Von Hannah Weimann und Isabell Scheuplein, dpa
Von außen erkennt man nicht sofort, dass es sich um ein autonom fahrendes Auto handelt. Im Inneren fallen dann während der Testfahrt ungewöhnlich viel Technik und ein großes Display auf: Auf diesem wird angezeigt, was sich in der Umgebung befindet – Fußgänger, Fahrradfahrer, Ampeln, andere Autos. Das System erkennt, wer Vorrang hat.
Ab diesem Mittwoch können ausgewählte Testpersonen im südhessischen Langen und Egelsbach (Landkreis Offenbach) ein solches selbstfahrendes Auto per App bestellen und sich dann zu einem Zielort im Testgebiet fahren lassen. Das Pilotprojekt stellten die Deutsche Bahn und der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) in Langen vor.
Premiere in Deutschland
Den Angaben zufolge ist es das erste Mal bundesweit, dass Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs in selbstfahrenden Autos mitfahren. Während der Testphase ist noch ein Sicherheitsfahrer mit dabei, der aber nur im Notfall eingreifen soll. Ansonsten fährt das Auto selbst, überwacht wird es zusätzlich von einer Leitstelle. Es ist mit normaler Geschwindigkeit unterwegs.
Bei der Testfahrt bahnt sich der Prototyp mit Hilfe der 13 Kameras und zahlreichen Nah- und Fern-Sensoren seinen Weg durch die Langener Innenstadt. An Kreuzungen und Kreisverkehre tastet sich das Fahrzeug vor, an parkenden Lastwagen fährt es problemlos vorbei. Erkennt es Personen auf dem Bürgersteig, bewegt es sich langsam und sehr vorsichtig – ähnlich wie ein Fahrschulauto.
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Vorerst sind zwei Autos im Einsatz, ein weiteres steht als Reserve bereit. Für die Testphase wurden insgesamt 19 virtuelle Haltestellen festgelegt, etwa die Bahnhöfe in Langen und Egelsbach. Teile von Darmstadt sollen im Sommer hinzukommen.
Buchung läuft über App
Das Pilotprojekt gehört als sogenanntes On-Demand-Angebot zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Fahrgäste können dabei ein Auto per App auf Abruf bestellen - ähnlich wie etwa bei der Fahrdienst-Plattform Uber. Das Projekt trägt den Namen «Kira», was für KI-basierter Regelbetrieb autonomer On-Demand-Verkehre steht. Das Bundesverkehrsministerium fördert das Vorhaben mit rund 2,2 Millionen Euro, hinzu kam weiteres Geld vom RMV.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) sprach in einer Mitteilung zu dem Termin von einer zentralen Schlüsseltechnologie, die perspektivisch überall in Deutschland im Regelbetrieb stattfinden solle. Dafür benötige es allerdings eine Kraftanstrengung, um den Vorsprung der beiden Marktführer China und USA einzuholen, sagte DB-Regio-Vorstand Arne Schneemann in Langen.
Lösung für ländliche Gebiete?
On-Demand-Angebote sollen der Bahn zufolge den öffentlichen Nahverkehr attraktiver und flexibler machen, insbesondere außerhalb der Ballungsräume. Fahrerlos könnten sie zudem günstiger sein, so die Hoffnung. Der Testbetrieb in Südhessen ist zunächst bis Ende 2025 angesetzt.
Bereits seit einem Jahr sind insgesamt sechs selbstfahrende Autos in den Testgebieten unterwegs - zunächst ohne Fahrgäste - um die Technik zu erproben. Ursprünglich war der Start des Projekts bereits für Mitte 2023 geplant, verzögerte sich dann aber. Begründet wurde dies damit, dass die Genehmigung sowie die technische Vorbereitung länger dauerten als gedacht.
Es gibt bundesweit weitere Vorhaben zum Fahrgasttransport in autonomen Fahrzeugen: In Hamburg etwa wurden autonome Sammeltaxis getestet, ab Juli soll in Mecklenburg-Vorpommern ein autonom fahrender Rufbus unterwegs sein – allerdings zunächst noch ohne Fahrgäste. Die Deutsche Bahn präsentierte in diesem Jahr zudem ein Projekt mit einem autonomen Kleinbus in Herford in Nordrhein-Westfalen.
Mobilitätskonzepte
