Dieser Schritt sorgt für Aufsehen: Der US-amerikanische Stellantis-Händlerverband ist mit seinen Bedenken über die aktuelle Strategie des Autobauers an die Öffentlichkeit getreten. In einem offenen Brief geht das Stellantis National Dealer Council (NDC) vor allem mit CEO Carlos Tavares hart ins Gericht. Hintergrund sind sinkende Verkäufe und Marktanteile der Stellantis-Marken auf dem nordamerikanischen Markt.
Der Verband schlage seit mehr als zwei Jahren Alarm, dass der von Tavares eingeschlagene Kurs auf lange Sicht in eine Katastrophe münden werde, heißt es in dem in der vergangenen Woche veröffentlichten Brief, der AUTOHAUS vorliegt. "Diese Katastrophe ist jetzt eingetreten." Kritisiert wird darin unter anderem die "rücksichtslose und kurzfristige Entscheidungsfindung", um 2023 Rekordgewinne einzufahren. Diese habe verheerende Folgen für das US-Geschäft, etwa den "rapiden Niedergang" ikonischer amerikanischer Automarken wie Jeep, Ram, Chrysler und Dodge.
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Den Preis für die Entscheidungen zur Gewinnmaximierung müsse man nun zahlen, erklärte das NDC rund um seinen Vorsitzenden Kevin Farrish. "Und Ihr Versuch einer sanften Landung auf dem Rücken der Mitarbeiter, der Händler und der Zulieferer ist, offen gesagt, einfach falsch." Nicht die Händler, die Regierung, die Gewerkschaft UAW oder die Mitarbeiter seien die Schuldigen. "Sie haben das Problem verursacht", heißt es an die Adresse von Tavares.
Und weiter: Man wolle keine Entschuldigung oder den Rücktritt von Tavares. "Das bringt die Menschen nicht wieder in Arbeit. (…) Wir bitten Sie einfach, das Richtige zu tun: Bezahlen Sie die Rechnung und lassen Sie uns weitermachen, in dem wir wieder Autos bauen und verkaufen, die die Amerikaner wollen und sich auch leisten können." Die Stellantis-Händler treffen sich Mitte Oktober in den Konzernbüros in Auburn Hills – und sie pochen darauf, dass Tavares an der Versammlung teilnimmt.
Das sagt Stellantis
Stellantis reagierte mit Unverständnis auf das Schreiben: "Wir glauben nicht, dass öffentliche und persönliche Angriffe, wie der des NDC-Präsidenten gegen unseren CEO, der effektivste Weg sind, um Probleme zu lösen", zitiert die "Detroit Free Press" (Online-Ausgabe) eine Unternehmenssprecherin. "Wir treffen uns und sprechen monatlich, führen wöchentlich Telefonate und persönliche Gespräche auf höchstem Niveau. Hier sollte ein solcher Dialog stattfinden."
Die Probleme von Stellantis in den USA sind groß: Im zweiten Quartal ging der Umsatz um ein Fünftel zurück, der Gewinn im ersten Halbjahr sank sogar um 48 Prozent. Zudem hat der Konzern eine Reihe wichtiger Führungskräfte verloren – und die Produkteinführungen konzentrieren sich stark auf Elektrofahrzeuge, obwohl die Nachfrage gerade in diesem Bereich schwächelt.
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Bereits im Juni hatte Tavares massive Stellenkürzungen angekündigt, um Kosten zu senken. Zur Disposition sollen auch mehrere Werke und sogar die Zentrale in Auburn Hills stehen. Der Manager gab auch "arrogante Fehler" auf dem US-Automarkt zu. Diese hätten zu aufgeblähten Händlerbeständen, rückläufigen Verkäufen und wachsenden Sorgen bei Aktionären geführt.
Die Stellantis-Sprecherin verwies in dem Bericht darauf, dass man im vergangenen Monat einen Aktionsplan vorgestellt habe, der mit der Händlerorganisation entwickelt worden sei und "bereits Ergebnisse gezeigt hat". So seien die Verkäufe im August gegenüber Juli um 21 Prozent gestiegen, der Marktanteil habe um 0,7 Punkte zugelegt. "Wir haben einen Weg eingeschlagen, der sich als erfolgreich erweisen wird." Man werde weiterhin mit den Händlern zusammenarbeiten, um öffentliche Streitigkeiten zu vermeiden.
Europäischer "Stellante"