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Caravan-Instandsetzung: Spezielles Anforderungsprofil

06.06.2022 15:24 Uhr | Lesezeit: 9 min
Caravan-Instandsetzung: Spezielles Anforderungsprofil
Wenn der Traum von der großen Freiheit in der Reparaturwerkstatt endet, sind empathische Betreuung und echtes Expertenwissen gefragt.
© Foto: CIVD e.V., Logos: Akzo Nobel, caravanSN

Warum Erfahrungen im klassischen Pkw-Schadenmanagement keine ausreichende Basis für einen Einstieg ins Caravangeschäft darstellen und welche Voraussetzungen K&L-Unternehmer und ihre Werkstätten mitbringen sollen, erläutern Kai Gräper (Acoat Selected Manager DACH) und Klaus Lindner (Geschäftsführer caravanSN Schadenmanagement).

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Wer mit dem Reisemobil unterwegs ist, legt Wert auf Individualität und Komfort. Eine Anspruchshaltung, die auch im Schadenfall gegenüber Versicherung und Reparaturbetrieb zum Tragen kommt.

Trotz Materialknappheit und dem späten Ostergeschäft 2022 ist die Begeisterung für Reisemobile in Deutschland nach wie vor ungebrochen: Mit Neuzulassungszahlen von 23.061 Einheiten verpasst man laut Caravaning Industrie Verband (CIVD) e.V. im ersten Quartal die Rekordergebnisse von 2021 nur knapp.

Obwohl Freizeitfahrzeuge statistisch gesehen etwas weniger in Unfälle verwickelt sind als Pkw, steigt dadurch der Bedarf an geschulten Fachkräften und entsprechend ausgestatteten Reparaturwerkstätten stetig an. Dies belegt nicht zuletzt die Einführung der zusätzlichen Fachrichtung Caravan- und Reisemobiltechnik im Rahmen der Berufsausbildung zum Karosserie- und Fahrzeugbauer, die voraussichtlich im August 2023 an den Start gehen wird.

Mit der 2019 geschlossenen Kooperation zwischen den Schadenmanagement-Profis von carSN und Acoat Selected, dem Premiumnetzwerk von Akzo Nobel, haben sich zwei starke Marktplayer gefunden, um diese Wachstumsbranche professionell zu bedienen. Acoat Selected Manager DACH Kai Gräper und caravanSN-Geschäftsführer Klaus Lindner brachten uns im Interview auf den neuesten Stand rund um das gemeinsame Caravan-Reparaturnetzwerk und legten dabei besonderen Wert auf die hohen Anforderungen an Interessenten von Werkstattseite.

Individualität groß geschrieben

AH: Herr Gräper, was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für den anhaltenden Boom in Sachen Caravaning?

K. Gräper: Zum einen sind die Deutschen seit jeher als ein reiselustiges Volk bekannt. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie inklusive Lockdowns und Ausgangssperren hat dieser Megatrend zusätzlich neue Facetten bekommen: Die Globalisierung hat auch Grenzen, sogar Nachteile und vor allem sehnen sich die Menschen nach Autarkie und dem Gefühl der Freiheit. All dies und noch mehr kann Caravaning bieten. Ich kann in "meinen eigenen vier Wänden verreisen", die ich so individuell wie mein Zuhause einrichten kann. Es gibt also für jeden Typ Mensch ein ganz spezielles Paket.

AH: Herr Lindner, spiegelt sich diese Individualität auch nach einem Unfall wider?

K. Lindner: Absolut und das gleich auf mehreren Ebenen! Auf den Punkt gebracht kann man alle Erfahrungen aus dem Pkw-Schadenmanagement getrost vergessen – sie helfen einem im Umgang mit Reisemobilen und ihren Fahrern nur äußerst bedingt weiter. Wer sich auf das Geschäft Caravan-Reparatur einlässt, muss dies aus voller Überzeugung und mit ganzem Herzen tun. Der Versuch, nebenher Zusatzerträge zu generieren, hat aus meiner Sicht keine Chance. Immerhin geben die Kunden "ihr Wohnzimmer", das zudem oft sehr kostspielig war, zu Fremden in die Werkstatt und können nicht wie geplant damit auf Reisen gehen. Entsprechendes Fingerspitzengefühl braucht es bei der Betreuung.

K. Gräper: Hinzu kommen Anforderungen an die Ausstattung: Der Betrieb muss entsprechende Stell- und Rangierflächen bieten, braucht größere Hallentore und Lackierkabinen, aber auch Hebebühnen mit höherer Traglast um die Sonderfahrzeuge überhaupt reparieren zu können. Zudem ist die Reparatur nicht mit Standardmodellen zu vergleichen: Sandwich-Platten, die außen mit Alu oder GfK abschließen sind nicht "mal eben" ausgebeult oder -getauscht. Von Innenausbauten aus Holz, Gas- und Wasserinstallationen und Elektrik auf Wohngebäude-Niveau ganz zu schweigen. Das erfordert Sachkundenachweise, viel Erfahrung und idealerweise auch Know-how im Fahrzeugbau: Sind Ersatzteile nach fünfzehn Jahren nicht mehr lieferbar, müssen sie buchstäblich nachgebaut werden. Auch die Reparaturquote ist höher, da viele Reisemobile über Jahre individualisiert wurden und Besitzer alles tun, um ihr Gefährt wieder auf die Straße zu bringen.

