Ausgabe 03/2009: Prämienfieber

PrämienfieberUmweltprämie E Kunden, Händler und Hersteller zeigen sich begeistert. In der Branche glaubt man an einen großen Erfolg der Prämienaktion.Von Frank SelzleDie Umweltprämie der Bundesregierung wird ein großer Erfolg. Noch vor kurzem hatte in der Branche die Skepsis überwogen. In der AUTOHAUS Online-Umfrage vom 19. Januar hatte lediglich eine knappe Mehrheit von 52,4 Prozent die Abwrackprämie befürwortet. Doch das Interesse der Deutschen ist riesig, der Handel profitiert mittlerweile spürbar. Laut einer repräsentativen Verbraucher-Umfrage des Beratungsunternehmens b-k-p Consulting will sich etwa jeder Dritte der über 1.000 Befragten wegen der geplanten Förderung von 2.500 Euro für einen Neu- oder Jahreswagen entscheiden. Anders als von vielen befürchtet, können auch die deutschen Hersteller und Markenhändler mit guten Geschäften rechnen, denn laut b-k-p-Umfrage wollen 80,1 Prozent der Befragten einen Wagen aus Deutschland. Insgesamt wird die Prämie die automobile Konjunktur nach den Einbrüchen der letzten Monate also erst einmal deutlich beleben.Beifall aus der BrancheExperten und Verbände reagierten daher auch mehrheitlich positiv auf das Konjunkturprogramm. Bundesinnungsmeister und ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk zeigte sich zufrieden, dass die vom Kfz-Gewerbe eingebrachten Vorschläge auf fruchtbaren Boden gefallen seien. Gegenüber AUTOHAUS sagte Hülsdonk: "In einem um 20 bis 25 Prozent schrumpfenden Markt ist eine Subventionierung mit kurzfristiger Wirkung durchaus geeignet, das Geschäft zu beleben."VDA-Präsident Matthias Wissmann zeigte sich ebenfalls erfreut: "Die Maßnahmen können nicht nur zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei Herstellern und Zulieferern beitragen, sondern helfen auch, die Ziele beim Klima- und Umweltschutz zu erreichen." Auch der Verband der Importeure VDIK ist zufrieden: Das Maßnahmenpaket sende positive Signale, seine Umsetzung kann die Bürger entlasten, Kaufkraft schaffen und Zuversicht für die Zukunft geben, hieß es. Kritik wurde vor allem am Umweltaspekt des Prämienmodells geübt. Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) bezeichnete die Abwrackprämie als "eine 1,5 Milliarden Euro teure Mogelpackung". Die Verschrottungsprämie lade zum Missbrauch ein und schade der Umwelt mehr, als sie ihr nutze, da neue Autos nicht automatisch umweltfreundlicher seien. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), hält die Verschrottungsprämie für "ökologisch fragwürdig".Details der FörderungsrichtlinieUm die Prämie zu bekommen, muss man ein mindestens neun Jahre altes Auto verschrotten, das vor dem Stichtag 14. Januar 2000 erstzugelassen ist, und in diesem Jahr einen umweltfreundlichen Neu- oder Jahreswagen ab Euro-4-Abgasnorm kaufen. Das Altauto muss mindestens ein Jahr lang auf den Käufer zugelassen gewesen sein. Die Verschrottung wird mit dem Verwertungsnachweis einer Altautoannahmestelle belegt. Die am 27. Januar (2 Tage nach Redaktionsschluss, Anm. d. Red.) vom Bundeskabinett beschlossenen Förderrichtlinien konkretisieren und ergänzen die ursprünglichen "10 Punkte" vom 16. Januar. So fallen neben Neu- und Jahreswagen, die auf in Deutschland ansässige Kfz-Händler und -Hersteller zugelassen