Die neue E-Auto-Förderung ab 2026 ist beschlossene Sache. Im Interview mit AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel erklärt Jürgen Hasler, Hauptgeschäftsführer des ZDK, die Notwendigkeit der neuen Kaufprämie: Steigende CO2-Preise – von 65 Euro pro Tonne 2026 auf potenziell 300 Euro 2028 – machen Mobilität zur sozialen Frage. Die ursprünglich von Merkel und SPD vereinbarte Finanzierung des E-Hochlaufs über CO2-Einnahmen (neun Milliarden Euro jährlich) wurde aufgekündigt. Die neue Förderung zielt auf die technologieaffine Mittelschicht statt Social-Leasing. KfW-Abwicklung soll unbürokratische Umsetzung garantieren.
Herr Hasler, warum brauchen wir eine E-Autoprämie?
Jürgen Hasler: Natürlich sind Subventionen für Wirtschaftsunternehmen selten das, was man sich wünscht, da der freie Wettbewerb meist bevorzugt wird. Auch die Autohändler rufen nicht unbedingt "Hurra!" bei jeder neuen Förderung. Doch im Bereich der Elektromobilität geht es um etwas Grundlegenderes: die Glaubwürdigkeit der Politik und die Sicherstellung der individuellen Mobilität für breite Bevölkerungsschichten. Angesichts der rasant steigenden CO2-Preise wird Mobilität sehr bald zu einer neuen sozialen Frage.
Inwiefern?
J. Hasler: Ende 2019 wurde von der damaligen Bundesregierung ein CO2-Preis auf Brenn- und Kraftstoffe beschlossen. Dieser steigt seit 2021 kontinuierlich und wird 2026 voraussichtlich 65 Euro pro Tonne erreichen. Das bedeutet grob 20 Cent pro Liter Kraftstoff zusätzlich. Bisher waren diese Preissteigerungen moderat, doch die ursprüngliche Vereinbarung sah vor, dass die Einnahmen – heute immerhin rund neun Milliarden Euro jährlich – den Hochlauf der Elektromobilität finanzieren sollen. Was Kanzlerin Merkel und die SPD damals ausgehandelt hatten, wurde von Wirtschaftsminister Habeck zwei Jahre später aufgekündigt.
Aber derartige Preisschwankungen erleben wir doch fast täglich an den Tankstellen?
J. Hasler: Das ist erst der Anfang. Mit der Einführung des Europäischen Emissionshandelssystems II (ETS II), dessen Start auf 2028 verschoben wurde, werden die Emissionsmengen auch für den Straßenverkehr begrenzt. Das bedeutet, dass die CO2-Preise in wenigen Jahren leicht auf bis zu 300 Euro pro Tonne steigen könnten, wenn wir unsere Emissionen nicht deutlich senken. Das wären schnell weitere 70 Cent Aufschlag brutto, zusätzlich zur Mehrwertsteuer. Diese massiven Preisanstiege können wir nur vermeiden, wenn wir mehr Elektrofahrzeuge auf die Straße bringen. Es mag paradox klingen, aber die Förderung von E-Fahrzeugen – sei es durch eine Prämie, die ermäßigte Dienstwagensteuer oder die Superabschreibung – führt zu einem höheren elektrischen Fahranteil und so zu weniger Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen. Der CO2-Preis an den Tankstellen wird für alle tendenziell korrigiert. So betrachtet profitiert jeder Autofahrer indirekt von der E-Auto-Prämie, selbst wenn er weiterhin einen Verbrenner fährt. Ihm bleiben höhere CO2-Preise auf den Sprit erspart.
Und welches Versprechen genau hat der Bundeskanzler eingelöst?
