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Dieselprozess: Ex-Audi-Chef Stadler attackiert Staatsanwaltschaft

12.01.2021 11:56 Uhr
Rupert Stadler Prozessauftakt
Der ehemalige Audi-Chef Stadler weist die Vorwürfe im Diesel-Prozess zurück.
© Foto: picture alliance/dpa/dpa-Pool/Peter Kneffel

Ex-Audi-Chef Stadler sieht sich im Dieselprozess zu unrecht vorgeführt. Seinen Motorenentwicklern kreidet er an, sie hätten ihn hinters Licht geführt. Doch auch sich selbst macht er Vorwürfe.

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Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler hat im Prozess um manipulierte Dieselabgaswerte schwere Vorwürfe gegen die Münchner Staatsanwaltschaft und gegen ehemalige Audi-Motorenentwickler erhoben. Zugleich räumte er seine "firmenpolitische Verantwortung" für die Schäden durch den Dieselskandal ein: "Dass es mir nicht gelungen ist, diesen Schaden zu verhindern, das mache ich mir persönlich zum Vorwurf", sagte Stadler am Dienstag bei seiner ersten persönlichen Aussage vor dem Landgericht München.

Im Kreise der Motorenentwickler habe es an Unrechtsbewusstsein gefehlt. "Tarnen und Täuschen war lange Teil einer Arbeits-, vielleicht auch einer Angstkultur", kritisierte Stadler. Wenn sie schon im Herbst 2015 "die Hosen runtergelassen" und ihr Wissen offenbart hätten, wäre Audi viel erspart geblieben. Doch trotz Absetzung ihrer Chefs, eines Amnestie-Programms und Aufrufen zur Aufklärung hätten die Techniker leider weiter geschwiegen.

Verärgert zeigte sich Stadler über den Umgang der Münchner Staatsanwaltschaft mit seiner Person. "Die Staatsanwaltschaft hat nicht das Recht, mich bewusst schlechter als andere Verfahrensteilnehmer zu behandeln". Er erwarte eine "faire und absolut neutrale Behandlung", forderte der Ex-Audi-Chef. Er wolle nicht politisch instrumentalisiert und im Prozess "als Galionsfigur" missbraucht werden.

Stadler habe Verkauf weiterlaufen lassen 

Die Anklage wirft Stadler vor, er habe es ab September 2015 zumindest für möglich gehalten, dass auch in Europa Dieselautos mit geschönten Abgaswerten verkauft wurden. Trotzdem habe Stadler Produktion und Verkauf gut ein Jahr lang weiterlaufen lassen, um den Umsatz der VW-Tochter nicht zu gefährden.

Stadler wies das entschieden zurück. Nach der Aufdeckung des Dieselskandals bei VW-Vierzylinder-Motoren durch die US-Umweltbehörde im September 2015 habe der Entwicklungschef der Audi-Sechszylinder-Diesel dem Audi-Vorstand versichert, "dass der V6 TDI keine Prüfstandserkennung habe". Er habe betont, dass "der Grundsatz Rolle gleich Straße gelte". Umso größer sei der Schock gewesen, als die US-Behörden im November 2015 auch dem V6-Motor eine illegale Software vorwarfen. Darauf seien der Verkauf eingestellt und leitende Motorenentwickler beurlaubt worden.

Techniker hätten dem Vorstand weiterhin versichert, "dass der Sechszylinder-Diesel den europäischen Zulassungsbedingungen entspricht". Denn dieser habe eine ganz andere Warmlauffunktion als der in den USA. So vereinbarte Audi mit dem Kraftfahrt-Bundesamt zwar freiwillige Serviceaktionen zum Austausch von Software. Aber bis Januar 2018 wurden in Europa noch 120.000 Autos mit überhöhtem Stickoxid-Ausstoß verkauft. Die Anklage wirft Stadler wegen dieser Fahrzeuge Betrug an Autokäufern, strafbare Werbung und mittelbare Falschbeurkundung bei Zulassungsbehörden vor.

