Preisbewertung auf Autobörsen: KI mal Daumen

Die Preisbewertung ist für viele Autokäufer mittlerweile ein entscheidender Orientierungspunkt im digitalen Fahrzeughandel. Ein Blick auf die Onlinebörsen genügt: Fast jedes Inserat ist mit einem Label versehen, das von "sehr guter Preis" bis "hoher Preis" reicht. Für Händler bedeutet dies, dass ihre Angebote auf einen Blick bewertet und mit dem Markt abgeglichen werden. Doch wie kommen diese Werte zustande? Und welche Unterschiede bestehen zwischen den beiden größten Fahrzeugbörsen in Deutschland - Autoscout24 und Mobile.de? Ein genauer Vergleich zeigt: Beide Plattformen verfolgen den gleichen Anspruch, nämlich Transparenz für Konsumenten zu schaffen und Händlern eine Hilfestellung bei der Preisfindung zu geben. Dennoch unterscheiden sich die Systeme in ihrer Datenbasis, Methodik und Ausrichtung spürbar. Wir haben uns die Unterschiede angeschaut. Datenbasis und Algorithmus Sowohl Autoscout24 als auch Mobile.de setzen auf umfangreiche Datenanalysen und selbstlernende Algorithmen. Doch die Dimensionen und Schwerpunkte unterscheiden sich. Mobile.de arbeitet auf Grundlage von mehr als einer Million Fahrzeuginseraten, die auf dem deutschen Markt aktiv sind. Der Algorithmus analysiert, wie verschiedene Fahrzeugmerkmale den Preis beeinflussen. Hierzu zählen klassische Attribute wie Marke, Modell, Erstzulassung, Kilometerstand, Motorisierung und Kraftstoffart. Hinzu kommen spezifische Faktoren wie Türen, Sitzanzahl, Hubraum, Ausstattungslinie oder auch die Frage, ob eine Anhängerkupplung vorhanden ist. Das Modell ist klar auf Deutschland fokussiert und nutzt die hohe Reichweite der Plattform, um eine breite Datenbasis sicherzustellen. Autoscout24 geht einen anderen Weg: Hier fließen über zehn Millionen Datensätze in die Bewertung ein, die bis zu 14 Monate zurückreichen. Für jedes neue Inserat werden mehr als 70 Merkmale herangezogen - von Basisparametern wie Marke, Modell und Kilometerstand bis hin zu zusätzlichen Faktoren wie Antriebsart, Farbe, Händler- oder Privatverkauf und Preisangaben. Anders als Mobile.de nutzt Autoscout24 auch eine internationale Datenbasis. Neben Deutschland stammen die Daten aus Märkten wie Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und Frankreich. Damit soll nicht nur ein besonders breiter Abgleich gewährleistet werden, sondern auch eine ständige Verbesserung des Machine-Learning-Modells. Ausgeschlossene Faktoren Während sich die Algorithmen in der Breite der einbezogenen Daten ähneln, zeigen sich Unterschiede in den nicht berücksichtigten Aspekten. Mobile.de setzt auf klar strukturierte Fahrzeugattribute. Freitextangaben in der Beschreibung oder Inseratsbilder werden nicht einbezogen, da sie sich bislang nicht zuverlässig verarbeiten lassen. Auch regionale Unterschiede werden ausgeklammert. Begründet wird dies mit dem Suchverhalten: Rund drei Viertel der Nutzer suchen deutschlandweit, zwei Drittel aller Leads stammen von überregionalen Anfragen. Ein Fahrzeug erhält daher unabhängig vom Standort die gleiche Preisbewertung. Autoscout24 erklärt ebenfalls, dass regionale Unterschiede aktuell keine Rolle spielen. Gleiches gilt für Prüfsiegel, Umbauten, Reimporte oder zusätzliche Serviceangebote. Auch hier ist der Grund die Vergleichbarkeit: Nutzer sollen bundesweit transparente Labels erhalten. Der Fahrzeugzustand wird pauschal als "gut" angenommen, da eine objektive und einheitliche Erfassung der tatsächlichen Qualität kaum möglich ist. In beiden Modellen gilt also: Ein mangelfreier Zustand wird unterstellt, individuelle Abweichungen können nicht abgebildet werden. Aktualisierung der Bewertungen Ein weiterer Unterschied zeigt sich bei der Aktualisierung. Mobile.de