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Abgasfreie Pkw ab 2030: Widerstand gegen Grünen-Forderung

10.10.2016 14:00 Uhr
Die Grünen stoßen mit ihrer Forderung nach einem Verbot von Verbrennungsmotoren für Pkw ab 2030 auf Widerstand.

Verschlafen deutsche Autobauer mal wieder wichtige Zukunftstechnologien? Ja, sagen die Grünen. Neue Öko-Technologien zu erzwingen sei kontraproduktiv, kontert der Autoverband VDA.

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Die Grünen stoßen mit ihrer Forderung nach einem Verbot von Verbrennungsmotoren für Pkw ab 2030 auf Widerstand. CSU-Chef Horst Seehofer und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt haben dem Vorschlag eine klare Absage erteilt. "Ich habe nicht die Absicht, die Axt an die Wurzel einer Schlüsselindustrie zu legen", sagte Seehofer am Montag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München. Der bayerische Ministerpräsident fügte hinzu: "Ich bin sehr für Umweltschutz, aber ich bin gegen einen Umweltschutz mit Verboten." Dobrindt sagte: "Ein komplettes Aus von Verbrennungsmotoren ab 2030 ist vollkommen unrealistisch." Das Datum sei "einfach Unsinn". Es sei richtig, Elektromobilität zu fördern - aber es werde parallel noch über lange Zeit noch Verbrennungsmotoren geben. "Es wäre falsch, wenn man Erwartungen weckt, die überhaupt nicht erfüllbar sind."

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) erklärte am Sonntag, Politik solle kluge Rahmenbedingungen setzen, aber nicht Technologiefortschritte diktieren oder dem Kunden Entscheidungen vorschreiben. Der ADAC erklärte: "Die Verkehrswende bedarf langfristiger, internationaler Bemühungen bei Forschung, Wirtschaft und Politik, um nachhaltig umgesetzt zu werden."

Die Grünen hatten zuvor Union und SPD wegen ihres Widerstandes gegen ein solches Verbot kritisiert. Parteichef Cem Özdemir erklärte am Samstag: "An der E-Mobilität führt kein Weg vorbei - und zwar nicht nur im Sinne des Klimaschutzes, sondern vor allem im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Autobauer." Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer, sagte dem "Spiegel": "Wenn wir das Pariser Klimaabkommen ernst nehmen, dürfen nach 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr neu auf die Straße."

Krischer bezog sich bei seiner Kritik auf eine - parteiübergreifend beschlossene - Stellungnahme des Bundesrates vom 23. September zu einer "europäischen Strategie für emissionsarme Mobilität". Darin wird die Brüsseler Kommission gebeten zu prüfen, wie sich die bisherigen Steuer- und Abgabenpraktiken der Mitgliedstaaten auf die Förderung lärmarmer und abgasfreier Mobilität auswirken. Auf dieser Basis solle die Kommission dann Vorschläge für einen effizienteren Einsatz von Abgaben und Steuern unterbreiten, "damit spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden". Die Stellungnahme wurde mit Mehrheit angenommen, was bedeutet, dass auch Landesregierungen mit SPD und Unionsbeteiligung zugestimmt haben müssen.

VDA: "Für den Klimaschutz kontraproduktiv"

VDA-Präsident Matthias Wissmann sagte der Deutschen Presse-Agentur, weder die Bundesregierung noch die EU-Kommission forderten ein Verbot des Verbrennungsmotors ab 2030. Und aus der Stellungnahme des Bundesrates abzuleiten, "dass die deutschen Bundesländer oder der Bundesrat politisch belastbar ein Verbot des Verbrennungsmotors fordern, ist abwegig". Er warnte vor einem politisch erzwungenen Aus für den Verbrennungsmotor. Dies "kann für den Klimaschutz sogar kontraproduktiv sein". "Denn nur wenn Strom aus regenerativen Quellen kommt, sind Elektroautos wirklich emissionsfrei."

Allerdings hatte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) schon in ihrem Anfang September vorgestellten "Integrierten Umweltprogramm 2030" - ähnlich wie die Grünen - schärfere CO2-Grenzen gefordert. "Pkw, die im Jahr 2030 neu verkauft werden, sollten emissionsfrei betrieben werden können", teilte Hendricks am Montag in Berlin mit. Es sei wichtig, dass die deutsche Automobilwirtschaft sich rechtzeitig auf die neuen Herausforderungen einstelle. "Die deutschen Ingenieure sind ohne weiteres in der Lage, bis 2030 emissionsfreie Autos für alle zu bauen." Hendricks begrüßte die parteiübergreifend beschlossene Stellungnahme des Bundesrates vom September. Im Entwurf eines Klimaschutzplans aus dem Umweltministerium heißt es, aus dem Ziel eines weitgehend treibhausgasneutralen Verkehrs bis 2050 und der Nutzungsdauer von Fahrzeugen ergebe sich "der Maßstab für die CO2-Emissionen neuer Fahrzeuge ab 2030".