waren, mittlerweile auch Jahreswagen unter den Prämienschirm, die auf eine Autobank, ein Vermietungsunternehmen oder eine Leasinggesellschaft zugelassen waren. Eine gute Nachricht für alle Händler, deren Höfe voll sind mit Buy Backs. Entscheidend für die Förderung ist, dass ein Jahreswagen nur eine Zulassung aufweisen darf. Neben allen Pkw gilt die Verschrottungsprämie auch für Wohnmobile und Geländewagen, nicht aber für Motorräder sowie alle Nutzfahrzeuge und Kleintransporter. Die Anträge auf Umweltprämie sind beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einzureichen. Seit 27. Januar nun läuft die Bearbeitung der Anträge. Das Antragsformular steht auf der Internetseite des BAFA unter www.bafa.de zum Download bereit. Gemeinsam mit dem Antrag müssen der Verschrottungsnachweis, die Abmeldebestätigung für das alte Auto sowie der Zulassungsbescheid für den neuen Wagen vorgelegt werden. Der Autohändler kann zwar für den Kunden alle Behördengänge erledigen und die Prämie beim Verkauf verrechnen, allerdings wird das Geld nur an den Kunden selbst ausbezahlt, eine Abtretung des Anspruchs ist nicht möglich. Wichtig: Der Antrag muss vom Kunden unterschrieben sein.Reicht der Fördertopf?Insgesamt will die Regierung 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, davon werden rund ein bis zwei Millionen Euro für die Abwicklungskosten verloren gehen. Die Finanzmittel werden daher wohl für höchstens 600.000 Pkw reichen. Und das Geld könnte knapp werden. Laut einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts puls planen knapp acht Prozent aller Autobesitzer, deren Fahrzeug älter als neun Jahre ist, in den kommenden Monaten wegen der Prämie ihr Auto zu verschrotten und einen Neuwagen zu kaufen. "Bei einem Bestand von rund 16 Millionen alten Fahrzeugen entspricht dies in etwa einer Anzahl von 1,2 Millionen Autos", sagte puls-Chef Konrad Weßner. Da die Prämien in der Reihenfolge des Auftragseingangs ausgeschüttet werden (Windhundverfahren), ist also ein frühzeitiger und vollständiger Antrag wichtig.Kritik am Windhundverfahren äußerte Rechtsanwalt Michael Böhlk-Lankes von der Kanzlei Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner: Wegen der geplanten Mittelbegrenzung auf 1,5 Milliarden Euro könnten zahlreiche Antragsteller leer ausgehen, weil bisher die Abwrackprämie als Subvention nur im Rahmen der bewilligten Haushaltsmittel gewährt werden dürfte. Einen gesicherten Rechtsanspruch auf die Prämie gebe es nicht.Handelsgeschäft hat begonnenBereits vor dem 27. Januar haben viele Autohäuser begonnen, die Prämie zu bewerben und Verkäufe abzuwickeln. Das Kundeninteresse ist groß – und somit auch die Chance für den Handel. Branchenkenner Friedrich Arbeiter schätzt, dass es rund 18,8 Millionen Fahrzeuge gibt, die vor dem 14.1.2000 zugelassen sind. "Da sind mehr als genug kaufkraftstarke Zweit- und Drittwagen-Besitzer, Wenigfahrer und Ruheständler dabei, die ihr zwölf oder 15 Jahre altes Fahrzeug jetzt mit Prämienvorteil auswechseln können. Und wegen der bis zum 30. Juni laufenden Steuerbefreiung wird es wohl sogar ein Wettrennen bei den Käufern geben", so Arbeiter.Das Kundeninteresse verspricht auch für die Autobanken zusätzliches Geschäft. Dabei setzen die Herstellerbanken auf bestehende Produkte und Aktionen, die