Kein Service von der Stange

AH: Große Themen im Pkw-Schadenmanagement sind Digitalisierung und Prozessgeschwindigkeit. Gibt es hier Überschneidungen?

K. Lindner: Auch auf diesem Gebiet sprechen wir eher von Unterschieden. Wie bei den Reisemobilen selbst, basiert auch im Schadenfall vieles auf Handarbeit und technischem Know-how. Das beginnt bei der Begutachtung des Fahrzeuges durch hochspezialisierte Sachverständige ohne Unterstützung durch Standard-Kalkulationssoftware. Die Herangehensweise der Versicherungswirtschaft ist noch eine andere, so gibt es bislang beispielsweise keine Tarife mit Werkstattbindung zur Einsteuerung der Schäden, weil es einfach an einem Spezialnetzwerk wie unserem gemangelt hat. Nicht zuletzt stellt die Ersatzteilversorgung eine echte Herausforderung dar, bei der wir als caravanSN unsere Betriebe von der Recherche bis zur Beschaffung aktiv unterstützen. All dies hat natürlich einen Einfluss auf Reparaturdauer und Standzeiten, so dass man zusammenfassen kann: Klassisches Pkw-Schadenmanagement im Sinne von Zeit- und Kosteneinsparung gibt es im Caravaning-Bereich so nicht, es geht um individuelle Betreuung, Top-Service und absolutes Expertentum. Durch effizient strukturierte Ablauf-, Einkaufs- und Qualitätssicherungsprozesse werden Synergien für alle Beteiligten generiert.

Fokus auf Qualitätssicherung

AH: Wie sieht bei diesem speziellen Anforderungsprofil das aktuelle Netzwerk aus?

K. Gräper: Wir haben 85 angeschlossene Partnerbetriebe und werden im Laufe des Jahres wie geplant die Zahl 100 erreichen. Seit Frühjahr 2022 sind wir auch in Österreich vertreten und befinden uns dort im Ausbau. Interessierte Betriebe aus der Schweiz können unsere Schulungsangebote ebenfalls nutzen, Caravaning ist ja per se ein internationales Geschäft.

K. Lindner: Wir haben eine eigene Trainings- und Fortbildungsakademie mit jährlich wechselndem Schulungskalender ins Leben gerufen. Im Rahmen von rund zwölf verschiedenen Lehrgänge setzen wir auch Inhalte der neuen Ausbildungsfachrichtung Caravan- und Reisemobiltechnik – natürlich angepasst an den Wissensstand der Teilnehmer – um. Auch wenn es bis zur Ausbildung erster Nachwuchskräfte naturgemäß noch etwas dauern wird, begrüßen wir diesen Schritt ausdrücklich. Neben technischen Themen zusammen mit Partnern wie SIKA oder HBC konzentrieren wir uns auf die richtige Marktpositonierung und Eigendarstellung, die für unsere Partnerbetriebe
essentiell ist. Eine gute Homepage ist sehr wichtig, reicht aber allein nicht aus.

AH: Anfang Juli veranstalten Sie eine Caravan-Fachtagung für Ihre Partner. Was können Sie uns dazu verraten?

K. Gräper: Der Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmern ist von unschätzbarem Wert für weitere Entwicklung. Nicht umsonst haben wir auch während der Pandemiezeit mit virtuellen Stammtischen Kontakt zu unserem Werkstattnetz gehalten und können dies nun endlich wieder im persönlichen Gespräch tun. Das absolute Highlight wird unsere erste Caravan-Fachtagung am 8. und 9. Juli 2022 im Maritim Hotel Bonn. Neben Vorträgen aus Sicht von Kfz-Versicherern und Schadensteuerern bieten wir eine Podiumsdiskussion mit Betriebsinhabern verschiedener Erfahrungsstufen: Vom Dialog zwischen alteingesessenen Experten und enthusiastischen Newcomern profitiert das komplette Netzwerk. Eine Fachausstellung und intensive Workshops, wo das theoretisch vorgestellte Wissen gleich vor Ort vertieft werden kann, komplettieren das interessante Programm.

AH: Vielen Dank für das informative Gespräch. (kt)

"In Kooperation mit caravanSN können unsere Partnerbetriebe Versicherungen und Schadensteuerern ein Komplettpaket bieten, das die Benchmark darstellt", sagt Acoat Selected Manager Kai Gräper (l.). Klaus Lindner, Geschäftsführer caravanSN Schadenmanagement, ist davon überzeugt, dass die Caravanreparatur "als Nischengeschäft mit Herzblut betrieben werden muss; alles andere ist zum Scheitern verurteilt".
© Foto: AkzoNobel
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