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Fahrbericht Mercedes G-Klasse: Die Ikone macht es spannend

22.05.2024 07:36 Uhr | Lesezeit: 2 min
Kraxelkünstler: Der Mercedes G 580 mit EQ-Technologier, hier in der Lackierung Desert Sand, ist extrem geländegängig.
© Foto: Mercedes-Benz

Mercedes hat die 2018 gestartete G-Klasse rundum aufgefrischt – und sie bis zu 100 Prozent elektrifiziert. Einen Achtzylinder gibt es nach wie vor, aber nur bei AMG. Gelände kann auch der Stromer sehr gut – aber er bringt ein dickes Alltags-Manko mit.

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Mercedes bezeichnet die 1979 etablierte G-Klasse gerne als „den Geländewagen“. Und keine Frage: Angesichts ihrer Fähigkeiten abseits befestigter Straßen muss sie sich vor den Schlammwühlern der Mitbewerber definitiv nicht verstecken. Auch nicht nach der großen Elektrifizierungs- und Modernisierungsaktion sechs Jahre nach dem Start der noch aktuellen Version. Ab dem Sommer 2024 legen alle Antriebsversionen mit Elektrounterstützung los. Zum einen als Mildhybride mit Integriertem Starter-Generator (ISG) und 48-Volt-Bordnetz. Der für den Herbst avisierte G 580 EQ (Mercedes nennt ihn G 580 mit EQ-Technologie) wird rein elektrisch angetrieben.

Das EQ-Gefährt unterscheidet sich äußerlich in vielen kleinen Details von den Verbrenner-Versionen. Eine wegen der reichlichen Leistungselektronik ein wenig ausgeprägtere Motorhaube, der Kühlergrill mit vier horizontalen Lamellen, die als Extra erhältliche Black-Panel-Kühlerverkleidung mit abgedunkelten Leuchteinheiten, animiertem LED-Leuchtband und einer Chromumrandung und sogenannte „Air Curtains“ in den hinteren Radlaufverbreiterungen zählen dazu. Spezielle 18-Zoll-Felgen und eine kleinere, rechteckige Box etwa für die Ladekabel statt des Ersatzrades an der Hecktür gehören ebenso zum Serienumfang wie die adaptiven Multibeam LED-Scheinwerfer. Die wegen der besseren Aerodynamik montierten neuen A-Säulenverkleidungen und eine Spoilerlippe an der Dachzierleiste werden auch bei Benzinern und Diesel eingesetzt.

Mercedes G-Klasse: G-Steering

Am Armaturenbrett mit dem aktuellen MBUX-Infotainmentsystem samt Touchscreen und Digital-Zentralinstrument fällt sofort die Bedieneinheit für die speziellen EQ-Offroadprogramme ins Auge. Zum einen lässt sich damit direkt das neue Offroad-Cockpit mit allen fürs Geländefahren relevanten Daten und Anzeigen zuschalten. Und dann auch noch der mittlerweile weltbekannte G-Turn aktivieren, bei dem sich die G-Klasse auf der Stelle dreht. Außerdem beherrscht der Stromer das sogenannte G-Steering. Dabei fabriziert die G-Klasse in engen Kurven durch ein blockiertes Hinterrad innen und reichlich Kraft auf dem äußeren hinteren Rad einen eleganten Heckschlenker, durch den sich mühsames Rangieren erübrigt. In der Theorie klingt das vielleicht ein wenig kompliziert. In der Praxis ist es simpel, enorm hilfreich und bis 25 km/h nutzbar: Während der Verbrenner-Kollege noch eifrig kurbelnd vor- und zurückstößt, ist der Stromer längst auf und davon.