auch für die Finanzierung förderungswürdiger Käufe gelten. Die Fiat Bank bietet darüber hinaus als Beitrag zur Umweltprämie ihr "Fiat-ecoplus"-Programm mit den Eckpunkten: Null Euro Anzahlung, Finanzierungsdauer bis zu 60 Monate, effektiver Zinssatz 5,99 Prozent. Die Santander Consumer Bank hat ihr Produkt AutoDispoPlus – eine kostenlose ec/Maestro-Karte mit einem zusätzlichen Verfügungsrahmen von 5.000 Euro – als "Santander Konjunkturpaket" auf die Umweltprämie ausgerichtet. Der Kredit ist für sechs Monate zinsfrei, das Geld steht sofort zur Verfügung. Damit habe der Kunde oder der mit der Abwicklung beauftragte Autohändler die Möglichkeit, für die Zwischenfinanzierung sofort über 2.500 Euro zu verfügen, so die Bank.Neuwagen ab 5.000 EuroNeben den Händlern haben auch die Hersteller begonnen, mit der Umweltprämie zu werben. So locken etwa Dacia, Fiat und Peugeot mit "Preisbrecher"-Angeboten – oftmals kombiniert mit weiteren Rabattaktionen und günstigen Finanzierungen. Die Unternehmen versprechen zudem die komplette Prämien-Abwicklung über die Vertragspartner. Eine der günstigsten Offerten auf dem deutschen Markt ist demnach der Dacia Sandero 1.4 MPI (55 kW/75 PS), der nach Abzug der staatlichen Förderung als Neuwagen zum Preis von 5.000 Euro ausgeschrieben ist.Aber nicht nur die Importmarken werden von der Prämie profitieren. Der Autoexperte Willi Diez rechnet von Mitte des Jahres an mit einer deutlichen Belebung des Gesamtmarktes. Dann würden die Konjunkturpakete der Bundesregierung Wirkung zeigen. Diez glaubt, dass dank der beschlossenen Verschrottungsprämie in Deutschland 300.000 Fahrzeuge zusätzlich verkauft werden. Davon werden nach seiner Einschätzung 200.000 Autos von deutschen Herstellern stammen. Durch das Paket würden mindestens 20.000 Arbeitsplätze bei Herstellern, Zulieferern und im Autohandel gerettet, so Diez.Politischer FahrplanPolitisch steckt das Konjunkturpaket II noch im Abstimmungsprozess. Verschiedene politische Stimmen haben Änderungen am Gesamtpaket und an der Umweltprämie gefordert. Auch ist es theoretisch noch möglich, dass Änderungen über den Bundesrat erzwungen werden. Dass sich bei der Umweltprämie jedoch noch Grundsätzliches ändert, ist unwahrscheinlich, denn die Prämie wird als Förderrichtlinie des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) geführt, die nicht zustimmungspflichtig ist. Nur das zugrunde liegende Gesamtpaket des Konjunkturprogramms II, in dem auch die Finanzierung der Prämie geregelt ist, muss Bundestag und Bundesrat passieren. Diese Hürden dürften laut BMWi Mitte Februar genommen sein. Dann kann die Ausschüttung der Prämie beginnen. zKurzfassungDie Umweltprämie der Bundesregierung ist schon jetzt ein Erfolg. Das Interesse der Kunden ist groß; Branchenstimmen rechnen mit wenigstens 200.000 zusätzlichen Verkäufen. Die Fördermittel von 1,5 Milliarden Euro reichen höchsten für 600.000 Pkw. Neben Neuwagen und Jahreswagen, die auf einen in Deutschland ansässigen Kfz-Händler oder -Hersteller zugelassen waren, fallen nun auch Ex-Mietwagen und -Leasingfahrzeuge unter den Prämienschirm. Neben dem Förderantrag müssen der Verschrottungsnachweis, die Abmeldebestätigung für das alte Auto sowie der Zulassungsbescheid für den neuen Wagen beim BAFA vorgelegt werden. Der Händler