Vorwurf der Manipulation von über 400.000 Dieselmotoren

Mit Stadler zusammen stehen der ehemalige Audi-Motorenchef und Porsche-Technikvorstand Wolfgang Hatz sowie zwei leitende Ingenieure vor Gericht. Ihre Anklage wiegt schwerer: Sie sollen ab 2008 mehr als 400.000 Dieselmotoren so manipuliert haben, dass sie Abgastests bestehen, auf der Straße aber mehr Stickoxide ausstoßen.

Stadler trug dem Landgericht München eine Stunde lang vor, was er als Audi-Vorstandschef und VW-Vorstandsmitglied alles um die Ohren gehabt hat. Detailliert schilderte er seine Arbeitsabläufe. Bis zu 200 E-Mails täglich seien bei seinem Sekretariat eingegangen, einen Großteil davon habe er nie gesehen. In seinem Büro in Ingolstadt sei er bestenfalls ein paar Stunden pro Woche gewesen. Im Jahr hätten ihn höchstens zehn "blaue Meldungen" über Probleme persönlich erreicht. Er habe keine Erinnerung, dass er selbst an dem "Schadentisch" mit dem Problem der Abgasreinigung befasst gewesen sei.

Das Landgericht geht nach Aktenlage bisher davon aus, dass Stadler Betrug an den Autokäufern nicht durch aktives Tun, sondern durch Unterlassen anzulasten sei.

Der Anwalt des angeklagten Ingenieurs Giovanni P. warf dem Gericht vor, trotz Corona-Pandemie den Prozess weiterzuführen, sei unverantwortlich und gefährlich. Er dürfe so nicht länger stattfinden. Der Vorsitzende Richter sagte, der Saal in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim entspreche allen Anforderungen. (dpa)

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KOMMENTARE


Rudi S.

12.01.2021 - 15:25 Uhr

Ich bin mal gespannt, wenn ich beim nächsten Strafzettel wegen Zuschnellfahrens oder falsch Parkens den Grund "Zeitmangel und Stress" angebe, wie man dann reagiert. Und bei Hr. Stadler sprechen wir über etwas mehr als einer Ordnungswidrigkeit.


Prof. Dr. Roland Vogt

13.01.2021 - 11:44 Uhr

Die Folgen einer Angstkultur hat Herr Stadler richtig eingeschätzt. Genau einer solchen Kultur, die von oben nach unten gelebt wird, und für die der Firmenchef verantwortlich ist, ist das Problem insgesamt zu verdanken (Nicht nur bei Audi). Vergleichbar mit der Forderung des Mafia Paten: Löse mir das Problem, egal wie...


Detlef Rüdel

13.01.2021 - 12:06 Uhr

Tarnen, täuschen, tricksen, das war die Devise um weder Umsatz, noch Rendite zu gefährden. Wenn sich heute, Leute wie Stadler usw. hinstellen und behaupten, sie hätten von allem nichts gewusst, dann muss ich mir die Frage stellen; wer Herr Stadler, soll Ihnen das glauben? Die Staatsanwaltschaft jedenfalls nicht. Heute die Verantwortung auf andere abzuwälzen, und sich selbst als Opfer zu sehen, ist nicht nur feige, sondern auch massiv befremdlich, da die entsprechenden Ingenieure nicht einfach eigenmächtig so gehandelt haben. Hier gab es dazu klare Anweisungen, und die, ist von oben gekommen. Jetzt heißt es; stellen Sie sich ihrer Verantwortung, das ist das mindeste was wir von ihnen erwarten.


Fahrvergnüger

13.01.2021 - 13:15 Uhr

"bis zu 200 Emails am Tag" - der Arme. Und dafür NUR drei Sekretärinnen. Der Mann sollte sich mal den Arbeitsalltag eines Ingenieurs oder Sachbearbeiters bei seinem Ex-Arbeitgeber anschauen: Die kommen wahrscheinlich auf ein paar mehr Emails pro Tag - und haben keine 3 Sekretärinnen, die das alles schön vorfiltern und zum Großteil beantworten oder delegieren.Stadler wusste ganz genau was da läuft bzw. hat nicht kritisch nachgefragt, warum und wie die vorher unmöglich scheinenden Probleme auf einmal doch gelöst werden konnten.