Auch der Grünen-Bundesvorstand dringt in einem Antrag für den Parteitag im November, von 2030 an keine Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren mehr neu zuzulassen. Die "Verkehrswende" sei auch im Interesse der Industrie. Die deutschen Autobauer hätten sich mit dem Festhalten am Verbrennungsmotor in eine Sackgasse manövriert. Bei Elektromobilen hätten Autobauer aus China, Japan und den USA großen Vorsprung. Der Skandal um gefälschte Diesel-Abgaswerte müsse ein "Weckruf" für die Industrie sein.

FDP-Chef Christian Lindner entgegnete: "Die Klimapolitik der Grünen ist dabei, sich komplett vom gesunden Menschenverstand zu verabschieden. Es ist ökonomisch schädlich, ökologisch unnötig und praktisch unmöglich, bereits 2030 komplett auf Verbrennungsmotoren zu verzichten. Mit dieser Form der Ideologie wären Deutschland und Europa nicht Vorreiter, sondern nur Irrlichter des global nötigen Klimaschutzes." (dpa)

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KOMMENTARE


Andreas

10.10.2016 - 17:15 Uhr

Vielleicht ist es mit dem emissionsfreiem Antrieb ähnlich wie mit dem Atomausstieg und vielen anderen Themen. Der AA wurde zum Totengräber des Wirtschafts-Standortes D stilisiert. Dann kam Fukushima und die grüne Forderung wurde kurzfristig schwarz umgesetzt. Damit war die Diskussion zu Ende und siehe da, der deutschen Wirtschaft geht es noch immer gut.Wir sind stolz darauf, die besten Ingenieure und eine extrem leistungsfähige Industrie zu haben, verfallen aber wieder in das Lamento um den vermeintlichen Untergang der deutschen Schlüsselindustrie, anstatt die Entwicklung aktiv zu gestalten und voranzugehen. Schließlich reden von ca. 15 Jahren - bei der heutigen Entwicklungs- und Veränderungsgeschwindigkeit also von einer Ewigkeit.


Frank Oesterle

10.10.2016 - 17:16 Uhr

E-Autos unter den jetzigen Bedingungen der Energieumwandlung (gewonnen wird sie ja nicht, sie ist ja, nach Energieerhaltungssatz, da. Oder wird der jetzt von den Grünen auch noch ausgehebelt?) zu betreiben heißt, den Bock zum Gärtner zu machen. Heutige E-Autos haben deutlich höhere Emissionen als Diesel-Fahrzeuge. Noch irrwitziger als die Forderung nach reinem Elektrobetrieb ist allerdings die höchstens als schrullig (allerdings mit extremen Kolateralschäden) zu bezeichnende Idee, den erfoderlichen Strom aus Glasplatten auf Hausdächern und irgendwelchen Windrädern in der Landschaft zu gewinnen. So kleinwüchsige Lieschen Müller gibt es gar nicht, um das glauben zu können. Wacht endlich auf, macht euch Gedanken, wie es gehen könnte, und macht es dann. Und: so dumpfbackig, wie bisher angedacht, wird es nichts. Wenn wir nicht, bis spätestens 2030, vollständig untergehen wollen (dann fahren wir emissionsfrei, weil wir gar nicht mehr fahren), müssen wir andere Ideen umsetzen, ohne Grün. Mit Kopf (schließt sich vermutlich gegenseitig aus).


Joachim Fehst

10.10.2016 - 19:23 Uhr

Als erstes sollte die Bundesregierung beschließen, dass ab 2025 in allen Haushalten nur noch emissionsfreie Elektroheizungen betrieben werden dürfen. Der Strom kommt bekanntlich aus der Steckdose.


wallibelli(E.Kühlwetter)

11.10.2016 - 13:34 Uhr

Eine Frage, die keiner stellt geschweige denn beantworten will: Wer bezahlt - wenn wir demnächst alle E-Autos fahren müssten den Energie- und Mineralölsteuerausfall von 84,5 Cent je L Benzin und 66,4 Cent je L Diesel plus Mwst. zzgl. Energieersatzsteuer-Aufschlag von 7,50,- € pro 100 ccm p.a. bei der Diesel-KFZ-Steuer? Die Summe liegt bei jährlich schlappen 40 Milliarden €uro. Legt Hr. Schäuble bzw. einer seiner Nachfolger diese Kosten auf die Autostromkosten um (die Steuern sind langfristig im Bundeshaushalt verplant), könnt ihr eure Stromer verbrennen. Zumal nach eigenen Testerfahrungen auch bei den Stromern, wie schon bei den Verbrennern, die genormten Reichweiten- und Stromverbrauchsangaben weit jenseits aller "Praxis-Realitäten" liegen.Umgrechnet mit dem heutigen Steueranteil auf Benziner lägen die Stromkosten bei einem e-Golf 85 kW im Prxisverbauch (19,0 kWh 100km) etwa doppelt so hoch wie bei einem gleich starken Golf TSI 1.0 85kW.(4,9l 100km). Quelle: Autozeitung v. 3.5.2016. Wenigstens in diesem Punkte stimmt ein alter, längst verblichner Rat unserer Kanzlerin: "Man sollte die Dinge bis zum Ende denken."PS: Ein E-Auto fährt die ersten 5 Jahre steuerfrei, dannach zahlt man vorerstunbegrenzt nur 50% . Beispiel: 2000kg Fahrzeuggewicht: 56,-€ p.a.(50%)


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