-- Anzeige --

Dieselskandal: VW-Aufsichtsrat weist Anschuldigungen Piëchs zurück

09.02.2017 13:53 Uhr
Dieselskandal: VW-Aufsichtsrat weist Anschuldigungen Piëchs zurück
Bei der Aufarbeitung des VW-Dieselskandals bahnt sich ein massiver Konflikt zwischen dem Autobauer und dem früheren Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch an.
© Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Was treibt Ferdinand Piëch um? Bei der Aufarbeitung des Dieselskandals häufen sich seine Vorwürfe gegen frühere Weggefährten. Der VW-Aufsichtsrat reagiert ungewöhnlich scharf - und könnte zu einem Gegenschlag ausholen.

-- Anzeige --

Bei der Aufarbeitung des VW-Dieselskandals bahnt sich ein massiver Konflikt zwischen dem Autobauer und dem früheren Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch an. Der VW-Aufsichtsrat wies am Mittwochabend Anschuldigungen scharf zurück, die Piëch laut Medienberichten unter anderem gegen aktuelle Aufsichtsräte erhebt. In einer Stellungnahme hieß es, der Volkswagen-Vorstand werde mögliche Maßnahmen und Ansprüche gegen Piëch «sorgfältig prüfen».

Als möglich in diesem Zusammenhang gelten eine Strafanzeige sowie Schadenersatzansprüche gegen Piëch. Der 79-Jährige ist Miteigentümer von Porsche und damit auch Großaktionär von VW. Piëch war bis April 2015 langjähriger VW-Aufsichtsratschef und galt als mächtigster Mann bei Volkswagen. Er trat nach einem internen Machtkampf mit dem damaligen VW-Vorstandschef Martin Winterkorn zurück. Winterkorn hatte damals Unterstützung vor allem vom Land Niedersachsen als VW-Großaktionär und dem Betriebsrat.

Die "Bild"-Zeitung berichtete nun unter Berufung auf eine Aussage Piëchs bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig, dass unter anderen Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Betriebsratschef Bernd Osterloh bereits Anfang März 2015 von Hinweisen auf Abgas-Manipulationen in den USA erfahren haben sollen - und damit viel früher als bisher bekannt. Der Skandal war Mitte September 2015 öffentlich bekannt geworden.

Piëch soll demnach im Februar 2015 Informationen über einen möglichen Dieselbetrug von einem israelischen Sicherheitsunternehmen erhalten haben. Darüber hatte bereits die «Süddeutsche Zeitung» berichtet. Damit habe er den damaligen Vorstandschef Winterkorn konfrontiert. Er habe die Sache im Griff, hätte Winterkorn entgegnet, so die Aussage Piëch. Über dieses Gespräch will Piëch anschließend das Präsidium des Aufsichtsrats unterrichtet haben - darin waren damals neben Weil und Osterloh auch Wolfgang Porsche und der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber.

Als unglaubwürdig bewertet

Der Aufsichtsrat von Volkswagen wies die laut Bericht von Piëch erhobenen Behauptungen "mit allem Nachdruck" als falsch zurück. "Eine ähnliche Darstellung, die sich neben dem ehemaligen Vorsitzenden des Vorstandes vor allem gegen eine Reihe aktueller wie ehemaliger Mitglieder des Aufsichtsratspräsidiums richtet, hatte Ferdinand Piëch im Frühjahr 2016 schon im Rahmen der internen, unabhängigen Untersuchungen gegeben", hieß es in einer Stellungnahme am Mittwochabend.

Diese Darstellung sei im weiteren Verlauf durch die Kanzlei Jones Day eingehend und detailliert überprüft worden. "Dabei haben sich keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Behauptungen ergeben, sie wurden insgesamt als unglaubwürdig eingestuft."

Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil erklärte, ihm seien die Vorwürfe Piëchs seit einigen Monaten bekannt. "Sie sind einer unabhängigen Prüfung unterzogen und als unglaubwürdig bewertet worden. Tatsächlich hat es im Frühjahr 2015 von keiner Seite Hinweise an mich gegeben, Volkswagen nehme unzulässigerweise Einfluss auf Schadstoffwerte. Davon habe ich erst am 19. September 2015 erfahren. Jede anderslautende Darstellung ist schlichtweg falsch."

