International agieren bereits viele erfolgreiche Unternehmen. Noch einen Schritt weiter gehen, also die weltweiten Märkte miteinander vernetzen, das bedeutet Globalisierung – auch dieser Prozess ist schon vor einiger Zeit ins Rollen gekommen. Unter dem Titel "Die Zukunft des Schaden-Handlings – national, international, global" erklärte Dr. Thomas Aubel, Mobilitäts-Vorstand des TÜV Rheinland, am 9. FSP-Sachverständigen-Tag im Rahmen der AMI in Leipzig, inwiefern Internationalisierung und Globalisierung auch für die Schaden-Branche Chancen und Nutzen beinhalten.
Mit 500 Standorten in 61 Ländern ist der Kölner Prüfkonzern als einer der Branchen-Vorreiter auf den Zug der Globalisierung schon vor langer Zeit aufgesprungen. In Sachen Beratung sowie Schaden- und Qualitätsmanagement agiert der rheinländische Prüfdienstleister quer über die Erdkugel – vorrangig in der Automobilbranche, aber auch Bahn-, Schiffs-, und Luftverkehr sind anvisiert. "Das menschliche Grundbedürfnis nach Mobilität verlangt nach allen Bereichen gleichermaßen", erklärte Vorstand Dr. Aubel in Leipzig.
Zukunft der Autobranche liegt in den BRIC-Staaten
Die Zahlen sprechen für sich: Bis 2030, so Aubel, soll sich die Zahl des globalen Fahrzeugbestandes verdoppeln! Vor allem in den BRIC-Staaten boomt dieser Geschäftszweig. Derzeit kommen in Brasilien 110 Fahrzeuge auf 1.000 Einwohner, in Russland sind es 225 Kfz, in Indien 15 und in China 27. Die Tendenz ist in allen vorgenannten Ländern jeweils stark steigend.
Während die Neuwagenzulassungen in Europa 2010 nach Angaben des Referenten um rund fünf Prozent zurückgegangen seien, verzeichnete China dagegen ein sattes Plus von 34 Prozent, Indien und Russland lagen bei rund 30 Prozent Wachstum und in Brasilien nahm der Neuwagenabsatz um elf Prozent zu.
Mit der explosionsartigen Zunahme der Fahrzeuge auf den Straßen der BRIC-Staaten könne die Entwicklung von Infrastruktur oder Fahreignung jedoch nicht mehr mithalten. Die Folgen sind zahlreiche Zusammenstöße mit Schwerverletzten und Toten. "Bei Verkehrsunfällen in China kamen im vergangenen Jahr 90.000 Menschen ums Leben, rund 18 mal mehr als in Deutschland – obwohl China nicht mehr Autos hat als Deutschland", berichtete der Mobilitäts-Experte. Den Grund dafür sollen VW-Forscher herausgefunden haben: Die Chinesen seien mit dem Fahren überfordert.
Unfallvermeidung und organisiertes Schadenmanagement
Das Problem liegt jedoch nicht nur am Fahrzeug selbst, an der fehlenden Fahrfähigkeit oder ausschließlich an der unzureichenden Infrastruktur. Alle drei Faktoren greifen hier nach dem Dafürhalten Aubels eng ineinander und müssen demzufolge auch zusammenhängend betrachtet werden: Mit einem intakten Auto, aber bei gleichzeitig mangelndem Fahrkönnen helfe auch keine gut ausgebaute Infrastruktur. Umgekehrt jedoch stelle eine unzureichende Infrastruktur auch mit einem guten Fahrzeug und bei umsichtigem Fahrstil ein Unfall-Risiko dar. Das Beratungspotenzial reiche also von Unfallanalysen, über Fahrertrainings bis hin zur Verkehrserziehung.
Zusätzlich verlaufe das Schaden-Handling meist unklar, weiß der Mobilitäts-Vorstand. Gutachten fehle es an Standards, die Reparaturmöglichkeiten erstrecken sich von Freien- über Markenwerkstätten bis hin zu "Do it yourself"-Lösungen. Häufig würden die Instandsetzungen weder fach-, noch sachgerecht ausgeführt, was wiederum Folgeschäden nach sich ziehen könne.
Gut Ding will Weile haben
Aubels Fazit am Beispiel Chinas lautet: "Die internationalen Märkte funktionieren nicht richtig – noch nicht." In einigen Jahren jedoch könne das Szenario schon ganz anders aussehen. Wer allerdings daran teilhaben wolle, der müsse jetzt anfangen, weiß der Spezialist und schiebt noch einen kleinen Dämpfer hinterher: Man müsse Geduld und Durchhaltevermögen mitbringen. Erst mit der Zeit würden die Einführung von Verkehrssicherheitsprogrammen sowie die Sensibilisierung der Menschen, eine verbesserte Infrastruktur zur Schadensvermeidung oder ein organisiertes, transparentes Schaden-Handling positiv zu Buche schlagen. "Minimum-Zeitraum dafür sind fünf Jahre", veranschlagt der Fachmann.
Was bringt Globalisierung?
Was jedoch nutzt die ganze Globalisierung? Hier rückt Aubel neben den ökonomischen Vorteilen ein umfangreiches gegenseitiges Lernen sowie die Vereinheitlichung von Prozessen in den Mittelpunkt. Ein weiterer Vorteil sei: Wer clever organisiert, kann eine 24h-Lieferfähigkeit, beispielsweise von Produkten und Dienstleistungen, erreichen, ohne dass jemand dafür rund um die Uhr am Schreibtisch sitzen müsse.
Take it or leave it!
Angetrieben wird die Globalisierung nach Angaben des Experten durch die gegenwärtige Mobilität der Menschen, die vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten, Sprache und Internet, veränderte Transportwege, unseren heutigen schnellen Kapital- und Warenverkehr sowie Politik und Organisation. Zudem sei auch die Entwicklung der Automobilmärkte nicht aufzuhalten. Daraus ergeben sich für die Schaden-Branche eigentlich nur zwei Möglichkeiten, ist Aubel überzeugt: "Take it or leave it!" – also, jetzt oder nie!
Wie anfänglich erwähnt, stehen vor allem die BRIC-Staaten im Zeichen des Wachstums, während in den hiesigen Breitengraden die Automobil-Industrie weiter über sinkende Umsätze klagt. Doch die politischen und infrastrukturellen Entwicklungen der Länder können mit dem wachsenden Wohlstand der Bevölkerung nicht Schritt halten. Der TÜV Rheinland hat sich deshalb nach Aubels Worten in diesem Fall für "Take it!" entschieden und will durch seine Erfahrungen und Dienstleistungen dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. So entstehe eine Win-win-Situation für alle Seiten. (sh)
FSP-SV-Tag: Zukunftsperspektiven im Schaden-Handling
Der TÜV Rheinland ist mit seinen weltweit vernetzten Standorten bereits "global zu Hause". Dr. Thomas Aubel, Bereichsvorstand "Mobilität" beim TÜV Rheinland, referierte Anfang Juni in Leipzig über Möglichkeiten und Nutzen der Globalisierung.