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Aufsichtsrat: Pötsch ist neuer VW-Chefkontrolleur

07.10.2015 11:12 Uhr
Hans Dieter Pötsch
Das Amtsgericht Braunschweig ernannte Pötsch am Mittwoch auf Antrag des VW-Präsidiums zum Mitglied des Kontrollgremiums.
© Foto: picture alliance / Sven Simon

Erst gab das Amtsgericht Braunschweig grünes Licht, dann folgte der Beschluss des Aufsichtsrates: Hans Dieter Pötsch ist oberster Kontrolleur des tief in der Krise steckenden Autoriesen.

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Der Österreicher Hans Dieter Pötsch soll Europas größten Autobauer Volkswagen aus der schwersten Krise der Unternehmensgeschichte führen. Der Aufsichtsrat wählte den bisherigen Finanzvorstand des Konzerns am Mittwoch bei einer erneuten Sitzung zum Abgas-Skandal wie erwartet zu seinem neuen Vorsitzenden. Pötsch löst den seit Ende April übergangsweise amtierenden Berthold Huber ab. Der frühere IG-Metall-Chef hatte den Posten im Frühjahr von Ferdinand Piëch übernommen. Der langjährige VW-Patriarch war nach dem verlorenen Machtpoker mit dem damaligen VW-Chef Martin Winterkorn zurückgetreten. Pötschs bisherigen Posten als VW-Finanzchef übernimmt - ebenfalls wie erwartet - ab sofort der bisherige Vorstandsvorsitzende der VW-Finanztochter, Frank Witter. Der Aufsichtsrat folgte auch bei dieser Personalie den Empfehlungen seines Präsidiums. 

"Es ist mir ein persönliches Anliegen, alles zu tun, damit die Vorgänge restlos ausgeklärt werden", sagte Pötsch nach der Sitzung in Wolfsburg. Er sei sich der besonderen Verantwortung dabei bewusst. Wie zuvor der neue VW-Vorstandschef Matthias Müller bat auch Pötsch bei der Aufklärung der Abgas-Affäre um Geduld: "Mit Mutmaßungen oder vagen vorläufigen Sachständen ist aber niemanden gedient. Deshalb wird es noch einige Zeit dauern, bis gesicherte und belastbare Ergebnisse vorliegen und wir Sie umfassend informieren können."

Der Wahl von Pötsch war ein Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vorausgegangen. Am Morgen hatte das Gericht einem entsprechenden Antrag des VW-Präsidiums entsprochen und Pötsch per Beschluss - befristet bis zur nächsten, noch nicht terminierten Hauptversammlung - zum Mitglied des Kontrollgremiums ernannt. Dort soll dann, wie bereits von Aktionärsvertretern verlangt, die offizielle Wahl Pötschs durch die stimmberechtigten Anteilseigner nachgeholt werden. Für Pötsch muss auf der Kapitalseite des Aufsichtsrates Julia Kuhn-Piëch ihren Platz räumen. Die Nichte von Ferdinand Piëch war im Mai nach dessen Rücktritt übergangsweise in das Gremium aufgerückt.

"Strategische Weitsicht, tiefe Kenntnisse"

"Wir danken Herrn Pötsch sehr, dass er sich in schwierigen Zeiten bereiterklärt hat, diese wichtige Aufgabe zu übernehmen", sagte Co-Aufsichtsrat und Großaktionär Wolfgang Porsche. Pötsch zeichne sich durch "strategische Weitsicht, tiefe Kenntnisse der Automobilindustrie und große Expertise an den Finanzmärkten" aus. Darüber hinaus bringe Pötsch "auch persönlich alles mit, um seine neuen Aufgaben mit großem Erfolg zu bewältigen", betonte Porsche. "Wir wissen, dass noch eine lange Wegstrecke vor uns liegt. Wir werden diesen Weg gemeinsam gehen." 

Die Personalie war bis zuletzt umstritten, da Pötschs Rolle in der Abgas-Affäre aus Sicht von Skeptikern noch nicht zweifelsfrei geklärt ist. "Wir müssen die aktuelle Krise bewältigen. (...) Dieser Konzern braucht aber auch Veränderungen - bei Strukturen, Entscheidungsprozessen und in der Zusammenarbeit", sagte Pötsch. Kritiker, zu denen auch die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) zählt, sehen in Pötsch den falschen Kandidaten zur Aufarbeitung der Abgas-Krise, da nicht zweifelsfrei nachgewiesen sei, dass er keine persönliche Verantwortung für Verfehlungen in der Affäre trage. Der Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, sagte jedoch, der "Notstand" der aktuellen Krise rechtfertige die Nominierung Pötschs auch ohne Wahl - "mit Bauchschmerzen, aber eben ohne Alternative".

Ist VW schadenersatzpflichtig?

Umstritten bleibt unter anderem die Frage, ob VW zu spät über die Probleme informiert hat und welche Rolle Pötsch bei der Entscheidung spielte. Als Finanzchef dürfte er als Teil des Vorstandes am Entscheidungsprozess beteiligt gewesen sein. VW hatte bereits am 3. September gegenüber der US-Umweltbehörde EPA die Manipulationen mit Hilfe einer speziellen Software eingestanden, aber erst am 20. September - und damit zwei Tage nach der EPA - mit einer sogenannten Ad-hoc-Meldung die Öffentlichkeit informiert.

Laut einigen Juristen hat sich der Konzern damit gegenüber seinen Aktionären schadenersatzpflichtig gemacht. VW drohen deshalb Sammelklagen. Der neue Konzernchef Matthias Müller wies inzwischen aber einen möglichen Verstoß gegen das Aktiengesetz zurück: "Unsere Rechtsauffassung besagt, dass wir rechtzeitig informiert haben", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch). (dpa)

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