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Ford-Partner Verband: Kündigung und echte Agentur

09.05.2022 15:41 Uhr | Lesezeit: 4 min
Haben einen Verhandlungsmarathon vor sich: Die Vertreter des Ford-Partnerverbandes, von rechts Geschäftsführer Fabio Krause, Präsident Johann Gesthuysen und Harald Theyssen (li.) mit Ford Deutschland-Geschäftsführer Christian Weingärtner (2.v.li.).
© Foto: Doris Plate/AUTOHAUS

Ford will Ende 2022 die Händlerverträge kündigen, um ab Januar 2025 mit seinen Partnern in einem echten Agentursystem zusammenarbeiten zu können.

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Jetzt soll es doch eine Kündigung der Ford-Händler- und Serviceverträge Ende des Jahres geben. Ab Januar 2025 will die Marke mit ihren Partnern in einem echten Agentursystem zusammenarbeiten. Auch neue Serviceverträge wird es geben. Anlässlich der Generalversammlung des Ford-Partner Verbandes (FPV) am vergangenen Freitag in Berlin wurde der geplante Ablauf für die Neugestaltung der Vertragsbeziehungen bekanntgegeben: Bis Ende diesen Jahres sollen die Grundzüge der zukünftigen Zusammenarbeit und der Sideletter für den Vertrieb der reinen Elektrofahrzeuge (BEV), die in den Jahren 2023/2024 auf den Markt kommen und nicht Bestandteil des aktuellen Händlervertrages sind, erarbeitet werden. Die Händler, mit denen Ford in Zukunft weiter zusammenarbeiten will, werden einen Letter of Intent (LoI), also eine Absichtserklärung, erhalten. Im Dezember wird dann allen Partnern mit zweijähriger Frist gekündigt.

Bis Ende 2023 sollen die neuen Agentur- und Serviceverträge für Pkw und Nutzfahrzeuge gemeinsam vom Hersteller und den Ford-Partnern in einer Arbeitsgruppe Zukunftsplan ausgearbeitet werden. Ab Januar 2025 wird die Zusammenarbeit dann umgestellt auf ein echtes Agenturgeschäft. In die Ausgestaltung der Agenturverträge sollen die Erfahrungen aus den Niederlanden, wo Ford bereits ab dem nächsten Jahr mit diesem Vertragskonstrukt arbeiten will, aktiv einfließen.

Richtungsänderung der Unternehmensstrategie

Gemeinsam mit der Richtungsänderung in der Produktstrategie bedeutet die Entscheidung zur echten Agentur eine Zeitenwende in der Ford Organisation. Bereits im März hatte der neue Ford Deutschland-Chef, Christian Weingärtner, im Interview mit AUTOHAUS angekündigt, dass man zukünftig verstärkt auf Nutzfahrzeuge und die amerikanisch geprägten Modelle der Marke setzen wolle. "Adventurous Spirit" heißt die neue Produktstrategie bei den Pkw-Modellen im Ford-Chargon. Ford-Partnerverbands-Präsident Johann Gesthuysen bezeichnete diese in seiner Eröffnungsrede zur Generalversammlung als "abenteuerlich". "Die neue Strategie zwingt uns, eine große Zahl neuer Kunden zu finden. Wir können nur hoffen, dass diese Strategie mittel- und langfristig aufgeht", sagte der Händlervertreter vor den rund 525 Teilnehmern der Generalversammlung.


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Auf Puma und Kuga setzen

Schon jetzt rief Weingärtner die Ford-Partner dazu auf, künftig verstärkt auf die Modelle Puma und Kuga zu setzen und mit dieser Höherpositionierung weg von den früheren Brot-und-Butter-Autos Fiesta und Focus zu gehen. Er betonte nochmals: "Batterieelektrisch ist der Weg für mindestens die nächsten zehn bis 15 Jahre." Und: "Nutzfahrzeuge sind unsere Wachstumschance in Deutschland." Derzeit liege deren Marktanteil in Deutschland bei 11,6 Prozent. In Europa erreiche Ford 14,9 Prozent in diesem Segment.

Echtes Agenturmodell

Gesthuysen sieht in der radikalen Neuausrichtung von Ford eine massive Veränderung der Geschäftsmodelle der Händler. Ford verspreche sich von der Einführung des echten Agentursystems eine deutliche Reduzierung der Fixkosten sowie eine Verbesserung der Preistransparenz und somit eine Reduzierung des Intrabrand-Wettbewerbs. Der Partnerverbands-Präsident äußerte daran Zweifel in zweierlei Richtung. Erstens: "Ob langfristig der Umstieg von einer Push zu einer Pull-Strategie gelingt, auch wenn die Fahrzeugverfügbarkeit in der Branche wieder alte Stärken erreicht haben sollte, steht dahin." Und zweitens: "Ob sich die Strategen über alle mit einem Agenturmodell zusammenhängenden Anforderungen und Details schon im Klaren sind, darf zumindest bezweifelt werden." Das echte Agentursystem verlange schließlich, dass erhebliche Kostenpositionen vom Handel auf den Hersteller übertragen werden. Welche Rolle der Handel in diesem Konzept konkret einnehmen soll, welche Verpflichtungen vorgesehen und welche konkreten Vergütungen hierfür angedacht sind, sei derzeit noch völlig offen. Seine Forderung: "Die Agenturprovision muss ausreichend bemessen sein." Wenn die Hersteller für sich selbst zweistellige Renditen anstrebten, sei eine Provision für den Handel von vier oder sechs Prozent, von der dann noch die beim Handel entstehenden Kosten gedeckt werden müssen, "einfach unanständig". Er versprach den Ford-Partnern: "Wir werden für ihre Interessen kämpfen."

