Die Verwendung von gebrauchten Kfz-Ersatzteilen bei der Unfallschadenreparatur könnte einen komplett neuen Markt eröffnen. Derzeit steckt dieser Markt aber noch in den Kinderschuhen. Das wurde bei der Expertenrunde "Gebrauchtteile" anlässlich der Veranstaltung AUTOHAUS SchadenBusiness powered by TÜV SÜD am vergangenen Donnerstag in der Klassikstadt Frankfurt deutlich.
Bei dem eintägigen Event gab es Expertenwissen zu aktuellen Themen im Bereich Schadenmanagement. Das Spektrum reichte vom Auslesen von Fahrzeugdaten aus dem Unfalldatenspeicher über Neuigkeiten aus dem Schadenrecht zum Werkstattrisiko und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Werkstattplanung bis hin zum Potenzial von Fahrzeugscannern in der Fahrzeugannahme.
Versicherungswirtschaft als Treiber
Maßgeblich getrieben durch die Versicherungswirtschaft wird seit geraumer Zeit darüber diskutiert, ob bei der Unfallinstandsetzung älterer Fahrzeuge nicht auch Gebrauchtteile Verwendung finden sollten. Treiber hinter dieser Forderung sind einerseits die hohen Kostensteigerungen in der Schadenregulierung, andererseits die Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, der die Versicherungskonzerne unterworfen sind.
Dazu kamen in der Expertenrunde Branchenkenner aus der Praxis zu Wort. Diese sehen in der Verwendung von Gebrauchtteilen durchaus Potenzial – allerdings steht die Entwicklung eines nennenswerten Marktes und der dazu notwendigen Lieferkette noch am Anfang. Der Markt für derartige Gebrauchtteile ist derzeit schlicht noch nicht vorhanden.
AUTOHAUS SchadenBusiness powered by TÜV SÜD 2025

Anna-Marie Bender, Geschäftsführerin des Fahrzeugverwerters Bender Carparts in Leverkusen, sieht in der Verwendung von gebrauchten Teilen kein Problem. Schon heute bietet Bender Ersatzteile auf unterschiedlichen Verkaufsplattformen an: "Es ist auf jeden Fall sinnvoll, dass gebrauchte Ersatzteile wieder in den Markt zurückgeführt werden, und in jedem Fall ist das auch kostengünstiger – sowohl für den Endverbraucher als auch für die Versicherung." Bender bringt ausschließlich geprüfte Ersatzteile in den Markt, auf die es im Normalfall auch eine 24-monatige Garantie gibt, mindestens jedoch – bei entsprechender Übereinkunft mit dem Kunden – zwölf Monate.
Für den Privatmann, der für die Reparatur eines älteren Fahrzeugs ein passendes Teil sucht, mag die Rechnung klar sein. Aber wie steht es um den Versicherungsfall? Hier hat der Geschädigte grundsätzlich den Anspruch, dass bei seinem Fahrzeug der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird.
Fazit: Der Markt wird es regeln
Erik Jahn, Mitglied der Geschäftsleitung beim Datenspezialisten Audatex, gab zu bedenken: "Am Ende des Tages entscheidet der Halter. Er ist derjenige, der den Anspruch auf Reparatur hat, und er ist auch derjenige, der entscheiden kann, ob ein gebrauchtes Teil verwendet werden kann." Dies könne über Verträge, über Versicherungsrichtlinien oder über diverse Einzel- bzw. Gruppenkontrakte vereinbart werden. Über grüne Versicherungspolicen könnten Versicherungen diese Möglichkeit eröffnen.
Michael Saitow, CEO der Alzura AG und Betreiber des Marktplatzes Alzura Tyre24, sieht den Markt erst im Entstehen: "Momentan gibt es den Markt im Unfallgeschäft noch nicht, die Vertriebskanäle sind noch gar nicht vorhanden. Aber der Markt wird sich wahrscheinlich komplett drehen. Ich glaube, dass die Gebrauchtteile einen riesigen Impact haben."
Alzura ist auf seinem B2B-Marktplatz in die Vermittlung von gebrauchten Ersatzteilen eingestiegen. Laut Saitow hat man mit der Übernahme der CMS Autoteilemarkt GmbH Zugriff auf einen Großteil der relevanten Autoverwerter in Europa und plant, künftig rund elf Millionen Gebrauchtteile anzubieten. Aktuell läuft jedoch noch die Testphase, um den gesamten Ablauf technisch sicher abzuwickeln.
"Wir arbeiten ausschließlich mit zertifizierten Verwertern zusammen, die unsere Qualitäts- und Dokumentationsstandards erfüllen. Für die gezielte Teileidentifikation bieten wir moderne Tools wie die VIN-Suche sowie Bilder und Explosionszeichnungen, mit denen sich das Teil zuverlässig finden lässt", so Saitow. Je nach Verfügbarkeit und Teilekategorie liegen die Preise oft 60 bis 70 Prozent unter dem Neupreis.
Saitow hob hervor, dass ein gut erhaltenes OE-Ersatzteil allemal besser sei als ein neues Billigteil aus China: "Wenn ich ein sechs Jahre altes Originalteil in mein sechs Jahre altes Auto verbaue, sehe ich gar kein Problem."
Kommt die Mindestquote?
Bender verwies außerdem auf die Praxis in Nachbarländern: "Der Blick ins Ausland zeigt, dass dort für die Verwendung von Gebrauchtteilen bei der Reparatur bereits Mindestquoten vorgegeben sind – beispielsweise in Frankreich." Entsprechende Vorgaben erhoffe sie sich auch von der novellierten Altfahrzeugverordnung der EU, die in Kürze verabschiedet werden soll.