Der frühere IG Metall-Chef Huber und der VW-Betriebsratsvorsitzende Osterloh wiesen die Behauptungen ebenfalls als unwahr zurück. "Hätte uns Dr. Piëch in Kenntnis gesetzt, dann hätten wir das Unternehmen und die Belegschaften vielleicht vor großem Schaden bewahren können. Jetzt erwarten wir, dass der Vorstand umgehend prüft, ob er gegen Piëch vorgehen muss."

Wiederholt Winterkorn belastet

Piëch hatte laut früheren Medienberichten bereits wiederholt seinen früheren engen Weggefährten, Ex-Konzernchef Winterkorn, schwer belastet. Auch dabei geht es um den Vorwurf, Winterkorn habe früher als bisher bekannt von den Abgas-Manipulationen bei Dieselfahrzeugen gewusst. Winterkorn will von den Manipulationen erst Anfang September 2015 erfahren haben. Er war kurz nach Bekanntwerden der Affäre zurückgetreten. Die Braunschweiger Staatsanwälte ermitteln gegen Winterkorn und andere frühere sowie aktuelle Manager wegen des Verdachts des Betrugs und der Marktmanipulation.

Winterkorns Anwälte hatten der Deutschen Presse-Agentur in der vergangenen Woche nach Berichten zu Vorwürfen Piëchs mitgeteilt, ihr Mandant werde sich dazu äußern, sobald ihm die Akten der Staatsanwaltschaft Braunschweig zur Einsicht vorgelegen hätten.

Ministerpräsident Weil: Piëch verbreitet "Fake News"

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) warf Piëch das Verbreiten gefälschter Nachrichten vor. "Ich bedauere, dass ein Mann mit unbestreitbaren Verdiensten wie Ferdinand Piëch inzwischen zu Mitteln greift, die man neudeutsch nur als 'Fake News' bezeichnen kann", sagte Weil am Donnerstag in Hannover. Zu Piëchs möglicher Motivation meinte er, es sei bekannt, dass dieser im Streit aus dem VW-Gremium ausgeschieden sei: "Möglicherweise besteht da ein Zusammenhang."

Linke und Grüne wollen Piëch als Zeugen im Untersuchungsausschuss des Bundestags vorladen. "Da Herr Piëch im Zentrum der aktuellen Auseinandersetzung steht, kann er sich auf eine Vorladung gefasst machen", sagte der Ausschuss-Vorsitzende Herbert Behrens (Linke). Eine Vernehmung Piëchs wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag von den Oppositionsfraktionen beantragt. Der Ausschuss muss darüber noch entscheiden.

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


KHS

09.02.2017 - 10:53 Uhr

Wem helfen eigentlich diese 'Rundumschläge'? Die 'Protagonisten' sollten endlich zur wirklichen Aufklärung beitragen. Und mal an ihre deutschen / internationalen Kunden denken! Das ist noch Vieles gut zu machen!


JS

09.02.2017 - 11:21 Uhr

Im gesamten Zusammenhang erscheint die Aussage von Herrn Piech sehr glaubwürdig.Was wurde nicht spekuliert warum Herr Piech damals so plötzlich auf Distanz zu Herrn Winterkorn ging. Das passt alles sehr schlüssig zusammen. Daß Herr Winterkorn von nicht wußte ist ja sowieso lächerlich. Und die anderen sind ja auch bestimmt Unschuldslämmer . Es bleibt nur zu hoffen daß die Wahrheit ans Licht kommt und die "oberen" endlich auch finanziell und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.Unsere Manager-Eliten handeln ja nur nach dem Motto: Maximale Boni aber keine Verantwortung


Dr. Heiko Barske

09.02.2017 - 12:17 Uhr

Als langjähriger enger Mitarbeiter von Herrn Piech während meiner Tätigkeit bei AUDI in den Jahren 1977 bis 1989 kenne ich Herrn Piech als einen Menschen, der jedes Wort, das er öffentlich sagt - seine öffentlichen Äußerungen sind i.A. wohltuend kurz - genau abwägt. Die Vergangenheit betreffende Äußerungen dürften sehr glaubwürdig sein, falls er seine seinerzeitige Gewohnheit, die Tagesereignisse genau zu protokollieren, beibehalten hat. Ein Grund für seine plötzliche Distanz zu seinem Zögling Winterkorn könnte der Abgasbetrug sein, zu dem sich die seinerzeit verantwortlichen VW-Manager naturgemäß nach Abstimmung mit ihren Anwälten so äußern, dass sie jede Schuld von sich weisen.