J. Hasler: Die Union hatte sich 2019 für eine absenkende Kaufprämie für E-Fahrzeuge ausgesprochen, die sich über die CO2-Einnahmen refinanzieren sollte. Ziel war es, CO2-Preise für Käufergruppen sozial verträglich zu gestalten, die sonst keine Neuwagen kaufen oder keine passende Ladeinfrastruktur haben. Zudem sollte sie die höheren Preise für Elektrofahrzeuge gegenüber Verbrennern ausgleichen. Genau dieser Mechanismus wird nun mit der neuen Kaufprämie wiederhergestellt, was wichtig ist, um nicht nur die Preise von BEV und Verbrennern anzugleichen, sondern auch die Unwägbarkeit mit dem Laden auszugleichen – denn E-Mobilität ist noch nicht für jeden praktikabel.
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Entscheidend ist, dass mit der Ausgestaltung der Kaufprämie die breite Mittelschicht erreicht wird?
J. Hasler: Die Überfrachtung einer klimapolitischen Kaufprämie mit sozialpolitischen Zielen, wie es das Social-Leasing-Modell vorsah, hätte uns lediglich mehr Bürokratie und nur einen kurzfristigen Effekt bei Käufergruppen beschert, die nach dem Ende der Förderung wieder auf Gebrauchte mit Verbrennungsmotor zurückgegriffen hätten. Die von Umweltorganisationen vorgetragenen Kriterien für das Social-Leasing-Modell waren zudem oft realitätsfern und bürokratisch, etwa Nachweise zu Einkommen, ÖPNV-Nutzung oder Pendelstrecken. Wir sind sehr froh, dass das Förderprogramm der Bundesregierung jetzt auf die aufstrebende Mittelschicht unserer Gesellschaft abzielt – wir nennen sie in unserem Vorschlag die #GenerationZukunft. Diese Gruppe ist technologieaffin und lässt sich langfristig für die Elektromobilität gewinnen. Und darum geht es uns doch.
Aber ist dann eine Kaufprämie überhaupt noch zeitgemäß? Und haben wir nicht ausreichend Ladesäulen?
J. Hasler: Wir haben die Zulassungszahlen für Elektrofahrzeuge aus dem Jahr 2023 – insbesondere bei privaten Haltern – noch nicht wieder erreicht, obwohl die Zahlen im Vorjahr um 40 Prozent eingebrochen waren. Ein großes Hindernis ist die geringe Eigentumsquote: Nur 40 Prozent der Haushalte leben in Wohneigentum, und davon wiederum nur ein Teil hat einen Stellplatz, der für eine Wallbox geeignet wäre. Um aber mehr als 70 bis 80 Prozent der Privathaushalte, die keine eigene Lademöglichkeit haben, für die E-Mobilität zu begeistern, brauchen wir Anreize. Idealerweise wären das preisgünstige Ladeinfrastrukturen und -preise in Wohngebieten. Das ist derzeit aber kaum effektiv umzusetzen, da Energieversorger ihren Fokus eher auf Schnellladeeinrichtungen mit höheren Margen legen. Daher ist eine Kaufprämie ein adäquates Instrument, um diese Lücke zu schließen, vorausgesetzt, die Förderung erfolgt unbürokratisch und schnell, idealerweise ab dem 1. Januar 2026.
Hieran hat es ja in der Vergangenheit gehakt?
J. Hasler: Das stimmt, und genau deshalb setzen wir uns in der Politik dafür ein, dass die KfW als Durchreichungsweg für die Förderung genutzt wird. Die KfW hat bewährte Routinen und digitale Antragsverfahren, die für Verbraucher schnell und effizient sind. Eine rasche Förderzusage ist hier der Schlüssel. Ich stelle mir das ähnlich vor wie bei der Wallboxenförderung der KfW: Mit der Förderzusage kann der Kunde die Bestellung aufgeben, die Rechnung einreichen und die Förderung erhalten. Das würde unsere Autohäuser von zusätzlicher Bürokratie entlasten, sodass sie sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren können: den Kunden bei der Auswahl seines Wunschfahrzeuges beraten. Wir sind schließlich Autohäuser, keine Förderbanken.