HD H

13.01.2021 - 17:14 Uhr

Der Vortrag von Herrn Stadler in Richtung einer gelebten Angstkultur stellt das ganze Dilemma der Branche dar. Die Abhängigkeit von Führungskräften wie Mitarbeitern und den Händlern ist bei Audi sicher kein Einzelfall. Die weitere Frage ist, warum nicht auch andere Hersteller wie z.B. Daimler zur Verantwortung gezogen werden. Schließlich hat der Stuttgarter Konzern einen Bußgeldbescheid (wegen unzulässiger Abschalteinrichtung) der Stuttgarter Staatsanwaltschaft i.H. von 870 Mio. Euro im September 2019 akzeptiert; von der Strafzahlung von 1,9 Mrd. Dollar der amerikanischen Behörden ganz zu schweigen. Der BGH hat bereits 2019 in einem Hinweisbeschluss festgestellt, dass die über ein Thermofenster gesteuerte Abschalteinrichtung unrechtmäßig ist und einen Sachmangel darstellt. Das KBA hat mit Bescheid vom 21.06. 2019 bei einem Mercedes GLK 220 4 Matic ebenfalls festgestellt, dass dieses geregelte Kühlmittelthermostat unzulässig ist. Da die Daimler AG Widerspruch eingelegt hat ist der Bescheid noch nicht rechtskräftig!!Der EuGH hat mit seinem Urteil vom vom 17.12.20 ebenfalls festgestellt, dass das Thermofenster eine unzulässige (illegale) Abschalteinrichtung darstellt. Unabhängig der Schuldfrage im Prozess gegen Herrn Stadler stellt sich mir die Frage: Werden bei AUDI und Daimler die gleichen juristischen Maßstäbe angesetzt?


Porsche-Fan

18.01.2021 - 22:15 Uhr

Der VW-Konzern und die Eigentümerfamilie sind das Problem:- schön für die Nazis gearbeitet - danach auch keine Skrupel gehabt in Brasilien und Südafrika mit den Regimen zusammen zu arbeiten -Steuerflucht (alle Learjets auf den Cayman Islands angemeldet, Steuerlast via Briefkastenfirmen massiv reduziert)- Dieselbetrügereien- Mitarbeiter der Meetings aufgenommen hat, plötzlich im Auto verbrannt- und in China baut man ein VW-Werk vermutlich direkt neben dem Internierungslager der Uiguren, Hr. Diess weiß von nixHauptbestandteil der VW-DNA:Kriminelle EnergieUnd das schlimmste zu 20% im Namen des Deutschen Volkes.


Panda

19.01.2021 - 09:59 Uhr

@Porsche-Fan - Sie sollten mal mit Ihrem Arzt sprechen. Das Zeugs ist nicht gut für Sie!@autohaus-redaktion: seit wann lassen Sie solch polemischen Post durch? Dafür gibt es twitter


M. Deser

19.01.2021 - 13:52 Uhr

@ Porsche-Fan. Bei Ihnen ist anscheinend alles schon verloren. Bitte gehen Sie zum Arzt. Irgendwas ist bei Ihnen nicht i. O.


Overborst

19.01.2021 - 13:57 Uhr

@Panda Was Porsche-Fan geschrieben hat ist durchaus wahr.


U. Kersten

20.01.2021 - 08:37 Uhr

Wozu die Aufregung nur weil Porsche-Fan die Wahrheit sagt. Vergessen hat er die Zusammenarbeit mit der Salzgitter AG und den verstorbenen Erfinder des Käfers. Und ich meine hier den WAHREN der in Australien gestorben ist. Die Umstände wie Porsche die Pläne übernommen hat sind ja bis heute nicht geklärt. Die Arroganz dieses Unternehmens kennt keine Grenzen. Herr Diess sagt nun er hat einen Nachteil gegenüber Tesla bei der Unternehmensbewertung und der Kreditaufnahme und jammert. Warum sollen hier "nur weil es gegen VW geht" Kommentar gelöscht werden. Der VW Konzernbeitrag von HD H wird ja auch nicht gelöscht. [...]


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