschein gekommen. "Es wurde gelernt, dass die Arbeitnehmerinteressen mittel- und langfristig nur gewahrt werden können, wenn der wirtschaftliche Erfolg des Gesamtunternehmens gewährleistet ist", meint Bratzel. In der auf wenige Top-Entscheider zugeschnittenen VW-Führungsstruktur habe der Konzernbetriebsrat als unabhängige Kontrollinstanz wichtige Akzente gesetzt. So werde das Gremium inzwischen seinem wahren Auftrag – der Korrektivfunktion – wieder gerecht. "Das tat dem Unternehmen gut", bilanziert Bratzel.

Branchenanalyst Frank Schwope von der NordLB rechnet vor, dass sich der Absatz des Konzerns von damals auf heute verdoppelt habe. Die Aufarbeitung der Probleme habe VW nach vorn gebracht. "Skandale und Affären lassen sich in Großorganisationen selten ganz vermeiden, wie aktuelle Beispiele wie beim ADAC oder bei der Fifa belegen."

Auch andere Konzerne betroffen

In der Tat ist Volkswagen nicht allein mit einem Skandal. So schickte der Versicherer Ergo 2007 rund 100 Mitarbeiter in die ungarische Hauptstadt Budapest, um dort eine Therme in ein Freiluftbordell zu verwandeln – auf Firmenkosten. Siemens kultivierte ein System aus schwarzen Kassen, und auch das Image des VW-Konkurrenten Daimler litt, als er 2010 einräumen musste, über Jahre in zahlreichen Ländern Regierungsbeamte bestochen zu haben, um an Aufträge zu kommen.

Inzwischen gibt sich VW geläutert und verweist auf Reformen für mehr Prüfungen und Transparenz. "Die Kombination aus Vorbeugung, Kontrolle und Sanktion im Fall von Regelverstößen ist sehr wirkungsvoll", sagt Stephan Wolf, Stellvertreter des Betriebsratschefs Bernd Osterloh, der am 5. Juli 2005 auf Volkert nachfolgte. Die festen Parkplätze für Top-Manager im Konzern – ob nun auf Vorstands- oder auf Arbeitnehmerseite – sind übrigens inzwischen alle abgeschafft. (dpa)

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KOMMENTARE


Michael Kühn

30.06.2015 - 18:41 Uhr

grins, wo bleiben die Weiber ??? Ne berechtigte Frage in einem entsprechendem "Ambiente"... ; Sex sells, das war schon immer so... 1982 hatten sich Autovermieter im Bordell mit einem deutschen Hersteller über Mietwagenrabatte unterhalten und geeinigt. Mit nem Schmunzeln denke ich an den deutschen Hersteller zurück. hihihi, eine lustige Zeit, sicherlich nicht korrekt, aber spaßig ... - ein Einfaltspinsel ist derjenige, der ernsthaft daran glaubt, daß es heute keine derartigen"Konferenzen" gibt. - Mit nem "entspanntem" Grüßle MK ... hihihi


mikkie

30.06.2015 - 21:39 Uhr

Sehr geehrte Damen und Herren,hier wird viel über IG Metall Mitglieder geredet und dessen Organisationen in dessen Groß Unternehmen.Was ist mit den Mitgliedern, die nicht gewerkschaftlich in Ihren Unternehmen organisiert sind und die keinen Anspruch auf jegliche Beistand dieser Gewerkschaft haben?Die IG Metall ist nur für Ihre Mitglieder und dessen dazugehörigen Unternehmen ansprechbar.Diese IG Metall ist eine zahnlose Gewerkschaft und dieser Skandal mit der VW AG wird Ihr einige Mitglieder gekostet haben.


haku

01.07.2015 - 09:43 Uhr

Die Frage aus der Überschrift kann sich heute so mancher Personalchef in Bezug auf die Frauenqoute stellen lassen.


rainer beutler

02.07.2015 - 13:25 Uhr

vw Affäre bei Google fall Beutler ansehen wie alles begann


Michael Kühn

02.07.2015 - 15:34 Uhr

... Noch einmal, um es klar auszudrücken, es ist grundsätzlich egal ob Gewerkschaft oder Hersteller, private + persönliche "Annehmlichkeiten" werden immer im Raum stehen und es ist ausschlieslich die persönliche moralische Einstellung, ob man ggfs. "Ja" oder "Nein" zu diesen "Annehmlichkeiten" sagt. - Mein damaliger Chef + ich hatten mit unserer Strategie einen einmaligen Erfolg für zwei Jahre verbuchen können. Wir kauften die Fzg. direkt über den hersteller zu Konditionen, die niemals hätte ein seriöser Händler bieten können..., vive la Korruption, mit einem nachdenklichem Grüßle, an unsere "Obergefreiten", MK


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