erneuert die Preisbewertung wöchentlich, ergänzt durch zusätzliche Anpassungen, wenn Verkäufer die Fahrzeugattribute oder den Preis ändern. Dadurch können Veränderungen am Markt oder im Inserat kurzfristig berücksichtigt werden. Autoscout24 setzt ebenfalls auf ein wöchentliches Update, verzichtet jedoch auf Zwischenaktualisierungen. Der Rhythmus ist damit fester, wobei durch die Einbindung internationaler Daten eine hohe Dynamik gewährleistet werden soll. Transparenz gegenüber Händlern Für Händler spielt die Nachvollziehbarkeit eine zentrale Rolle - schließlich hängen die Sichtbarkeit und Attraktivität ihrer Angebote direkt von den vergebenen Labels ab. Mobile.de legt besonderen Wert auf Kommunikation und Begleitung. Im Zuge der Überarbeitung des Bewertungssystems in diesem Sommer wurden Händler über verschiedene Kanäle informiert: Webinare, Erklärvideos, E-Mail-Kampagnen und eine eigene Landingpage mit FAQ-Bereich. Zusätzlich erhalten Händler wöchentliche Mails mit Informationen über die Preisbewertung ihrer Fahrzeuge. Auf diese Weise sollen sie unmittelbar reagieren und ihre Angebote anpassen können. Autoscout24 setzt stärker auf technische Transparenz in den Inseraten selbst. Händler sehen im Händlerbereich die aktuelle Bewertung für jedes ihrer Fahrzeuge und können die Inserate nach Marktwert filtern. Wöchentliche Übersichten per E-Mail zeigen zudem, welche Fahrzeuge nur knapp eine bessere Bewertung verfehlen. Ergänzt wird das Angebot durch Tools wie die "Ausstattungsanalyse" im HändlerIQ. Diese Funktion nutzt Künstliche Intelligenz, um die Ausstattung eines Fahrzeugs mit ähnlichen Angeboten zu vergleichen und auf fehlende Angaben hinzuweisen. Ziel ist es, Händlern konkrete Handlungsempfehlungen zur Optimierung ihrer Inserate zu geben. "Für Händler sind die Labels ein wichtiges Steuerungsinstrument - ersetzt wird die Marktkenntnis dadurch nicht." Marktpositionierung & Unterschiede Am Ende verfolgen beide Plattformen ein ähnliches Ziel: Die Preisbewertung soll Käufer und Verkäufer Orientierung geben und Transparenz im digitalen Fahrzeugmarkt herstellen. Doch die Ansätze unterscheiden sich. Mobile.de betont seine Rolle als größter deutscher Fahrzeugmarkt. Mit der Fokussierung auf die nationale Datenbasis stellt das Unternehmen die Vergleichbarkeit auf dem heimischen Markt sicher. Die enge Einbindung der Händler durch Kommunikationsmaßnahmen verdeutlicht, dass Transparenz nicht nur technisch, sondern auch im Dialog geschaffen werden soll. Autoscout24 dagegen nutzt eine internationale Datenbasis, die über Deutschland hinausgeht. Damit wird das Modell kontinuierlich weiterentwickelt und optimiert. Die Preisbewertung soll nicht nur aktuell, sondern auch europäisch fundiert sein. Für Händler stehen neben den Labels vor allem Zusatztools im Vordergrund, die eine noch differenziertere Preisfindung ermöglichen. Fazit Die Preisbewertung in den großen Onlinebörsen ist längst ein Standard im Autohandel. Für Konsumenten ist sie ein einfacher Indikator, für Händler ein sensibles Steuerungsinstrument. Der Vergleich zeigt: Mobile.de setzt auf nationale Stärke, klare Struktur und intensive Händlerkommunikation. Autoscout24 positioniert sich international, arbeitet mit einer breiteren Datenbasis und baut verstärkt auf KI-gestützte Zusatzfunktionen. Für den Handel bedeutet dies, dass beide Systeme wertvolle Anhaltspunkte liefern - auch wenn wichtige Faktoren wie der individuelle Zustand oder regionale Besonderheiten noch nicht abgebildet werden. Am Ende bleibt die Preisbewertung ein Hilfsmittel, das Orientierung gibt, aber die persönliche Marktkenntnis und das Verkaufsgespräch nicht ersetzen kann.

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