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Software-Sparte: VW tauscht Cariad-Führung aus

08.05.2023 09:59 Uhr | Lesezeit: 3 min
Peter Bosch
Peter Bosch, ab dem 1. Juni CEO der Cariad.
© Foto: VW

Bei den hochfliegenden Plänen zur Programmierung eigener IT- und Elektronik-Systeme musste der VW-Konzern schon so manchen Kompromiss eingehen. Jetzt gibt es auch einen personellen Umbau. Wie lässt sich die interne Verzahnung in der komplexen Autogruppe verbessern?

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Volkswagen wechselt nach den Startschwierigkeiten und Verzögerungen in der Entwicklung eigener Auto-Software das Führungspersonal der zuständigen Sparte Cariad aus. Unter anderem solle der Bentley-Manager Peter Bosch den bisherigen Chef Dirk Hilgenberg ablösen, teilten die Wolfsburger am Montag mit.

Zuvor hatte der Aufsichtsrat der IT-Tochter unter Leitung von VW-Konzernchef Oliver Blume die Personalie beschlossen. Bosch soll Anfang Juni die Cariad-Spitze übernehmen und dann auch die Finanzen, den Einkauf sowie die interne Informationstechnologie steuern.

Wie die Zukunft Hilgenbergs aussieht, ist nach Informationen aus Unternehmenskreisen noch nicht geklärt. Sein designierter Nachfolger Bosch ist bei der britischen Edelmarke Bentley bislang für die Produktion verantwortlich. Außerdem sollen "zwei ausgewiesene Software-Experten" in den Cariad-Vorstand einziehen. Namen nannte Volkswagen hier vorerst nicht. Derzeit gehören auch Thomas Sedran als Finanzchef und Lynn Longo als Entwicklungschefin zur Führungsriege. Personalvorstand Rainer Zugehör soll bleiben.

Entscheidung gefallen 

Die hauseigene Software-Entwicklung von Volkswagen hatte in den letzten Jahren mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Vor dem vergangenen Wochenende hatte es bereits Berichte gegeben, wonach der im September 2022 als neuer Vorstandsvorsitzender angetretene Blume das Top-Management von Cariad absetzen und eine weitere Reform der Abläufe durchziehen wolle. Nun gibt es eine Entscheidung. Am Mittwoch treffen sich auch die VW-Aktionäre zur Hauptversammlung.

Eine der ersten Handlungen Blumes - er hatte nach dem Abtritt von Herbert Diess die VW-Spitze übernommen und führt parallel Porsche - war es im Herbst, die Zeitpläne zur Programmierung fertiger Versionen bei der Hauptmarke, Audi und Porsche zu entzerren. Er setzte einen Zehn-Punkte-Plan für den Konzern auf - mit der Neuausrichtung von Cariad als wichtiger Säule, "bei der wir gute Fortschritte erzielt haben", so Blume nach der Bekanntgabe der Veränderungen. Das Tempo werde erhöht, man öffne sich für Partner. "Die Software wird in diesem Zuge noch enger mit der Fahrzeugentwicklung verknüpft."

Managerinnen und Manager aus mehreren Bereichen sollen überdies in einem "Transformation Board" zusammenkommen. "Schwerpunkt ist es, den Transformationsprozess zu führen und die Zusammenarbeit der Cariad mit den Marken des Volkswagen-Konzerns weiterzuentwickeln - mit Teamgeist, Fairness und Leidenschaft", hieß es.

Kritik von Audi und Porsche 

Audi und Porsche hatten die Strategie von Cariad hinter den Kulissen kritisiert. Die Verspätungen führten dazu, dass sich Modellanläufe verzögerten und hohe Zusatzkosten aufliefen. Die einflussreichen Oberklasse-Töchter in Ingolstadt und Stuttgart befürchteten, es könnte weitere teure Aufschübe geben, falls Cariad zuerst auf der Entwicklung einer Einheits-Software für alle Konzernmarken beharre.

Eigentlich war bis 2026 eine IT- und Elektronik-Plattform geplant, die sich am künftigen volldigitalisierten VW-Kernmodell Trinity orientiert. Sie wurde bis zum Ende des Jahrzehnts vertagt. Ziel ist ein über sämtliche Ausstattungsstufen "skalierbares" Betriebssystem (VW.OS) für alle Pkw aus dem größten europäischen Autokonzern. Audi und Porsche sollen schon vor Diess' Ausscheiden verlangt haben, ihre eigenen Pläne vorläufig in Eigenregie weiterbetrieben zu können, um zahlungskräftige Käufer nicht mit Altsystemen abspeisen zu müssen.

Als Kompromiss wurde einstweilen festgelegt: Die übergreifende Einheits-Software soll erst danach folgen. Die Abstimmungsprobleme rund um Cariad gelten als ein zentraler Grund dafür, dass Diess Ende August letztlich seinen Hut nehmen musste.

VW setzt große Hoffnungen in Cariad

Volkswagen setzt dennoch nach wie vor große Hoffnungen in die Firma - denn neben der E-Mobilität ist eigene Software das wesentliche Zukunftsthema. Eine mittlere zweistellige Milliardensumme fließt in den kommenden Jahren allein in die Digitalisierung. Entstehen soll ein "Software-Rückgrat für alle Konzernfahrzeuge", um dank höherer Wertschöpfung aus selbstprogrammiertem Code unabhängiger von Zulieferern sowie von IT-Riesen wie Google oder Apple zu werden.

Cariad soll auch helfen, den Technikvorsprung des US-Rivalen Tesla aufzuholen. Außerdem dürfte ein Teil der Probleme, die VW derzeit in seinem wichtigsten Markt China hat, darauf zurückzuführen sein, dass Entertainment-Funktionen und Vernetzungsangebote im Auto nicht den Geschmack der dortigen Kundschaft treffen. Der Konzern will mit mehr lokaler Fertigung, Zulieferung und Programmierung gegensteuern. Wichtiger werden darüber hinaus Kooperationen und Beteiligungen, so zum Beispiel mit der KI-Firma Horizon Robotics beim autonomen Fahren.

Hohe Komplexität vom Autobauer zum IT-Dienstleister 

Insgesamt erweist sich der Wandel vom reinen Autobauen zum Anbieten IT-getriebener Mobilitätsdienstleistungen als viel komplexer als anfangs angenommen - das trifft auch auf manche anderen Hersteller zu. Bei VW war der Manager Christian Senger, der Cariad zunächst aufgebaut hatte, 2020 überraschend abberufen und später zum Entwicklungschef für Fahrassistenzsysteme gemacht worden.

Im ersten Quartal 2023 weitete Cariad seinen Verlust gegenüber dem Vorjahreszeitraum leicht von 416 Millionen auf 429 Millionen Euro aus. Der Konzern verwies auf den anhaltenden Investitionsbedarf.

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