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Neupositionierung: Ford verlässt die klassischen Segmente

08.12.2022 06:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Ford produziert den Focus seit mehr als zwanzig Jahren in aktuell vierter Generation. Eine fünfte Auflage des Kompakt-Klassikers wird es nicht mehr geben.
© Foto: Ford

Ford wechselt die Taktik. Bereits kurzfristig wollen sich die Kölner von ihrem klassischen Pkw-Geschäft trennen und neue Wege einschlagen. Der abrupte Kurswechsel ist nicht ohne Risiko.

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Kurz vor Jahresende sorgt Ford für einen Paukenschlag. Bereits Anfang nächsten Jahres wollen sich die Kölner komplett neu aufstellen und sich kurzfristig von allen klassischen Pkw-Modellen verabschieden. Mit einem aktuellen Anteil von nur noch sechs Prozent am europäischen Pkw-Markt sieht sich Ford gezwungen, seine Strategie grundlegend zu ändern. Zum Vergleich: VW kommt noch immer auf einen Marktanteil von 25 Prozent, Stellantis auf gute 22 Prozent. 

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Kontinuierlich sinkende Verkäufe und erodierende Margen machen das traditionelle Pkw-Geschäft für den Hersteller zunehmend unrentabel. Und so hat man das Aus für seinen Kleinwagen Fiesta nach 47 Jahren Bauzeit bereits bekanntgegeben. Auch der Mondeo hat längst sein Todesurteil erhalten. Und jetzt meldet Ford sogar das Ende des ewigen Golf-Konkurrenten Focus, der 1998 den Escort beerbte. Damit schwenken die Kölner die weiße Flagge und ziehen sich nahezu kampflos aus dem ewigen Dreikampf mit den beiden anderen Volumenanbietern in Deutschland, VW und Opel, zurück. 


Ford Focus (2022)

Ford Focus (2022) Bildergalerie

Unter dem eher nichts und alles sagenden Marketing-Claim "Adventurous Spirit" kündigt Ford eine völlige Neupositionierung seines Kerngeschäfts an. Übersetzt heißt der Slogan so viel wie "die Lust am Abenteuer" und beschreibt damit den künftigen Ford-Weg. Der hat viel mit typischen US-Modellen zu tun, die das amerikanische Lebensgefühl vermitteln und die Ford nun wohl vermehrt über den großen Teich nach Europa holen will. Dazu zählen aktuell neben dem kernigen Offroader Bronco (ab Frühjahr 2023) und dem Pick-up Ranger (ab sofort) auch Ikonen wie der neue Mustang oder der F-150 Lightning, der Ende nächsten Jahres als vollelektrisches Modell zu uns kommen soll.

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"Wir wollen keine verwechselbaren Produkte mehr bauen und nicht mehr langweilig sein", ist die bemerkenswerte Botschaft von Christian Weingärtner, Managing Direktor Ford Deutschland, die Ford vom Massenhersteller zum Nischenanbieter machen könnte.


Ford Mustang (2023)

Ford Mustang (2023) Bildergalerie

Bis 2030 sollen alle Ford komplett unter Strom stehen

Ganz so radikal wird das Wendemanöver dann aber wohl doch nicht ausfallen. An der postulierten Elektrifizierungsstrategie wird sich laut Ford nichts ändern. Der Plan steht: Bis 2030 sollen alle Ford komplett unter Strom stehen. Auch der Nutzfahrzeugsektor wird zunächst von den neuen Plänen verschont. Ein wesentlichen Schwerpunkt des Geschäfts bilden weiterhin die angesagten SUV- und Crossover-Modelle, bei denen Hersteller erfahrungsgemäß weniger Rabatte einräumen müssen als bei Fiesta & Co.

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Ford will seine Produkte künftig auf vier Säulen verteilen. Unter der Marketing-Haube "Wild Performance" sortieren sich sportliche Modelle wie der Mustang oder der Mustang Mach E ein. Am anderen Ende des neuen Stammbaums steht die Gruppe der extremen Abenteurer wie Bronco und Ranger Raptor, die Ford in Zukunft unter "Ultimate Outdoor"führt. Von beiden Gruppen versprechen sich die Kölner eher Image als Stückzahlen. Profit soll in den beiden anderen Sparten erzielt werden. Unter "Urban Escape" laufen künftig zum Beispiel die erfolgreichen, kompakten SUV und Crossover Kuga sowie Puma. In der Klasse "Active Adventure" fahren dann die großen SUV vom Schlage eines Explorers.


