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Irsfelds Impulse: Das schwarze (rote) Schaf – was tun mit defizitären Betrieben?

10.12.2019 15:10 Uhr
Irsfelds Impulse: Das schwarze (rote) Schaf – was tun mit defizitären Betrieben?
Branchenexperte Norbert Irsfeld
© Foto: Prudentes Management GmbH

Schließen, verkaufen oder doch sanieren? Branchenexperte Norbert Irsfeld zeigt die Optionen für Autohausmanager auf, wenn Filialstandorte jahrelang Verluste schreiben.

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Die neue AUTOHAUS-Serie bietet Impulse für Unternehmer und Geschäftsführer, die Autohäuser führen. Norbert Irsfeld, geschäftsführender Gesellschafter der Prudentes Management GmbH, reflektiert im monatlichen Rhythmus aktuelle Autohausprojekte und tatsächliche Managerprobleme und leitet praktische Tipps ab. Es geht um die zentralen Managerthemen Rentabilität, Geld, Strukturen, Zukunftsfähigkeit und Unternehmenskultur auf der einen Seite; auf der anderen Seite steht als Kerninhalt das Beziehungsmanagement mit Gesellschaftern, Nachfolgern, Führungskräften, Mitarbeitern, Automobilhersteller, Hausbank und Autobanken.

Das schwarze Schaf der Familie hat einen Namen: Der Vollfunktionsbetrieb – ca. 20 Kilometer entfernt vom Hauptbetrieb – türmte in den vergangenen zwölf Jahren Verluste von mehr als einer Million Euro auf. Im laufenden Geschäftsjahr haben sich die Defizite gegenüber dem Vorjahr gar noch erhöht und führen dazu, dass der Duomarken-Händler mit fünf Betrieben nur noch eine unterdurchschnittliche Rendite erwirtschaftet.

Es entbrennt eine Diskussion zwischen Geschäfts- und Vertriebsleitung sowie Berater über die Frage, welche Netz- und Standortstrategie die richtige ist. Hilfreich ist zu Beginn eine strukturierte Chancen-Risikoabwägung, um schließlich eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Welche strategischen Optionen stehen zur Verfügung?

Option 1: Dicht machen! Aus Sicht des Autohausmanagements ist diese Option die unattraktivste. Man fürchtet um Imageverluste. Tatsächlich heftet sich das Management die Betriebsschließung häufig, aber unausgesprochen als Misserfolg an. Der nüchterne Blick zieht die Betriebsschließung in Betracht, wenn

(1) jede Variante eines Business Case nicht aufzeigen kann, dass die Ergebniswende der Filiale innerhalb von zwei Jahren vollzogen werden kann.

(2) notwendige Ersatzinvestitionen eine Amortisationsdauer von fünf bis sieben Jahren überschreiten.

(3) die Makro- und Mikrolage sowie der Zuschnitt der betroffenen Betriebsimmobilie nicht mehr zeitgemäß sind.

(4) die Nähe des Betriebes zum Nachbarbetrieb weniger als 30 Kilometer beträgt.

(5) der unmittelbare Intrabrand- bzw. Interbrandwettbewerb keine Ergebnischancen zulässt.

(6) die Schließungskosten geringer sind als die prognostizierten, kumulierten Filialergebnisse der kommenden zwei bis drei Jahre (im Wesentlichen: Abschreibung auf Sachanlagevermögen, Personalfreisetzungskosten und Beendigung von Mietverträgen).

Das Alternativkonzept sieht eine Nutzungsänderung des Grundstücks oder den Verkauf desselben vor. Komplexitätskosten werden verringert, Mitarbeiter können auf bestehende Standorte verteilt werden. Verbleibende Standorte werden umsatz- und kompetenzseitig gestärkt. Für den Erfolg dieser strategischen Entscheidung ist es unabdingbar schnell zu handeln, um klimatische Verunsicherungen bei Mitarbeitern und Kunden nicht erst aufkommen zu lassen.

Option 2: Verkaufen! Die Geschäftsführung entscheidet, den Betrieb an einen Wettbewerber zu verkaufen. Defizitäre Betriebe generieren in der Regel keinen positiven Unternehmenswert. Kaufpreise für solche Betriebe changieren also zwischen Negativwerten und einem blauen Auge. Warum sollte dieser Schritt überhaupt erwogen werden?

(1) Der Real Case der zukünftigen Ergebnisplanung lässt keinen Turnaround erwarten.