Andreas Schmidt

09.02.2017 - 14:19 Uhr

"Dass der einstige VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch vom einstigen israelischen Botschafter Avi Primor über mögliche Abgasmanipulationen erfuhr, war bereits bekannt - nun berichtet "Spiegel Online", dessen Informationen seien vom Inlandsgeheimdienst Schin Bet gekommen. Der soll ein Schreiben gehabt haben, demzufolge US-Behörden den damaligen VW-Chef Winterkorn über die Schummelei informierten. Der Chef von Schin Bet, Juval Diskin, könnte dies erlangt haben, als er im VW-Konzern die Datensicherheit überprüfte. "


Verkaeufer

09.02.2017 - 14:25 Uhr

Gibt es eigentlich irgendjemand, der daran glaubt, dass Winterkorn und Co nicht schon weit vorher Bescheid gewusst bzw. die Betrügerei am Kunden mit initiiert haben ??


Heinz-Gerd Schlagregen

09.02.2017 - 17:12 Uhr

Für jeden, der ein Berufsleben in Großkonzernen verbracht hat, ist es undenkbar, dass eine Entscheidung dieses Ausmaßes ohne den Segen des Vorstandes hätte gefällt werden können. Somit wußte auch das Land Niedersachsen früh genug von diesen Dingen. Herrn Piech ist klar, dass irgendwann die Wahrheit an das Licht kommt. Zu viele Mitwisser, zu diffuse Aktenlage, als das nicht doch etwas bewiesen werden könnte. Da sind ja auch noch Externe Auftragnehmer als Mitwisser beteiligt. Bosch hat schon deutliche Hinweise gegeben.


DK

09.02.2017 - 18:40 Uhr

Auch hier stellt sich die Frage gibt es außer Herrn Diess überhaupt jemand im Aufsichtsrat und Vorstand der die Wahrheit sagt. Müller ist seit langem abgetaucht. Es ist eine Blamage im Ganzen. Wer soll den Karren aus dem Dreck ziehen? Mit Herrn Weil und dem jetzigen Betriebsrat geht auch nichts zusammen. Dieses Geflecht aus Politik und Gewerkschaft versagt immer wieder. Dobrindt lässt grüßen.


Vertrauter

10.02.2017 - 08:18 Uhr

Gerade ein Ministerpräsident wie Stephan Weil sollte sich als Politiker mit Kommentaren "Fake News" zurückhalten. Die Ären der Herren Engholm und Barschel sind noch im Gedächtnis und Herr Weil sollte sich dies vor Augen halten.


S.T.

10.02.2017 - 18:23 Uhr

Es ist alles eine einzige Farce, wie sich das sogenannte "Topmanagement" im Konzern verhält! Es werden unverhältnismäßige Bonuszahlungen ausgeschüttet und niemand will Verantwortung übernehmen. Jeder Inhaber oder Verkaufsleiter in einem VW - Handelsbetrieb hat mehr Verantwortungsbewusstsein als diese traurigen Gestalten! Schade was aus der einstig tollen Marke VW wird...Ich selbst bin sehr enttäuscht!


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Auto News für die Automobilbranche: AUTOHAUS ist eine unabhängige Abo-Fachzeitschrift für die Automobilbranche und ein tagesaktuelles B2B-Online-Portal. AUTOHAUS bietet Auto News, Wirtschaftsnachrichten, Kommentare, Bilder und Videos zu Automodellen, Automarken und Autoherstellern, Automobilhandel und Werkstätten sowie Branchendienstleistern für die gesamte Automobilbranche. Neben den Auto News gibt es auch Interviews, Hintergrundberichte, Marktdaten und Zulassungszahlen, Analysen, Management-Informationen sowie Beiträge aus den Themenbereichen Steuern, Finanzen und Recht. AUTOHAUS bietet Auto News für die Automobilbranche.