Ford Bronco Zwei-/Viertürer (2021)

Ford Bronco Zwei-/Viertürer (2021) Bildergalerie

Die Belegschaft und der Handel sind bereits von den neuen Plänen unterrichtet und reagieren bislang wohl eher irritiert als euphorisch. Schließlich droht ein Großteil des traditionellen Geschäfts ersatzlos wegzubrechen. Wenn bisherige Quotenbringer wie Fiesta und Focus wegfallen, die vor allem auch beim Geschäftswagenleasing für sichere Umsätze sorgten, müssen andere in die Bresche springen. Und die stehen in den Startlöchern.

Mehr als eine Milliarde Dollar hat Ford in den Aufbau und die Modernisierung des neuen sogenannten "Cologne Electrification Centers" in Köln-Niehl investiert. Im CES, dem ersten Ford-Werk in Europa für Elektrofahrzeuge, läuft schon im nächsten Jahr der neue, dann vollelektrische Puma vom Band, den Ford gemeinsam mit VW entwickelt hat. 2024 folgt ein etwas größerer E-Crossover als Kuga-Ersatz, ebenfalls in Co-Produktion mit Wolfsburg. Beide sind dazu verdammt, vom Start an zu punkten, sonst könnte für Ford die neue Lust am Abenteuer schnell vergehen.


Ford F-150 Lightning (Fahrbericht)

Ford F-150 Lightning (Fahrbericht) Bildergalerie

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KOMMENTARE


F.C.

08.12.2022 - 10:39 Uhr

diese Strategie ist genau der richtige Weg und sie zeigt schon lange Wirkung. Der Kunde hat es in diesem Fall selbst geregelt. Fiesta Fahrer auf Puma umgestiegen und Focus Fahrer auf Kuga. Auch die Nachfrage nach anderen Fahrzeugen aus dem Konzern ist groß. Die Nachfrage ist extrem gebrochen für die klassischen Modelle mit denen kein Geld verdient wird. Nicht nur Privat, auch im Gewerbesegment möchte man anders sein und da setzt Ford genau die richtigen Weichen und Modelle. Ford bietet auch in Zukunft weiterhin sehr gute Alternativen an zum Fiesta, Focus und Co. Das braucht jetzt eine Weile, aber das Langweilige ist endlich vorbei, dass können die Wolfsburger besser. Sollen sie doch weiter langweilig sein. Ich freue mich für Ford und bin zuversichtlich für die Zukunft. Gratulation und weiter so, es klappt ja schon wie man sieht :-)


Willi

09.12.2022 - 13:01 Uhr

Es gibt viele Wege sich abzuschaffen - dieser Weg den Ford eingeschlagen hat, ist auf jeden Fall einer davon.


A.P.

10.12.2022 - 15:28 Uhr

Leider sieht man jetzt schon, dass es nicht funktioniert. Natürlich wechseln einige Kunden vom Fiesta, B-MAX, C-MAX zum Puma - aber nur einige. Viele schauen sich bei anderen Herstellern um. Das Aus von Mondeo, S-MAX, Galaxy und später auch Focus vertreibt unsere Firmenkunden. Die sollen dann Kuga fahren? Familien? Rentner? - unsere langjährige und treue Kundschaft ist dann auch weg. Nutzfahrzeuge sollen es dann richten? Lieferzeit, Liefertreue, Preis, Qualität? - das können andere auch, da wird der Wettbewerb nicht leichter. Und dann die "abenteuerlichen" US-Modelle für die Nische? Das kostet nur Geld und wird Ford in Europa kaum weiterbringen. Diese Autos braucht hier wirklich keiner. Die Wahrheit ist eher, dass das Management in den USA, aber auch hier in Europa die Entwicklungen besonders in der E-Mobilität völlig verschlafen hat. Jetzt muss auf die Schnelle eine Idee her. Es tut mir für uns alle leid, das wird wohl nicht funktionieren. Leider.


Harald Schnitzler

11.12.2022 - 19:32 Uhr

Ja, und irgendwann landen wieder die Holzkisten aus Eiche am Kölner Ford Anleger und das Fordauto wird hier zusammengebaut. Es ging schon mal schief, dass Mondeo und Transit in US Händen gerieten und FOE zuständig für die small vehicles war. Unsere Umwelt verträgt keine Adventure Autos, die durch das Gelände düsen, oder Sportwagen die 130km/h fahren dürfen oder im Stau stehen. Staus? Das können die Amis, 130km/h ist auf EU Autobahnen mit US Trucks ja wirklich ein Abenteuer. Das können sie seit Jahrzehnten nicht. Verabschieden wir Ford also als europäische Marke. Erst England, jetzt Deutschland. Wie sagte ein ehemaliger CEO von Ford mal? “Die Amis konstruieren Autos mit dem Rechenschieber, wir Europäer mit Herz und Hintern.“ Es wird daneben gehen......


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