Mercedes G-Klasse (2024)

Mercedes G-Klasse (2024) Bildergalerie

Spezielle Fähigkeiten wie G-Turn und G-Steering basieren auf einer technischen Eigenheit des G 580 EQ. Er verfügt über vier E-Motoren, einen für jedes Rad. Die ermöglichten es den Ingenieuren, die für eine G-Klasse typischen Geländefähigkeiten nicht nur zu erreichen, sondern im Detail sogar noch zu übertreffen. Die Steigfähigkeit von 100 Prozent vorwärts wie rückwärts etwa, die Bodenfreiheit von 25 Zentimetern und die sichere Schräglage bis mindestens 35 Grad sind für den Stromer selbstverständlich. Bei der möglichen Wattiefe von 85 Zentimetern übertrifft er die Verbrenner-Versionen sogar um zehn Zentimeter. Der Vollständigkeit halber: Der Böschungswinkel liegt vorne bei 32, hinten bei 30,7 Grad, der Rampenwinkel bei 20,3 Grad.

So ausgerüstete und dank einer praktisch unkaputtbaren Bodenplatte mit reichlich Karbon zum Schutz der riesigen, in den Leiterrahmen integrierten und wasserdicht verpackten Batterie entpuppt sich der G 580 mit EQ-Technologie im harten Geländeeinsatz als echter Profi. Weder Schlamm noch Geröll, weder spitze Felsen noch tiefe Löcher können ihn stoppen. In den Offroad-Fahrprogrammen „Trail“ und „Rock“ und dank der Geländeuntersetzung Low Range, die wegen des Temperatur-Managements bei sehr niedrigem Tempo nötig ist, arbeitet sich der gut drei Tonnen schwere Brocken souverän auf- wie abwärts. Die Pilotin oder den Piloten unterstützen dabei zum einen die „transparente Motorhaube“, die einen virtuellen Blick unter das Vorderteil der G-Klasse ermöglicht. Ebenso hilfreich: die intelligente Offroad-Kriechfunktion, eine Art Tempomat fürs grobe Geläuf. Mit den Paddeln am Lenkrad kann das gewünschte Tempo in drei Programmen eingestellt werden, entweder mit maximal zwei km/h, variabel mit bis zu 14 km/h und schnell mit fixen acht km/h. Der Mensch am Steuer kann sich also ganz auf die Suche nach der besten Fahrlinie konzentrieren. Kappt in der Praxis wie am Schnürchen, das Vertrauen in die Kraxelfähigkeiten des G-Stromers wächst jedenfalls mit jeder lässig bewältigten topografischen Gemeinheit.

Interessanter Aspekt am Rande: Beim Abwärtsfahren rekuperieren die vier Motoren wie wild, die Bremsen müssen nur sehr selten in Aktion treten. Nicht nur deshalb halten die Akkus im Gelände auch unerwartet lange durch. Hilfreich ist auch, dass bei niedrigem Tempo die trotz der neuen aerodynamischen Feinheiten nicht gerade ausgeprägte Windschnittigkeit des G-Kastens keine Rolle spielt. Für den Onroad-Einsatz, bei dem der G 580 EQ ebenfalls eine gute Figur macht, verspricht Mercedes dank der 116-kWh-Batterie 433 bis 473 Kilometer am Stück laut WLTP-Norm. In der Praxis dürften um die 350 Kilometer realistisch sein. In 4,7 Sekunden beschleunigen die vier E-Aggregate mit einer Leistung von maximal 432 kW/587 PS und einem Drehmoment von bis zu 1.164 Nm den Strom-Offroader auf 100 km/h, bei 180 Sachen wird abgeregelt. Und geladen wird mit bis zu 200 kW.