(2) Es bestehen konkrete Interessenten! Den höchsten Kaufpreis generiert man durch den Verkauf an einen Intrabrandwettbewerber, weil er auf die bestehenden Strukturen zurückgreifen kann. Nachteil: Die räumliche Nähe lädt den Fuchs in den eigenen Hühnerstall ein. Darum:

(3) Der Verkauf an den Intrabrandwettbewerber ergibt nur Sinn, wenn der betroffene Betrieb aufgrund seiner Entfernung zu allen eigenen Nachbarbetrieben nicht zum Marktkerngebiet gehört.

(4) Der Betrieb trägt aufgrund seiner strukturellen Defizitsituation nicht (mehr) zur Deckung der unternehmensfixen Kosten bei.

(5) Es ergeben sich keine oder nur geringe Skalen- und Verbundeffekte. Gegebenenfalls verbessern sich gar die Preissystemchancen, sofern es gelingt, den Abnahmeplan mit dem Herstellervertrieb zu reduzieren.

(6) Die Geschäftsführung räumt einem erfolgreichen Managementwechsel im Betrieb insbesondere auf Filial- und Vertriebsebene nur geringe Chancen ein.

Option 3: Den Turnaround schaffen! Die Hoffnung ist der Tod des Kaufmanns, sagt man. Ein Restrukturierungskonzept bedarf der seriösen und detaillierten Planung, die wertfrei aufzeigen soll, ob und wie die Ertragswende innerhalb von zwei Jahren erreicht werden soll. Es lohnt sich, mindestens zwei Szenarien abzubilden, um in der gemeinsamen Führungskreisdiskussion die realistische Variante zu quantifizieren. Wenn das strukturelle Defizit auch im Best Case nicht glaubhaft bereinigt werden kann, bedeutet das das Ende für den Standort. Es stellen sich folgende Fragen:

(1) Sind wir mit dem richtigen Betriebskonzept an dem defizitären Standort vertreten?

(2) Ist es sinnvoll, bestimmte, auch interne Wertschöpfungen anderer Standorte dort zu zentralisieren, um die Umsatzbasis zu stärken? Damit würde der Betriebsstandort zu einem "Shared Service" für die verbleibenden Betriebe. Erfahrungsgemäß bringt ein isoliertes Downsizing auf einen reinen Servicebetrieb selten den gewünschten Erfolg.

(3) Lohnen der Wechsel oder die Ergänzung um eine weitere Marke an dem Standort?

(4) Ist die in der Regel notwendige Ausweitung von Absatz und Rohertrag insbesondere im Fahrzeugvertrieb im aktuellen Wettbewerbskontext wahrscheinlich?

(5) Wie und in welcher konkreten Höhe können Strukturkosten wie übergreifende Unternehmensfixkosten, Personal-, Miet- und Zinsaufwendungen reduziert werden?

(6) Defizitäre Filialen sind erfahrungsgemäß häufig das Ergebnis einer unzureichenden Managementleistung am Standort. Hier stellt sich die schwierigste aller Fragen: Wem traut die Unternehmensführung zu, den Betrieb im Team mit dem hiesigen Verkaufs- und Serviceteam in die schwarzen Zahlen zurückzuführen? Nur mit einem überzeugenden Protagonisten vor Ort kann die Ergebniswende gelingen! Autohausbetriebe zurück zum Erfolg zu führen, ist einer der schwersten Aufgaben im Autohausmanagement. Man sollte sich hierbei nicht für ambitionierte, aber unerfahrene Söhne und Töchter entscheiden, sondern Ausschau halten nach einem krisenfesten, kantigen Menschentyp, der bereits bewiesen hat, schlingernde Betriebe wieder in die Gewinnzone bringen zu können.


Zum Autor: Norbert Irsfeld ist geschäftsführender Gesellschafter der Prudentes Management GmbH. Das Prudentes-Team unterstützt Autohäuser bei der Entwicklung und Umsetzung von Autohausstrategien, berät Autohäuser, die ihr Unternehmen verkaufen oder extern wachsen wollen, setzt interimistisch Autohausgeschäftsführer, Vertriebs- oder Aftersalesleiter ein und unterstützt Automobilunternehmen in Schieflagen. Norbert Irsfeld ist Lehrbeauftragter für Autohausstrategien an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen. Weitere Informationen unter: http://www.prudentes.de

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