Aktuelle Situation

Abgesehen vom großen Umbruch, der der Ford-Organisation bevorsteht, ging es bei der Versammlung aber auch um die aktuellen Probleme der Händler und Servicebetriebe. Ford sei nach eigenen Angaben besonders hart von den weltweiten Lieferproblemen bei Halbleitern und jetzt durch weitere massive Störungen der Lieferketten in der Produktion betroffen, hieß es. Löschungen bzw. Stornierungen von Kundenaufträgen und Händlerbestellungen sowie massive Lieferprobleme prägten das Tagesgeschäft. Es sei schwierig geworden, die guten Mitarbeiter weiterhin zu motivieren und an die Betriebe zu binden.

Verband erreicht Kompensation

Der Beirat habe aber alle rechtlichen Hebel in Bewegung gesetzt, um zunächst über seinen Justitiar Dr. Joachim Pfeffer klären zu lassen, ob und wenn ja für welche vertraglichen Konstellationen der Handel gegenüber Ford Schadenersatzansprüche geltend machen könne. In einer ersten Reaktion machte Ford zwar höhere Gewalt geltend. Dies habe der Verband aber nicht akzeptiert und in Verhandlungen unter anderem für die Kundenbestellungen, für die bereits ein gültiger Kaufvertrag zwischen Ford und den Händlern geschlossen wurde, eine entsprechende pauschale Kompensation erreichen können.

Entgegenkommen des Herstellers

Trotz allem stellte Gesthuysen positiv fest, dass Ford häufig sehr schnell auf die Vorschläge des Beirats eingegangen sei und sich davon überzeugen habe lassen, die Erfüllung kostenintensiver Fahrzeug-Standards sowie weiterer Auflagen aus der Bonusbroschüre bis zum Jahresende 2022 auszusetzen.

Handel will Wahlmöglichkeit

Kritisch sieht der Handel hingegen das neu eingeführte Leasingprodukt der Ford Bank für den Mustang Mach-E. Dabei trägt ausschließlich die Herstellerbank das Restwertrisiko. Der Ford-Handel möchte gerne die Wahlmöglichkeit haben, selbst den Restwert zu übernehmen, um sich das Gebrauchtwagengeschäft in vollem Umfang zu erhalten. Durch erheblichen Widerstand gegenüber der Ford Bank wurde erreicht, dass dieses neue Produkt als Test auf ein halbes Jahr zeitlich begrenzt wird.

Top-Ergebnis 2021

Trotz der Widrigkeiten, die es auch im letzten Jahr schon gab, hat sich der Ford-Handel gut geschlagen: Wie FPV-Geschäftsführer Fabio Krause anlässlich der Generalversammlung vortrug, sei 2021 mit einer durchschnittlichen Rendite von 1,98 Prozent das beste Ergebnis seit 2010 eingefahren worden. Zum Vergleich: 2020 waren es nur 0,96 Prozent.

Zukunft im Service

Dr. Klaus Sorg kritisierte in seinem Vortrag für den Arbeitskreis Service die Praxis von Ford, Händlerleistungen in Marketingaktionen zu verschenken. Positiv vermerkte er aber, dass der Fahrzeugbestand von 3,8 Millionen Pkw und Nutzfahrzeugen der Marke in Deutschland noch lange eine hervorragende Grundlage biete, im Service Umsätze zu generieren. Viel Beifall erhielt er für seine Anmerkung, dass angesichts wochenlanger Standzeiten bei Nutzfahrzeugen wegen fehlender Ersatzteile, ein Overnight-Service nicht erforderlich sei.

Beiratsmandat sichern

Da nicht nur für die Händler, sondern auch für den Partnerverband eventuell eine Zeitenwende bevorsteht, verabschiedeten die Mitglieder eine Satzungsänderung. Bisher hatte Ford wegen des Beiratsmandats des Ford Partnerverbandes die Möglichkeit, jederzeit flexibel mit den Händlervertretern neue Regelungen zu erarbeiten und diese ohne Vertragskündigung und nach einer qualifizierten Diskussion als gemeinsam erarbeitete Lösung präsentieren und einführen zu können. Auch das könnte mit der Neugestaltung der Vertriebswege im direkten Agentursystem in Gefahr sein. Deswegen beschlossen die Mitglieder eine Satzungsänderung, die dem Verband eine Klagebefugnis zur Wahrung ihrer Interessen einräumt. Gesthuysen betonte, dass man damit für den Ernstfall gerüstet sei aber auch zusätzliche Argumente habe, warum es auch zukünftig im Interesse von Ford sei, in einem neuen Vertrag ein Beiratsmandat zu verankern.

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KOMMENTARE


Zwirchmayr

10.04.2023 - 16:42 Uhr

Aus meiner Sicht hat Ford ein großes Problem, da die Modelle für mich als Firmenwagen oder auch Privat nicht überzeugen. Ich hatte öfters einen Leihwagen und bin ein paar tausend KM gefahren und ich war froh, wie ich meinen Skoda Superb wieder bekommen habe. Warum ?: Assistenzsysteme, Navi, komischer Tempomat, Innenraum - Materialien, etc nicht gleichwertig Zusätzlich gibt es immer weniger verschiedene Modelle und da nehmen sich einige Ford Händler eine zweite Marke hinzu, oder auch eine dritte


Hans Werner Peters

25.04.2023 - 15:32 Uhr

Was Ford macht ist für die Händler ruinös. Man kann nur jedem Raten sofort auszusteigen oder sofort ein anderes Fabrikat zu übernehmen. Dies ist sicherlich schwierig. Der Exitus von Köln kann nicht mehr lange dauern. Aber das alles von den USA gewünscht. Die US Fahrzeuge hier zu verkaufen wird unmöglich sein und scheitern.


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