Mercedes G-Klasse
© Foto: Mercedes-Benz

Der Gesamteindruck beim ersten Ausprobieren der elektrischen G-Klasse ist durchweg positiv, die Kombination aus Straßen- und Geländefähigkeiten beeindruckend. Der Stromer kann offroad sogar noch mehr als seine konventionell angetriebenen Brüder und steht ihnen mit Ausnahme der Reichweite im Alltagsbetrieb in nichts nach. Außer bei einem Punkt, der bei G-Besitzern fast immer eine wichtige Rolle spielt: der Anhängelast. Der ab Herbst 2024 ausgelieferte und mindestens 142.620 Euro teure G 580 EQ ist weder für Geld noch für gute Worte mit einer Anhängerkupplung zu haben. Der Grund: seine üppigen Pfunde. Das Leergewicht des Elektrofahrzeugs liegt schon bei 3.085 Kilo, das zulässige Gesamtgewicht angesichts einer Zuladung von eher bescheidenen 415 Kilo bei exakt 3,5 Tonnen. Da bleibt kein Spielraum mehr für Anbauten wie den Haken am Heck, ohne Führerscheinbesitzern der Klasse B den Umgang mit der Elektro-G-Klasse zu verbauen. Ein echtes Manko.

Dieses Problem haben die drei bereits im Sommer startenden, ebenfalls deutlich modifizierten Verbrenner-Versionen natürlich nicht. Sie können wie gehabt bis zu 3,5 Tonnen schleppen, bevorzugt in Form von Pferdeanhängern oder Jachten. Es gibt nach wie vor einen Diesel, den Sechszylinder G 450 d, der jetzt 270 kW/367 PS leistet und etwa beim Anfahren oder bei Zwischenspurts vom Integrierten Starter-Generator mit bis zu 15 kW/20 PS unterstützt wird. Das Drehmoment-Maximum liegt bei 750 Nm plus 200 Nm vom ISG. Der Antrieb passt bestens zur G-Klasse, er läuft ruhig, zieht souverän durch und agiert auch im schweren und schwersten Gelände unaufgeregt und souverän. Der 2,5-Tonner sprintet in 5,8 Sekunden von null auf 100 km/h und ist maximal 210 km/h schnell. Den WLTP-Verbrauch gibt Mercedes mit 8,7 bis 10,0 Liter an, und diese Spanne war bei ersten Testfahrten im tempolimitierten Frankreich auch tatsächlich zu realisieren. Urteil nach der Ausfahrt: Das Selbstzünder-Modell ist in der Summe seiner Eigenschaften zu Preisen ab 122.800 Euro aktuell die vernünftigste Art, G-Klasse zu fahren.

Mercedes G500: Gute Fahrleistung und Laufkultur

Beim neuen G 500 (ab 132.330 Euro) haben die Techniker zwei Zylinder gekappt, er hat jetzt einen 330 kW/449 PS starken und vom Mildhybrid-System unterstützten Reihensechszylinder unter der kantigen Haube. Seine Fahrleistungen und seine Laufkultur passen gut in den Geländewagen, mit 10,9 bis 12,3 WLTP-Litern ist er nominell deutlich weniger durstig als sein achtzylindriger Vorgänger. Auch der 500er ist bis zu 210 Sachen schnell, den Standardsprint erledigt er in 5,4 Sekunden.

Wer nicht auf Achtzylinder-Leistung und -Sound verzichten will, muss zur schon bisher mit 60 Prozent den Modell-Mix anführenden AMG-Version G 63 (ab 189.330 Euro) greifen. Das Vierliter-V-Aggregat mit 430 kW/585 PS und 850 Nm plus sanfter E-Unterstützung macht den 2,6-Tonner auch wegen des massiv überarbeiteten und extrem eindrucksvoll agierenden Fahrwerks mit aktiver, hydraulischer Wankstabilisierung und adaptiver Verstelldämpfung zum sehr hoch gelegten Sportler. Untermalt von einer beeindruckenden Geräuschkulisse sprintet der G 63 in 4,3 Sekunden auf 100, bei 220 km/h wird er abgeregelt. Im Sportmodus wird es aber definitiv nichts mit den 14,7 bis 15,7 Litern Super Plus laut WLTP-Norm. Wer es fliegen lässt, hat umgehend locker 20 Liter und mehr auf der Verbrauchsanzeige stehen. Aber das ist nicht neu und hat G-Klasse-Käufer offensichtlich auch bisher nicht gestört.

 

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