kann die Abwicklung für den Kunden übernehmen.Lesen SIe hier...... Details, Meinungen, Prognosen und offene Fragen zur Umweltprämie.AH: Herr Arbeiter, Sie haben auf Autohaus Online wohl als Erster den "sicheren Erfolg" der Verschrottungsprämie vorausgesagt. Welche Chancen ergeben sich nun? F. Arbeiter: Die Händler können nun hervorragend Neuwagen verkaufen und den Bestand an höchstens einjährigen Vorführwagen und Buy Backs abbauen. Darüber hinaus sind zusätzliche Stückzahlen möglich, wenn die Autohäuser kurzfristig zukaufen, z. B. NW und Re-Importe aus dem Ausland, die aber nicht zugelassen sein dürfen.AH: Wie lassen sich weitere Käufer gewinnen?F. Arbeiter: Urlaubssperre für Verkäufer! Autos bewerben, Finanzierungen bewerben, z. B. lange Laufzeiten mit Risikoabsicherung. Argumentieren Sie mit den hohen Reparaturkosten für Altwagen und dem Sicherheitszuwachs, wenn vom Altwagen auf ein junges Auto umgestiegen wird. Wichtige Zielgruppen sind u. a.: Senioren, Eltern und Großeltern. Wichtig ist auch, auf das "Windhundprinzip" aufmerksam zu machen, denn wer zu spät kommt, kann tatsächlich das Nachsehen haben! Ich gehe davon aus, dass es inzwischen ein Potenzial von ca. zwei Millionen Käufern gibt!AH: Was muss noch geklärt werden?F. Arbeiter: Einiges. So müssen fast alle Käufer ihren Altwagen fahren, bis der Neuwagen da ist – und das kann dauern! Es ist vollkommen unklar, wie das mit der nachfolgenden Verschrottung laufen soll. Außerdem: Wie werden Risiken für Autokäufer und -händler vermieden, wenn z. B. noch 20.000 oder 30.000 Anträge laufen, obwohl der Subventionstopf bereits geleert ist?Frank Dobberke, Betriebsleiter Autohaus Bernds, Duisburg: < In unserem Renault- und Dacia-Haus in Duisburg ist die Nachfrage sehr groß. Die Kunden fragen vor allem nach Kleinwagen, 60 Prozent dezidiert nach Dacia-Modellen. In allen sechs Bernds-Filialen haben wir bereits in der ersten Woche sehr viele Autos verkauft, allein in Duisburg waren es zwölf Wagen. Dabei halten sich Tageszulassungen und Neufahrzeuge die Waage. Neben der staatlichen Prämie profitieren Kunden bei uns zusätzlich von unseren üblichen Aktionen, Rabatten und Zinssätzen. Das ist super lukrativ – für uns und für den Kunden. «Ulf Richter, Verkaufsleiter Autohaus Gerstmann, Leipzig: < Die Resonanz auf die Umweltprämie ist riesengroß. In den ersten eineinhalb Wochen konnten wir bereits 21 Jahreswagen und zehn Neuwagen der Marke Ford verkaufen. Ein Ende ist noch nicht abzusehen, unser Schauraum ist voll wie zuletzt 1992! Zurzeit konzentriert sich das Interesse bei Jahreswagen auf die Preisklasse um die 10.000 Euro. Die Schrottfahrzeuge, die wir bekommen haben, hatten einen reinen Marktwert zwischen 1 und 300 Euro. Durch die Umweltprämie wird die Lauerstellung, in die viele Kunden mit ihren alten Fahrzeugen gegangen sind, langsam aufgelöst. Meiner Meinung nach sind das Kunden, die sich mit einem Neukauf schon länger beschäftigt haben und jetzt zuschlagen. So viel Geld für ihren alten werden sie nie wieder bekommen. Was sicher auch in den Köpfen der Kunden eine Rolle spielt, ist die zeitliche Ungewissheit: Wenn Topf leer, dann keine Prämie mehr. Auch dies beschleunigt die Kaufentscheidung. « Grosses Kundeninteresse

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